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1060 - Die Mystikerin

1060 - Die Mystikerin

Titel: 1060 - Die Mystikerin
Autoren: Jason Dark
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Blick zurück zu den Schienen, auf denen die Güterwaggons wie eine lange Schlange rollten. Der Wind trug mir ihr ratterndes Geräusch zu.
    Fensterscheiben gab es in diesem Bau nicht mehr. Das Glas war eingeschlagen worden, um freie Bahn zu haben. Mir war unverständlich, was Amy hier zu suchen hatte. Aber das würde ich noch herausfinden, hoffte ich zumindest.
    Die Tür gab es noch. Sie war auch geschlossen. Nur gab es kein Schloß. Man hatte sie kurzerhand zugedrückt.
    Es führte keine Treppe hoch. Über der Tür zeichnete sich ebenfalls in der Mauer ein Fensterloch ab. Dahinter sah ich keine Bewegung.
    Sicherheitshalber zog ich meine Beretta. Die Tür trat ich auf. Allerdings nicht mit einem wuchtigen Tritt, sondern ziemlich langsam.
    Sie bewegte sich nach innen, und sie kratzte dabei mit der Unterkante über den schmutzigen Boden hinweg.
    Vor mir lag ein Flur oder Gang, der die gesamte Länge des Hauses einnahm und erst an der zweiten Tür endete. Wie ein schwacher Schatten zeichnete sie sich dort ab.
    Amy sah ich nicht.
    Sie mußte sich in einem der Zimmer versteckt halten, die sich zu beiden Seiten des düsteren Flurs verteilten.
    Ich wollte das kleine Haus schon betreten, als ich die schnellen Schritte hörte. Nicht im Haus, sondern außen. Sekunden später war Jane Collins bei mir. Ihr angespanntes Gesicht war leicht gerötet.
    Auch sie hielt ihre Waffe fest. Mit beiden Händen sogar. Die Arme hatte sie angewinkelt, so daß die Waffenmündung nach oben zeigte.
    »Und? Hast du sie gesehen?«
    »Ja.«
    »Also doch.« Sie schloß für einen Moment die Augen.
    »Wieso? Hast du etwas anderes erwartet?«
    »Weiß nicht, John«, erklärte sie achselzuckend. »Irgendwie schon. Frag mich nur nicht nach dem Grund.«
    »Sie trug ein helles Kleid, Jane.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Es war blutverschmiert. Ebenso wie das verdammte Messer in ihrer rechten Hand.«
    Jane Collins saugte scharf die Luft ein. Plötzlich wirkte sie wie auf dem Sprung stehend. »Das hast du wirklich gesehen?«
    »Traust du mir nicht?«
    »Pardon, aber ich habe immer gehofft, daß es nicht wahr ist. Da kann man nichts machen.«
    »Du hast dich persönlich tief reingehängt – oder?«
    Sie nickte. »Das ist leider so. Ich konnte auch nicht anders, muß ich dir ehrlich sagen. Das ist eine andere Geschichte.« Jane gab sich einen innerlichen Ruck. »Wir müssen rein und Amy holen, John. Dann sehen wir weiter.«
    Durch die zweite Tür konnte sie uns nicht entwischen. Das hätten wir sehen müssen. Da sich Amy nicht im Flur aufhielt, mußte sie sich in einem der Zimmer befinden.
    Ich machte den Anfang und trat über die Schwelle in das Haus hinein, in dem es nicht eben duftete. Es stank, ehrlich gesagt. Ein Geruch von Fäulnis und Urin mischte sich da zusammen. Der Flur war auch nicht leer. An den Wänden lehnten Tüten, auch einige Decken und Zeitungen.
    Wahrscheinlich die Habe der Berber, die hier übernachteten. Einer davon mußte Amy in die Quere gekommen sein, sonst wäre die Klinge nicht blutig gewesen.
    Jane ließ mich gehen. Sie wartete ab, bis ich die ersten beiden Schritte in das Haus hineingegangen war. Da sie schnaufte, wußte ich genau, daß auch sie der Gestank störte.
    Es war nichts zu hören. Amy hielt sich versteckt. Wahrscheinlich hatte nicht nur ich sie gesehen, sondern sie auch mich und entsprechende Maßnahmen ergriffen.
    Als ich in Höhe der ersten Tür stehenblieb, trat Jane an meine Seite. Die Tür lag rechts, schräg gegenüber einer anderen. Beide waren geschlossen, aber nicht verschlossen, denn ich benötigte nur einen leichten Druck mit der Hand, um sie aufstoßen zu können. Dabei quietschte sie erbärmlich. Das war nicht zu ändern. Damit mußten wir uns abfinden, und der Blick in den Raum ließ uns zunächst aufatmen. Dort hielt sich niemand versteckt. Nahe des scheibenlosen Fensters lagen nur zwei alte Matratzen am Boden. Wir entdeckten auch kein Blut, und Jane zog sich wieder zurück.
    Sie wollte in den Raum hineinschauen, der dem ersten Zimmer gegenüberlag.
    Sie machte es wie ich. Trat die Tür auf, streckte die Arme vor, zielte in den Raum hinein, schwenkte die Waffe, schoß nicht, aber ich hörte ihren erstickt klingenden Ruf.
    »John, da ist er!«
    Vorsichtig und noch immer mit gezückter Waffe betrat Jane das Zimmer. Es unterschied sich in den Ausmaßen nicht vom ersten.
    Nur gab es hier einen alten Tisch, dessen Holz schon feucht und angefault war. Sehr hell war es hier nicht. Draußen schien ebenfalls nicht
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