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1099 - Das Kollektiv der Porleyter

Titel: 1099 - Das Kollektiv der Porleyter
Autoren: Unbekannt
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solcher Höhe unbeschädigt."
    „Dem Sohn des Schamanen ist alles möglich", erklärte Sühe Baator feierlich.
    Atlan ging nicht darauf ein. Es hielt sich unter den Menschen allerlei Aberglaube bis auf den heutigen Tag. Der Glaube an geheime, okkulte Kräfte, die das Leben des Individuums ebenso beeinflußten wie das der Gesellschaft, ließ sich durch Aufklärung nicht beseitigen. Er war Ausdruck einer Überzeugung, die im tiefsten Innern des Menschenherzens wohnte: daß der Mensch niemals in der Lage sein werde, alle Geheimnisse der Natur zu erforschen. Daß, wie weit er seine Kenntnis auch ausdehnen mochte, stets ein Rest blieb, der sich seinem Verständnis entzog. Mochte der alte Mongole glauben, daß er der Sohn eines Schamanen und daher mit wundersamen Kräften ausgestattet sei - es gab mehr als eine Methode, festzustellen, ob er log.
    „Falls ich dir unrecht getan habe", sagte Atlan, „bitte ich um Entschuldigung."
    Sühe Baator schien ihn nicht zu hören. Sein Blick war auf die Kuppel gefallen, die in der Mitte des versengten Parks ruhte und deren rosarote Strahlung sich mit dem Licht der Straßenbeleuchtung mischte.
    „Was ist das?" wollte er wissen.
    „Die Kollektiv-Aura der Porleyter", antwortete der Arkonide. „Du hast von ihnen gehört?"
    Der Mongole nickte heftig.
    „Ja. Sie sind die Leidenden. Ich kenne sie. Ihr eigener Hochmut hat sie in diese Lage gebracht. Sie verdienen unser Mitleid. Aber sorge dich nicht, die Kraft des Schamanen kann ihnen helfen."
    Besorgt musterte Atlan sein Gegenüber. Ein Verrückter, der sich für einen begabten Psychologen hielt, war alles, was ihm jetzt noch fehlte. Er folgte Sühe Baator, als dieser sich in Bewegung setzte, aber als er eine Straße überqueren wollte, die am Rand des Platzes entlang rings um den Park führte, hielt er ihn fest.
    „Nicht so rasch, mein Freund", warnte er. „Die Aura ist gefährlich. Selbst wenn du in der Lage bist, den Porleytern zu helfen, so mußt du dich doch zunächst vorbereiten.
    Setz dich zu uns. Wir wollen dir erzählen, was wir über die Aura wissen."
    Marek Hussan und Naron Duur waren inzwischen ebenfalls aus dem Gleiter gestiegen. Sie hockten am Straßenrand auf dem Boden und starrten wortlos zu dem fremdartigen, leuchtenden Gebilde hinüber, in dessen Innerem die Körper der Porleyter reglos verharrten.
    Atlan stellte seinen Gast vor und trug Naron auf, ihn über die Aura zu informieren.
    Inzwischen nahm er Marek Hussan beiseite.
    „Der Kerl behauptet, er sei dort oben aus dem zerstörten Teil des Gebäudes herabgestürzt."
    Hussan verzog das Gesicht zu einem ungläubigen Grinsen. „Sehr unwahrscheinlich", antwortete er halblaut.
    „Sieh zu, ob du irgendeinen Aufgang findest, der noch intakt ist", fuhr der Arkonide fort.
    „Er sagt, er hat da oben irgendwo ein Zimmer. Ich möchte wissen, ob das wahr ist."
    Hussan musterte ihn verblüfft.
    „Wie soll ich einem Zimmer ansehen, ob der Mongole darin gewohnt hat?" wollte er wissen.
    „Schau ihn dir an", riet Atlan.
    „Glaubst du, seine Unterkunft ist weniger exzentrisch als er selbst?"
     
    *
     
    „Darum", schloß Naron Duur, „darf man sich der Aura nur mit größter Vorsicht nähern.
    Sie besteht in der Hauptsache aus psionischer Energie. Sie kann Zerstörungen anrichten, wie du an den Pflanzen des Parks und an der Fassade jenes Gebäudes dort siehst. Sie kann aber auch den Geist des Menschen verwirren."
    Sühe Baator nickte nachdenklich. Ein rätselhaftes Lächeln spielte auf seinem Gesicht.
    „Und doch würde ich mich ohne weiteres dorthin wagen", erklärte er. „Die Leidenden wissen zu unterscheiden - zwischen solchen, die sich aus Neugierde nähern, und jenen, die kommen, um ihnen Trost zu spenden. Wenn ich nur..."
    Er sah auf. Marek Hussan näherte sich von Osten her. Er hatte einen Umweg gemacht, um den Mongolen nicht wissen zu lassen, daß er unterwegs war, seine abenteuerliche Geschichte zu überprüfen. Atlan erhob sich und ging dem Wissenschaftler entgegen.
    „Verdammt, der Mann spricht die Wahrheit", sagte Hussan halblaut. „Ich habe ein Quartier gefunden, in dem es aussieht wie in einem anthropologischen Museum. Hier, das habe ich mitgebracht." Er wandte sich ab, so daß Sühe Baator nicht sehen konnte, was er aus einer Tasche seines Umhangs produzierte: einen schmalen, zehn Zentimeter langen Zylinder, innen hohl, an einer Achse befestigt, um die er sich drehen ließ, wobei das untere Ende der Achse gleichzeitig als Griff diente. „Der Teufel soll
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