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1134 - Alissas Vater

1134 - Alissas Vater

Titel: 1134 - Alissas Vater
Autoren: Jason Dark
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erfahren können. Aber den nannte Alissa nicht.
    »Was hat er dir denn noch gesagt?« fragte Shao leise.
    Alissa wollte antworten und überlegte es sich dann jedoch anders. »Ich weiß es nicht mehr. Ich will es auch nicht wissen. Ich bin nicht mehr allein.«
    »Stimmt, das bist du auch nicht. Ich bin bei dir, meine Liebe. Wir alle sind bei dir, und wir werden immer zu dir stehen, darauf kannst du dich verlassen.«
    »Das meine ich nicht. Mein Vater ist da. Er… er… wird mich auch zu sich holen.«
    »Willst du das denn?«
    »Ja!«
    Das paßte Shao nicht, und sie fragte: »Kannst du dich denn genau an ihn erinnern?«
    Alissa überlegte. Sie schaute Shao dabei ins Gesicht und schloß dann ihre Augen, als wollte sie die Vergangenheit wieder bildlich vor sich sehen. »Ich weiß, wer er ist. Und ich weiß auch, daß ich jetzt keine Angst mehr vor ihm haben muß. Die Zeit des Suchens ist vorbei. Jeder Mensch hat Eltern. Das hat man mir immer gesagt, auch in der langen Zeit im Waisenhaus. Wenn ich fragte, haben mir die Schwestern erklärt, daß ich Eltern habe und daß ich sie irgendwann kennenlernen würde. Das haben sie zu jedem gesagt. Nicht alle schaffen es. Ich habe es geschafft. Ich weiß jetzt, wer mein Vater ist, und ich weiß auch, daß ich mich falsch verhalten habe.« Nach diesen Worten ging ein Ruck durch ihren Körper, als hätte sie alle Sorgen und Ängste einfach abgeschüttelt. »Ich werde ihn um Verzeihung bitten müssen, und er wird mir verzeihen, das ist sicher. Ich bin schließlich seine Tochter. Ich habe ihn gesucht, und er hat mich ebenfalls gesucht. Vater und Tochter, wir gehören zusammen. Ebenso wie Mutter und Vater. Ich… ich… will endlich eine Familie haben…«
    »Das verstehe ich«, sagte Shao, »aber…«
    »Warum lügst du jetzt?« fuhr ihr Alissa in die Parade. »Warum lügst du mich an?«
    »Wieso sollte ich lügen?«
    »Das spüre ich!« sagte sie flüsternd. »Du… du… kannst es nicht begreifen, daß mein Vater anders ist als deiner oder die Väter der meisten Menschen. Ich brauche nur in dein Gesicht zu schauen, um alles erkennen zu können. Es liegt so offen vor mir. Ich kann darin lesen, ich weiß einfach alles. Du kannst dich vor mir nicht verstecken, Shao. Du kannst auch keinen Trennungsstrich zwischen mir und meinem Vater ziehen. Wir gehören zusammen. Es ist alles Schicksal. Lange hat er gewartet, aber nun hat er mich gefunden, und ich habe ihn gefunden. Es ist alles durch ein gütiges Schicksal so gelaufen, und ich erlebe einen wunderschönen Tag.«
    Daß sie tatsächlich der Meinung war, konnte Shao an ihrem Gesicht ablesen. Sie kannte Alissa nur kurz, aber diesen Ausdruck hatte sie bei ihr nicht erlebt. Der Kontakt mit ihrem Vater hatte sie regelrecht aufblühen lassen. Sie war zu einer anderen geworden, und sie stand am Beginn eines neuen Weges.
    Nur daß ihr Vater kein normaler Mensch, sondern der Mönch mit den Totenaugen war, schien sie nicht begriffen zu haben. Vielleicht wollte sie es auch nicht begreifen. Aus ihrer Sicht sah sowieso alles anders aus. Sie konnte nicht objektiv sein. Viel Frust und Niedergeschlagenheit hatte sich in all den Jahren angesammelt. Immer wieder hatte sie gesucht, geforscht. Alissa war eine sehr intelligente junge Frau. Sie hatte studieren können, war schon zu einer Expertin für Kunstgeschichte geworden und sie fühlte sich zu Klöstern und Kirchen hingezogen. Auch das war jetzt für die Anwesenden verständlicher, denn ihr Vater war als Mönch aufgetaucht. Eine Gestalt mit toten Augen und einer Sense. Ignatius und John hatten ihn live erlebt, und Bill Conolly besaß sogar Fotos von ihm. Zu Bill war John unterwegs. Sie mußten sich schon getroffen haben, um zu einer bestimmten Kneipe zu fahren, wo der Fotograf auf sie wartete, der die Aufnahmen geschossen hatte. Wäre John etwas länger geblieben, hätte er ebenfalls die Lösung erfahren.
    Shao ging langsam zurück und hob die Schultern dabei an. »Versteht ihr das?« fragte sie.
    »Ja.« Gab Ignatius zu. »Es ist allerdings schwer, es zu begreifen.«
    »Glaubst du ihr denn?«
    »Ich sehe keinen Grund, es nicht zu tun.«
    »Und du, Suko?«
    Der Inspektor hab die Augenbrauen. »Wir stehen erst am Beginn, denke ich. Meiner Ansicht nach ist es noch nicht beendet. Es wird weitergehen. Um es überspitzt zu sagen: Alissa hat Blut geleckt. Sie wird es nicht bei dem ersten wichtigen Kontakt zu ihrem Vater belassen. Darauf könnt ihr euch verlassen.«
    »Hast du denn eine Idee, wie es nun mit
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