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1071 - Die Urnen-Gang

1071 - Die Urnen-Gang

Titel: 1071 - Die Urnen-Gang
Autoren: Jason Dark
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die Typen vorn. Ich war für einen Moment durcheinander und das nicht nur, weil sie sich wirklich glichen wie ein Ei dem anderen, nein, ich sah auch in einem Gesicht - in Sonjas - die Angst. Sie stand dort wie festgeschrieben. Sie saß hinter dem Fahrer, während ihre Schwester die andere Seite eingenommen hatte.
    Keiner der Männer sagte auch nur ein Wort. Man ließ uns schauen, bis mich der Fahrer ansprach und ich den Blick von den Zwillingen nehmen mußte.
    »Was wollen Sie? Wer sind Sie? Was soll das alles überhaupt?«
    Ich trat einen kleinen Schritt nach hinten, um ihn besser anschauen zu können. Der Mann war ein seltsamer Typ. Er wirkte gefährlich und nichtssagend zugleich, wie auch der Beifahrer, der ebenfalls eine dunkle Uniform und eine flache Mütze trug. Ihre Gesichter sagten mir nichts. Darin las ich nichts ab. Sie waren ohne Gefühl, so glatt und mit kalten Fischaugen. Gefährlich wegen ihrer Ruhe und dieser Kälte, die beide ausströmten. Möglicherweise sogar eine gewisse Überheblichkeit.
    »Ich habe Sie etwas gefragt, Mister.«
    »Und ich habe Ihre Frage verstanden.«
    »Sehr gut. Was wollen Sie also?«
    »Zunächst einmal jemand abholen, der nicht zu Ihnen gehört.«
    Der Mann lachte mir kalt ins Gesicht. »Ach wirklich? Wen meinen Sie denn damit?«
    »Sonja.«
    Er grinste. »Sie irren sich. Sonja gehört zu ihrer Schwester. Sie sehen selbst, daß sie Zwillinge sind. Oder sollte Ihnen das nicht aufgefallen sein?«
    »Doch, schon.«
    »Dann haben Sie hier nichts mehr zu suchen. Wir befinden uns bereits auf Privatgelände. Also verschwinden Sie.«
    »Davon habe ich nichts gesehen.«
    »Es ist aber so.«
    Suko fragte von der anderen Seite des Wagens her: »Warum haben Sie Sonja mitgenommen?«
    Diesmal gab der Beifahrer die Antwort. »Ganz einfach, weil sie zu ihrer Schwester wollte.«
    »Das sollte sie uns selbst sagen.«
    »Bitte.«
    Suko wandte sich direkt an Sonja. »Stimmt das? Wolltest du zu deiner Schwester?«
    Ein gequetschtes »Ja« war die Antwort. Überzeugend hatte es sich nicht angehört, und darauf sprang Suko auch an.
    »Wenn du zu deiner Schwester gewollt hast, Sonja, warum bist du dann zu diesen fremden Männern in den Wagen gestiegen? Hast du das freiwillig getan?«
    »Nein.«
    »Sehr gut. Deshalb werden wir…«
    »Hör doch auf zu reden!« fuhr der Fahrer Suko an. »Sie erzählt Unsinn. Wir haben dich nicht gezwungen. Oder haben wir das?«
    »Beinahe«, murmelte Sonja.
    »Es reicht!« entschied ich. »Sonja, du kommst jetzt mit uns. Wenn du willst, kannst du deine Schwester auch mitnehmen.«
    Ich hatte mit einem großen Protest gerechnet, aber von den beiden Männern war nichts zu hören. Es hätte mich eigentlich beruhigen können, doch das war nicht der Fall. Ich befürchtete statt dessen, daß für uns irgend etwas falsch lief. Die Gelassenheit der beiden Männer war nur gespielt. Sie gaben uns auch keinen Anlaß, die Waffen zu ziehen, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Es lag jetzt einzig und allein an Sonja, wie sie sich entscheiden würde.
    Sie überlegte noch. Hatte es dabei schwer. Ihr Blick streifte mal Kathy, dann wieder mich. Kathy tat gar nichts. Sie sprach auch nicht. Sie saß wie ein hellerer Schatten starr in der Düsternis des Jeeps, bei dem die Innenbeleuchtung ebenfalls ausgeschaltet worden war.
    »Bitte, Sonja!« drängte ich. »Es wäre besser, wenn du dich schnell entscheiden würdest.«
    Sie war noch immer durcheinander. »Dann müßte ich ja Kathy im Stich lassen.«
    »Nein, du kannst sie mitnehmen.« Bei diesem Satz hatte ich den Fahrer nicht aus den Augen gelassen, und mir war das kurze Zucken der Mundwinkel nicht entgangen. Für mich stellte es so etwas wie ein Grinsen dar, das kaum zurückgehalten werden konnte.
    Sonja schüttelte den Kopf.
    »Warum willst du das nicht?«
    »Ich… ich… kann es nicht.«
    »Was hindert dich? Doch nicht die beiden Männer hier.«
    Sie lachten zugleich. »Nein«, sagte der Beifahrer. »Wir werden wirklich nichts tun. Wenn sie wollen, können sie gehen. Ich weiß nicht, warum sie noch zögern.«
    Da stimmte ich allerdings mit ihm überein. Sonja sah aus, als stünde sie unter Druck. Immer wieder schaute sie auf Kathy, die ihre Lippen zu einem Lächeln verzogen hatte.
    War es wirklich ein Lächeln? Wenn ja, dann konnte man ihm nicht trauen. Es wirkte überheblich, abgefahren, auch wissend. Mir war klar, daß es zwischen den beiden Schwestern eine unsichtbare Grenze gab. Während der Fahrt mußte sie entstanden
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