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111 - Wenn das Grauen sich erhebt

111 - Wenn das Grauen sich erhebt

Titel: 111 - Wenn das Grauen sich erhebt
Autoren: A.F.Morland
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würde sie sich einen Job suchen, sich ein kleines Zimmer nehmen und für sich allein leben. Das war immer noch besser, als sich das tägliche Geschrei und Gezänke daheim anzuhören, Fahles Mondlicht sickerte durch das Fenster und breitete sich über Graces entspanntes Gesicht, Ob ich sie wecken soll? überlegte Mirjana.
    »Grace!« flüsterte sie in die beklemmende Stille hinein. »He, Grace!«
    Ihre blonde Freundin reagierte nicht.
    »Hast recht«, murmelte Mirjana. »Schlaf nur. Ich wollte, ich könnte auch schlafen.«
    Sie stand auf und fuhr sich mit der Hand über die schweißfeuchte Stirn.
    Barfuß begab sie sich zum halb offenen Fenster. Die milchweiße Gardine bewegte sich wie ein Gespenst, als ein Lufthauch in sie fuhr.
    Mirjana schauderte. Sie schob die Gardine zur Seite und öffnete das Fenster ganz. Ein kühler Luftzug streifte ihr makelloses Gesicht.
    Wie der Atem des Todes! dachte sie.
    Im nahen Wald schrie ein Käuzchen. Unheimlich hörte sich der Ruf des Nachtvogels an. Mirjanas Atem ging schneller.
    Wenn sie doch nur gewußt hätte, was sie so sehr aufregte. Links neben dem Wald gab es einen alten Friedhof, der schon lange nicht mehr belegt wurde.
    Dennoch machte Mirjana immer einen großen Bogen um ihn. Sie hatte eine panische Angst vor Friedhöfen, Vor allem nachts.
    Manchmal ging ihre Phantasie mit ihr durch. Dann stellte sie sich vor, wie sich die Gräber öffneten und die Toten ihnen entstiegen, wie die Skelette sich formierten und ins Schloß kamen…
    Ein eiskalter Schauer überlief Mirjana, und sie grub ihre Zähne so fest in die Unterlippe, daß es schmerzte.
    Huschte da nicht ein Licht über den Friedhof? Mirjana wich augenblicklich vom Fenster zurück.
    Ist es das, was ich spüre? fragte sie sich bange, und mehr denn je beneidete sie ihre Zimmerkollegin um ihren tiefen Schlaf.
    Etwas Schwarzes huschte leise flappernd am Fenster vorbei. Mirjana hielt unwillkürlich den Atem an.
    Eine Fledermaus! durchzuckte es sie. Vielleicht ein Vampir! Man sagt, Vampire können sich in Feldermäuse verwandeln!
    Es hieß aber auch, daß man Vampire auffordern mußte, ein Haus zu betreten, sonst mußten sie draußen bleiben.
    Auffordern? Niemals! schrie es in Mirjana, und sie schloß ganz schnell das Fenster. Aber sie fühlte sich danach kein bißchen sicherer.
    Sie konnte sich des schrecklichen Eindrucks nicht erwehren, daß böse Mächte nach ihr greifen wollten.
    Sie zog die Gardine wieder vor das Fenster. Der Ruf des Käuzchens war nun nicht mehr zu hören. Welche Wohltat.
    Mirjana setzte sich auf die Kante ihres Bettes. Ihr Nachthemd raschelte leise.
    Vielleicht hat ihn jemand anders eingelassen! überlegte sie fröstelnd. Manche Menschen dienen diesen Blutsaugern. Sie tun alles, was sie von ihnen verlangen, sind ihnen hörig!
    Mirjana hob den Kopf.
    Er ist da! Er ist im Geister-Internat! redete sie sich ein. Er wird zu mir kommen… und… mein Blut trinken…!
    Oh, diese entsetzlichen Gedanken. Mirjana wollte sich wieder hinlegen und sich die Decke übers Gesicht ziehen.
    Doch noch zögerte sie, denn wenn sie unter der Decke lag, hörte und sah sie den Blutsauger nicht eintreten…
    » M-i-r-j-a-n-a!« geisterte plötzlich eine Stimme durch die Nacht Der Kehle des Mädchens entrang sich ein verzweifelter Schluchzer. »Nein!« krächzte sie und hielt sich die Ohren zu. »Er ruft mich! Er will, daß ich zu ihm komme, aber ich werde dieses Zimmer nicht verlassen!«
    Das Mädchen hatte in seinem ganzen Leben noch nie so viel Angst gehabt.
    Und Grace Morton schlief, als wäre alles in Ordnung.
    »Komm, Mirjana, komm!« hörte sie die unheimliche Stimme.
    Warum ich? Wieso ausgerechnet ich? fragte sich das unglückliche Mädchen.
    Die Nacht schien tausend Augen zu haben. Er weiß über alles Bescheid, dachte Mirjana. Was ich denke, was ich fühle, was ich tue. Er weiß alles. Alles!
    Eine Vielzahl von Gedanken wirbelten durch ihren Kopf. Ideensplitter -Gedankenfetzen.
    Der Name ihrer Mutter fiel ihr ein… Sandra! Sie hatte eine sehr enge Bindung zu ihrer Mutter gehabt. Manchmal hatte sie geglaubt, sich in Sandra Marell zu erkennen. Sie waren sich in so vielen Dingen so ähnlich gewesen.
    Mutter war immer dagewesen, wenn sie Hilfe gebraucht hatte. Sandra Marell hatte sie beschützt. Jede Mutter beschützt ihr Kind, aber Sandra Marell hatte es irgendwie anders getan.
    Sandra Marell war etwas Besonderes gewesen, eine einmalige, manchmal auch ein wenig geheimnisvolle Frau.
    »Der Tag liegt nicht mehr allzu
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