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1094 - Der Mann aus Haiti

Titel: 1094 - Der Mann aus Haiti
Autoren: Unbekannt
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berührte. Vor ihr lag ein phantastisch eingerichtetes Zimmer. Das phantastischste daran war ein großer gemauerter Kamin, in dem ein elektronisches Feuer flackerte. Davor hockte auf einem dreibeinigen Sessel aus schwarzem Metall ein kleingewachsener, aber breitschultriger schwarzhäutiger Mann mit schwarzem Kraushaar. Er trug vergoldete Stiefel und einen dunkelblauen Umhang, auf dem goldene Sterne glänzten. Das Modernste in dem Raum waren ein Terminal und ein Separat-Computer.
    „Komm näher, Schwester!" sagte der Mann leise, nachdem er den Kopf gedreht hatte.
    „Wie heißt du?"
    Zögernd trat sie zwei Schritte in den Raum hinein. Hinter ihr schloß sich die Tür automatisch.
    „Bist du Henri Vaudau?"
    Sein Gesicht verzog sich zu einem freundlichen Lächeln.
    „Wer sollte ich sonst sein? Sweety Nougra hat dir sicher meine Tür gezeigt."
    „Nein, Komtrur."
    „Ah, der Ertruser, der gestern angefangen hat! Er hält wohl nicht viel von mir. Aber ich erstelle meine Astrogramme nach rein wissenschaftlichen Prinzipien."
    Er deutete auf den Separat-Computer.
    „Das ist mein Astrologischer Computer. Er hilft mir, Fehldeutungen zu vermeiden. Um aber ein Astrogramm stellen zu können, brauche ich einige Daten von dir, Schwester."
    „Ich bin Eartha Weidenburn", sagte sie leise. „Meist nennt man mich Bella. Aber ich will kein Astrogramm."
    Überrascht zog Henri die Brauen hoch, dann stand er auf und kam näher. Behutsam legte er ihr die Hände auf die Schultern.
    „Eine Wiege deiner Vorfahren stand in Afrika, Bella, die andere offenbar in Spanien.
    Eine gute Mischung, aber für mich bedeutet nur die eine Wiege etwas, die in deinen Adern das Blut unserer gemeinsamen Vorfahren fließen läßt."
    „Warum?"
    Er lachte und tätschelte ihre Wangen.
    „Warum! Natürlich nicht, weil ich dächte, schwarze Haut wäre besser als weiße oder gelbe. Aber Terraner schwarzer Haut oder negroiden Typus wie du können manchmal noch das Denken in Anschauungen nachvollziehen, das den Kulturkreis der Ahnen prägte."
    Plötzlich lächelte sie auch.
    „Ich weiß, was du meinst, Henri. Aber das Denken in Anschauungen war nicht auf den afrikanischen Kulturkreis beschränkt. Auch die Eskimos der alten Zeit dachten so."
    „Die Eskimos? Ach, ja, das waren die Menschen, die in bitterer Kälte mit primitiven Mitteln überleben konnten! Aber ich wußte nicht..."
    „Ein Vogel war es, der die Menschen schuf und alles Leben auf dieser Erde.
    Tulungersaq hieß er oder Vater Rabe. Doch zuerst war er in Menschengestalt da. Blind tastete er sich vorwärts, wußte nicht, was er tat, bis es ihm eines Tages klar wurde, wer er war und welche Aufgabe er zu erfüllen hatte."
    „Das ist wunderbar gesagt, Bella!" Henris Augen leuchteten. „Ich erkenne, du beherrschst die Gabe der Ahnen."
    „Das war der Anfang eines Eskimo-Märchens", erklärte Eartha. „Ich bin dabei, eine Sammlung zusammenzustellen - als Herausgeberin."
    „Ein schöner Beruf. Dein einziger?"
    „Nein, ich bin noch Kristallographin, seit ich auf Terra seßhaft geworden bin." Ihr Blick verdunkelte sich, und plötzlich fror sie.
    Henri legte einen Arm um ihre Schultern, führte sie zu seinem Schemel und ließ sie darauf Platz nehmen.
    „Ich verstehe, Bella. Du hast eine Erinnerung, die du allein nicht bewältigen kannst, und du glaubst, daß ich dir zu helfen vermag. Aber das ist schwierig. Hast du es schon mit Psychotherapie versucht?"
    „Ja, aber es hat nichts genützt. Die Therapeuten sagen, mein Trauma wäre so stark, daß es sich nicht abbauen läßt. Henri, ich brauche die Hilfe einer Moiroida!"
    „Ich wußte es nach deinen ersten Worten", erwiderte er. „Aber wieso kommst du deshalb zu mir?"
    Sie öffnete ihre Tasche, holte eine Folienhülle heraus und öffnete sie. Darin lag ein dünner Plastikstreifen. Mit zitternden Fingern reichte sie ihn Henri.
    „Eartha Weidenburn, dir kann nur eine Moiroida helfen", las er ab. „Wende dich an Henri Vaudau, Tootar-Kuns-Street, Starship-Quarter, Santo Domingo."
    Er blickte nachdenklich auf.
    „Ich glaube, ich weiß, wer das geschrieben hat. Aber Namen dürfen in diesem Zusammenhang nicht fallen. Der Besitz einer Moiroida ist zwar nicht verboten, aber wahrscheinlich nur deshalb nicht, weil der Gesetzgeber nicht ahnt, daß noch eine der Hybridinnen lebt, die einst von einem Ara gezüchtet worden waren. Das war vor über zweihundert Erdjahren gewesen. Damals hatte man sie alle beschlagnahmt und nach Tahun gebracht, dachte man. Eine
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