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1039 - Die Stimme der Bruderschaft

Titel: 1039 - Die Stimme der Bruderschaft
Autoren: Unbekannt
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einzigen Raum, von dem man Ausblick nach allen vier Himmelsrichtungen hatte.
    Im Süden lag vor ihm die Ebene Däme-Dant, der Geburtsort der kranischen Zivilisation. Grünflächen unterbrachen das bunte Gewirr der Gebäude und der kühn geschwungenen Hochstraßen. Weit in der Ferne sah Nikkam die Zinnen des Wasserpalasts, der mit einer Höhe von anderthalb Kilometern weit über die Konturen der Stadt emporragte.
    Sein Blick wanderte nach Westen. Er sah die Ausläufer der Lissan-Berge, die die mächtige Ebene halbkreisförmig umrundeten. Im Norden stieg das Gebirge mit einzelnen Gipfeln bis zu Höhen von über 3000 Metern auf. Aber auch vor steilen Bergen und tief eingeschnittenen Tälern hatte die Bauwut kranischer Architekten nicht haltgemacht: Gebäude und Parks zogen sich an den Bergflanken entlang, und die Fahrstraßen überwanden sie mit spielerischer Leichtigkeit.
    Nach Osten flachten die Berge ab. Inmitten ihrer Ausläufer erblickte Nikkam ein riesiges, schimmerndes Bauwerk: Tärtras, den Palast der Herzöge. Die Grundform des Gebäudes war auch hier eine Pyramide, aber Generationen von Herzögen hatten Türme, Nischen, Erker, Zinnen und Pavillons hinzugefügt, und es war ein Gebilde von verwirrender Komplexität entstanden.
    Nikkam war eine eher schmächtige Gestalt. Mit 2,70 Metern blieb er deutlich hinter der Durchschnittsgröße seines Volkes zurück. Aber der wache Blick der gelben Augen verriet hohe Intelligenz, der schlanke Schnitt der Hände Empfindsamkeit. Nikkams Mähne war von jener silbergrauen Führung, die nur sorgsame Pflege hervorbringt. Er trug die übliche, farblose Kleidung der Kranen, aber dem aufmerksamen Beobachter entging nicht, daß sie von feinstem Schnitt war. In der Tat hatte Nikkam wenig Anlaß, über die materiellen Aspekte seines Daseins zu klagen. Er gehörte der kranischen Aristokratie an. Sein Titel, Freier von Namis, war rein zeremoniell. Der Titel bewies lediglich, daß er oder einer seiner Vorfahren dem Herzogtum von Krandhor einen Dienst erwiesen hatte, der von besonderer Bedeutung gewesen war. Seine Bestallung als Beamter der höheren Verwaltungslaufbahn verdankte Nikkam nicht seiner Zugehörigkeit zur Aristokratie, sondern seinem Wissen und seinen Fähigkeiten. Im Alter von knapp vierzig Jahren war er Koordinator für interstellaren Zahlungsausgleich am herzoglichen Rechnungshof.
    Nikkams Gedanken waren nicht bei den Bildern, die die Augen in seinem Bewußtsein erzeugten. Er sah nichts von der Schönheit der großen Stadt. Seine Gedanken waren mit der Aufgabe beschäftigt, die man ihm gestellt hatte, und von dieser wanderten sie zur allgemeinen Lage der Dinge, die Nikkam für besorgniserregend hielt.
    Niemand wußte, warum die drei Herzöge sich ins Nest der Ersten Flotte begeben hatten, das um Kran kreiste. Die Öffentlichkeit wußte nichts davon, aber an Bord des Nestes mußte es zu einer Krise gekommen sein. Im Verlauf der Krise hatte Herzog Zapelrow einen tödlichen Unfall erlitten. Vom Nest der Ersten Flotte waren außer Zapelrows Leiche die verbleibenden Mitglieder des Triumvirats, Carnuum und Gu, als Zerstrittene zurückgekehrt.
    Das neue Jahr stand vor der Tür, das 344ste nach Herzog Lugos Zeitrechnung. Die Landung des Spoodie-Schiffs war angekündigt. Herzog Zapelrow mußte auf gebührende Weise beigesetzt werden. Nach dem Willen der Herzöge waren die drei Ereignisse in einem Riesenzeremoniell zu vereinen, an dessen Inszenierung eine mehr als einhundert Mitglieder zählende Gruppe von Organisatoren seit etlichen Tagen arbeitete. Nikkam war vorübergehend von seiner Verantwortung als Zahlungskoordinator befreit und gehörte dem Organisationsteam an. Seine Aufgabe war die Planung des Leichenzugs und der vorläufigen Beisetzung des Herzogs Zapelrow. Nikkam leitete eine Gruppe von dreizehn Kranen, fünf Tarts und drei Prodheimer-Fenken, die die Einzelheiten der Bestattungsfeierlichkeit auszuarbeiten hatte. Einer der Kranen war Intschil, seine Gefährtin, die sich von ihrem Posten als Ingenieur hatte beurlauben lassen, um Nikkam behilflich zu sein.
    In seine düsteren Gedanken versunken, hatte Nikkam sich von neuem der südlichen Glaswand zugewendet und starrte, ohne zu sehen, auf die weite Ebene Däme-Dant hinaus, als die Tür sich mit leisem Zischen öffnete. Herein kam Intschil.
    „Herzog Gu will dich sehen - so bald wie möglich", sagte sie.
     
    *
     
    Nikkam hatte sich umgewandt und musterte seine Gefährtin mit zärtlichem Blick.
    Intschil war zierlich
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