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106 - Schatten des Krieges

106 - Schatten des Krieges

Titel: 106 - Schatten des Krieges
Autoren: Claudia Kern
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Mann auf dem Parkett festgenagelt wurde. Begleitet von dem Heulen des um die Plattform streichenden Windes knickte sie in den Knien ein und nahm den anderen aufs Korn. Der Lauf seines Drillers ragte ihr bereits entgegen, doch das störte sie nicht. Honeybutt blieb ganz ruhig. Kalt, ohne jede Furcht.
    Unter leisem Ploppen blitzte die Waffe auf.
    Honeybutt spürte, wie etwas an ihren aufragenden Haarspitzen zupfte, als ein Mini-Sprengkopf über sie hinweg flog. Noch ehe die Explosion erklang, ragte ein gefiederter Schaft aus dem Brustkorb des zweiten WCA-Agenten. Er wirkte wesentlich jünger als sein Kamerad und starrte mit einem Ausdruck völligen Unverstehens auf den Blutfleck rund um die Wunde, der immer größer und dunkler wurde, bevor er mit einem Gurgeln in der Kehle zu Boden sank.
    Den Armbruster weiter auf den Sterbenden gerichtet, kam Honeybutt näher und trat ihm den Driller aus der Hand. Erst danach begann ihr Herz wie wild zu schlagen. Ehe sie das schlechte Gewissen übermannen konnte, stocherte sie in einigen Alu-Schalen zu ihren Füßen herum, bis sie auf den ISS-Sender der Agenten stieß.
    Ein Funkgerät mehr, das die Cyborgs nicht nachbauen mussten. Denn obwohl die Amarillo-Enklave großen Wert auf ihre Sonderstellung legte, blieb ihr doch gar nichts anderes übrig, als mit Commander Drax und den britischen Communities Kontakt aufzunehmen. Ob sie es nun wollten oder nicht, die Zeit ihrer Abgeschiedenheit war zu Ende.
    »Ich hoffe, Sie haben eine Erklärung für dieses Massaker!«
    Als Honeybutt zur Tür blickte, begrüßte sie die Mündung einer Tak 02 . Sie kannte diesen Typ Maschinenpistole. Aiko hatte eine ähnliche besessen, aus der Produktion Miki Takeos.
    So wie die, die Danny auf sie gerichtet hielt. Der Sicherheitsexperte war ihr also auf den Fersen geblieben; aber sie hatte auch nichts anderes erwartet.
    Honeybutt senkte den Armbruster, doch das reichte dem Cyborg nicht. Er verlangte, dass sie die Waffe fortwarf. Sie tat ihm den Gefallen.
    »Ich gehöre zu einer Widerstandsgruppe, die Zugang zu den Dateien des Weltrats besitzt«, erklärte sie, während er Driller und Armbruster an sich nahm. »Crows Männer spionieren die Enklave schon seit Monaten aus und analysieren ihre Schwachstellen. Wie sich die AP's manipulieren lassen, haben sie bereits entdeckt. Deshalb blieben sie auch die ganze Zeit über unentdeckt.«
    Ihre Gedanken wanderten wieder zurück zu Mr. Hacker, dem es gelungen war, die ISS-Signale des Weltrats abzufangen und zu dechiffrieren. Er hatte ihr die Berichte von Gibson und Warren, die nun tot am Boden lagen, gezeigt. Eine Kopie der Daten trug sie auf einem Speicherkristall bei sich.
    Danny betrachtete das auf dem Boden versammelte Equipment.
    »Scheint, als ob Sie Recht hätten«, bestätigte er, »aber das ist kein Grund, alleine loszuziehen und diese Männer zu töten.«
    »Es ging nicht anders«, beharrte Honeybutt. »Wenn ich Ihnen alles erzählt habe, werden Sie es verstehen.«
    »Sparen Sie sich das für den Wissenschaftsrat auf«, wehrte der Rothaarige ab. »Der soll entscheiden, was mit Ihnen geschieht.«
    Honeybutt zuckte nur die Schultern und ließ sich widerstandslos die Außentreppe hinab führen. Zwischen den rostigen Eisenstelzen stand der Schwebegleiter des Cyborgs.
    Honeybutt musste auf dem Vordersitz Platz nehmen. Sie hörte noch, wie Danny den Tower anfunkte, dann schlief sie ein.
    Naoki erfuhr erst später von diesen Vorkommnissen.
    Niemand wagte es, sie über Honeybutts Arrest zu informieren, als sie gerade auf die offene Hirnrinde ihres Sohnes starrte und vor der schwersten Entscheidung ihres Lebens stand. Das gleichmäßige Stampfen eines Beatmungsgerätes erfüllte den Raum. Aiko lag in künstlichem Koma.
    Messgeräte kontrollierten seinen Puls und die Atemfrequenz. Dreihundert Watt starke Lampen leuchteten jeden Millimeter der Operationsfläche schattenfrei aus. Ein Ultraschallgerät und weitere Instrumente waren rings um seinen Kopf angeordnet.
    Ein wissenschaftlicher Kollege, der gerade von seiner Konsole aufsah, nickte bestätigend. »Wir sind so weit. Es liegt nur noch an dir.«
    Die Chirurgin knetete nervös die Finger, straffte dann aber ihren Körper und griff nach dem sterilisierten Skalpell.
    »Also gut«, sagte sie. »Der Eingriff kann beginnen.«
    Epilog
    Es dauerte fast eine Woche, bis Crow den Mut fand, Hymes in seinem Quartier aufzusuchen. Der Wohnraum des Präsidenten lag im Halbdunkel. Die Lichter waren gedämpft, nur neben der Couch
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