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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch
Autoren: Edgar Wallace
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Isla sah, schloß sie das Buch, in dem sie gelesen hatte.
    »Was gibt es denn?« fragte sie.
    Isla zitterte am ganzen Körper und konnte zuerst keine Worte finden.
    »Er hat mich verschiedenes gefragt«, sagte sie schließlich. »Ich meine Mr. Tanner.«
    »Ach so, der Polizeibeamte. Was denn? Hat er über Amersham gesprochen?«
    Isla schüttelte den Kopf.
    »Was geht denn eigentlich hier im Schloß vor?«
    »Manchmal kann ich dich überhaupt nicht verstehen, Isla«, erwiderte Lady Lebanon etwas scharf. »Was soll denn hier vorgehen?«
    »Wenn sie es nun herausbringen?«
    Lady Lebanon richtete sich in ihrem Sessel auf.
    »Ich weiß wirklich nicht, was du meinst, Isla. Was soll das heißen: ›Wenn sie es nun herausbringen?‹ Ich wünschte, du würdest dich nicht um Dinge kümmern, die dich nichts angehen.«
    Isla Crane ging an diesem Abend früh zur Ruhe. Sie schlief in einem großen Prachtgemach, das bekannt war als das »Zimmer des alten Lords«. Es war ein großer, etwas düsterer Raum mit einem mächtigen Pfostenbett.
    »Zum Kuckuck, warum hat sie sich so früh zurückgezogen?«
    »Mach doch nicht solchen Lärm, Willie«, entgegnete seine Mutter. »Wozu sollte sie auch länger aufbleiben? Sie hat doch nichts zu tun.« Sie sah auf ihre brillantengeschmückte Armbanduhr. »Es wäre übrigens auch für dich an der Zeit, Liebling. Hast du mit Isla gesprochen?«
    »Nein, ich hatte noch nicht die geringste Gelegenheit dazu, seitdem dieser schreckliche Mord passierte.« Er senkte den Kopf und lauschte. »Da kommt ein Auto – ist das Amersham?«
    »Ja.«
    »Er war doch auch in der Mordnacht hier?«
    Sie sah schnell auf.
    »Nein. Er ist damals sehr früh fortgefahren – es muß ungefähr zehn Uhr gewesen sein.«
    Er lächelte.
    »Aber Mutter, ich habe doch gesehen, wie sein Wagen morgens um sieben abfuhr. Ich schaute gerade aus dem Fenster. Mir hat schon jemand erzählt, daß er noch am selben Abend fortgefahren wäre.«
    »Hast du den Leuten gesagt, daß das nicht richtig ist?« fragte sie scharf.
    »Nein – warum sollte ich das tun?« Er sah zu dem Gewölbe der Halle empor und seufzte. »Das ist ein verteufelt düsteres Haus. Es graut mir bei dem Gedanken, daß ich mein ganzes Leben hier verbringen soll. Amersham will ich nicht sehen, ich gehe auf mein Zimmer.«
    Die Tür öffnete sich, aber nicht Amersham trat ein, sondern Gilder, der ein Tablett mit Whisky, einem Siphon und einem Glas trug. Er goß eine geringe Menge Whisky ein und füllte das Glas mit Sodawasser, während der Lord argwöhnisch zusah.
    Dann nahm Willie das Glas aus der Hand des Mannes und trank daraus. Aber erst als er es ganz geleert hatte, bemerkte er den bitteren Nachgeschmack.
    »Ein merkwürdiger Whisky«, sagte er.
    Das war die letzte Bemerkung, auf die er sich besinnen konnte. Vier Stunden später erwachte er mit ziemlichen Kopfschmerzen, machte Licht und sah, daß er sich in seinem eigenen Zimmer befand. Er trug seinen Schlafanzug und lag im Bett. Stöhnend richtete er sich auf, aber es drehte sich alles um ihn. Mr. Gilder hatte etwas zuviel von dem Betäubungsmittel ins Glas geschüttet.
    6
    Lord Lebanon erhob sich, ging mit unsicheren Schritten zur Tür und versuchte, sie zu öffnen, entdeckte aber, daß sie verschlossen war. Er tastete nach dem Schlüssel, fand ihn jedoch nicht. Nur mühsam konnte er seine Gedanken ordnen. Als er wieder zu sich gekommen war, drückte er auf die Klingel neben dem Bett und wartete. Es dauerte ziemlich lange, bis Gilder die Tür aufschloß und endlich eintrat.
    Dem Amerikaner mußte etwas zugestoßen sein. Sein eines Auge war blutunterlaufen und blau, der Kragen seines Rockes hatte gelitten, die Weste war zerrissen. Gilder sah Willie mit düsterem Blick an.
    »Wünschen Sie etwas, Mylord?« fragte er schließlich.
    Lebanon wußte, daß es den Diener große Überwindung kostete, ihn so höflich anzureden.
    »Wer hat meine Tür verschlossen?«
    »Ich«, entgegnete Gilder kühl und gelassen. »Ein Mann, der gestern abend ins Schloß kam, fing eine Schlägerei an, und ich wollte verhüten, daß Sie in die Sache verwickelt würden.«
    Lord Lebanon schaute ihn groß an.
    »Wer war es denn?«
    »Sie kennen ihn nicht, Mylord«, erwiderte Gilder kurz. »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Geben Sie mir etwas Kühles zu trinken, was den Durst stillt. Der Whisky gestern abend taugte nichts.«
    Wenn der Diener auch den Argwohn des Lords spürte, gab er es doch nicht zu erkennen.
    »Das sagte der andere Herr auch. Ich
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