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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch
Autoren: Edgar Wallace
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neuen Gemeindesaal für unseren Ort. Es ist schrecklich für mich – sieben Jahre bauen wir schon daran und haben ihn noch nicht fertigstellen können. Der Doktor war sehr freundlich –«
    Er räusperte sich, denn die Tür öffnete sich, und Dr. Amersham trat herein. Das Lächeln, mit dem er den Vikar begrüßte, schwand, als er den Chefinspektor sah.
    »Guten Abend, Mr. Tanner. Sie sind es doch?«
    »Das ist mein Name. Sie haben ein gutes Gedächtnis.«
    »Ja, geradezu fabelhaft«, stimmte Mr. Hastings bei. »Ich erhielt einen glänzenden Beweis dafür, als der Doktor einmal nach Petersfield kam, um eine, wenn ich so sagen darf, wichtige Sache zu erledigen –«
    »Ich kann mich eine Viertelstunde mit Ihnen unterhalten, Mr. Tanner. Wollen Sie so liebenswürdig sein und ins Wohnzimmer kommen?«
    Amersham hatte den Geistlichen rücksichtslos unterbrochen.
    »Sie verzeihen einen Augenblick«, wandte er sich nachträglich an ihn.
    Dann ging er schnell durch die offene Tür, und als der Chefinspektor eingetreten war, schloß er sie.
    »Nun, Mr. Tanner, hat man in dieser unangenehmen Angelegenheit etwas Neues entdeckt?«
    »Nichts Wichtiges. Ich wollte Sie fragen, ob Sie mir irgendwie helfen könnten.«
    Dr. Amersham sah ihn nachdenklich an, verzog den Mund und schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube nicht, daß Sie von mir etwas erfahren können. Es war schrecklich für mich und auch für Lady Lebanon – geradezu furchtbar. Dabei war Studd nicht einmal ein besonders angenehmer Mensch. Ich hatte einige Meinungsverschiedenheiten mit ihm, weil er sich sehr unverschämt benahm. Er war auch kein guter Chauffeur.«
    Studd war in Wirklichkeit ein ausgezeichneter Chauffeur gewesen, aber Amersham konnte es sich nicht versagen, in diesem Augenblick schlecht über ihn zu sprechen.
    »War er nicht auch ein Schürzenjäger?«
    Der Doktor starrte ihn an.
    »Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen. Von seinem Privatleben wußte ich wenig. Spielte eine Frau dabei eine Rolle?«
    Tanner lachte und schüttelte den Kopf.
    »Ich weiß nicht viel mehr als Sie, aber ich habe gehört, daß er ein Verhältnis mit der Frau des Parkwächters gehabt haben soll, einer Mrs. …« Er machte eine Pause, als ob er sich auf den Namen besinnen müßte. »Einer Mrs. Tilling – kann das stimmen?«
    Der Doktor warf den Kopf zurück. Diese Andeutung verletzte seine Eitelkeit.
    »Das ist unmöglich!« entgegnete er schnell. »Mrs. Tilling ist eine durchaus anständige Frau. Geradezu lächerlich, daß die ein Verhältnis mit Studd gehabt haben soll!«
    »Sie ist wohl sehr hübsch?«
    »Ja, ich glaube«, entgegnete Amersham kurz. »Aber Sie irren sich, wenn Sie annehmen, daß Studd in Beziehungen zu Mrs. Tilling gestanden hat. Sie ist sehr zurückhaltend. Wer hat Ihnen denn eigentlich dieses Märchen aufgebunden?«
    Der Inspektor zuckte die breiten Schultern.
    »Es ist ein Gerede, das man gelegentlich hört und sich merkt«, erwiderte er gut gelaunt. »Soviel ich weiß, ist ihr Mann sehr eifersüchtig. Ist Ihnen das auch bekannt?«
    »Ihr Mann ist ein unmöglicher Mensch«, erwiderte Amersham ärgerlich. »Unvernünftig und brutal. Schon oft hat er seine Frau bedroht.«
    Er fühlte, daß Tanner ihn interessiert ansah.
    »Ich kenne sie natürlich nicht sehr genau«, fuhr er hastig fort. »Nur als Arzt bin ich bei ihr gewesen. Selbstverständlich hört man im Dorf allerlei, aber ich kümmere mich nicht um Klatsch.«
    Tanner wußte, daß er hier den Hebel anzusetzen hatte. Darüber mußte er weitere Auskunft haben. Aber Amersham war bestrebt, das Gespräch auf ein anderes Thema zu bringen.
    »Ich dachte, Sie kennen sie besonders gut«, sagte Tanner in aller Unschuld, »sonst hätte ich die Frau gar nicht erwähnt.«
    »Warum sollte ich sie denn genauer kennen?« fragte Amersham kalt. »Für mich ist sie die Frau eines Angestellten der Lady Lebanon – weiter nichts. Ich interessiere mich für die Angestellten – selbstverständlich nur als Arzt.«
    »Gewiß«, pflichtete der Beamte bei. »Ihrer Meinung nach ist also das Gerede über – sagen wir einmal die Freundschaft zwischen Studd und Mrs. Tilling nicht am Platze.«
    »Durchaus nicht«, erklärte der Arzt mit Nachdruck. »In einem so kleinen Dorf haben die Leute natürlich weiter nichts zu tun als zu klatschen und böse Bemerkungen über ihre Mitmenschen zu machen.«
    Er zwang sich zu einem Lächeln.
    »Eigentlich hatte ich erwartet, daß Sie mir eine Menge Neuigkeiten über den Fall erzählen
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