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1038 - Der Seelen-Kerker

1038 - Der Seelen-Kerker

Titel: 1038 - Der Seelen-Kerker
Autoren: Jason Dark
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flackernden Schein ab. Kein Ewiges Licht leuchtete, um dem Gläubigen Hoffnung zu geben.
    Es war alles finster und kalt wie in einer Gruft, aber nicht wie in einem Gotteshaus.
    Der Altar war leer!
    Kein Tabernakel, keine Kerzen, keine Decke, kein Tuch. Man hatte ihn leergeräumt. Ich stand noch relativ weit von ihm entfernt und schaute auf das kalte graue Gestein, das überhaupt keine Ähnlichkeit mit einem Tisch hatte, der zu Ehren des Allmächtigen hier stand.
    Und doch gab es dort etwas.
    Bei genauerem Hinsehen fiel es mir auf. Die Fläche war nicht so leer, wie ich zuvor vermutet hatte. Auf ihr war etwas zurückgelassen worden, das heller als der Stein schimmerte. Es war kein hoher Gegenstand, ein sehr flacher, aber breiter.
    Meine Neugierde war geweckt. Ich sah diese Hinterlassenschaft wie ein für mich bestimmtes Erbe an. Vor der Treppe hielt mich nichts mehr. Ich betrat die erste Stufe, dann die zweite und brauchte nur noch einen Schritt nach vorn zu gehen, um den Altar direkt berührten zu können.
    Da passierte es!
    Das Kreuz lag noch auf meiner Hand. Urplötzlich erwischte mich der Wärmestoß. Zugleich rann ein nervöses Flackern über meinen Talisman hinweg. Die Farbe war zwar hell, wie ich es kannte. Nur änderte sie sich von einer Sekunde auf die andere.
    Jetzt leuchtete sie grün.
    Ich wußte Bescheid!
    Nazarius war da!
    ***
    Er hatte wohl auf mich gewartet, auf den Mann mit dem Kreuz, und irgendwie fühlte ich mich auch erleichtert. Dieses Gefühl schoß wie ein Strom durch meinen Körper und putschte mich gleichzeitig auf.
    Noch stand ich einen Schritt vom Altar entfernt. Im Augenblick interessierte er mich nicht. Die Leuchtkraft meines Kreuzes war wichtiger. Sie erinnerte mich wieder an die Szene in der Wohnung, als sich das Kreuz dann auf eine Art und Weise verändert hatte, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte.
    Hier bildete sich keine Säule aus Licht, die in die Höhe stieg und sich an der Decke abmalte. Es blieb das grün gefärbte Licht auf dem Metall zurück, das hin und herzuckte und seine fließenden Schatten auch auf meiner Haut hinterließ.
    Tief atmete ich durch.
    Die Spannung in mir war gewachsen. Im Rücken wußte ich meine beiden Freunde als Deckung, doch rechts und links in meiner Nähe und auch vor mir – hinter dem schlichten Altar – konnte sich jemand in der schattigen Dunkelheit verbergen.
    Angegriffen wurde ich nicht. Auch das Kreuz strahlte keine Wärme mehr ab. Aber das Leuchten blieb, als wollte es mich immer wieder an den Feind erinnern.
    Ich ging jetzt weiter auf den Altar zu. Es war nicht weit, und je näher ich kam, um so deutlicher schälte sich die Platte hervor. Aber auch der Gegenstand, der darauf lag.
    Es war ein aufgeschlagenes und sehr dünnes Buch. Die beiden Blätter rechts und links waren beschrieben. Nicht bedruckt. Das war selbst in dieser grauen Luft zu erkennen, aber es war mir nicht möglich, die Worte zu lesen.
    Ich brauchte Licht, schaltete die kleine Leuchte wieder ein und legte mein Kreuz rechts neben das Buch. Jetzt war ich gespannt, was dieser Text mir brachte. Man hatte dieses dünne Buch nicht grundlos aufgeschlagen auf den Altar gelegt.
    Ich beugte mich tiefer und ließ den Kegel der Lampe über den Text hinweggleiten. An der linken Seite fing ich an und leuchtete über die erste Zeile hinweg.
    Mit einer gestochen scharfen Handschrift war jedes Wort regelrecht gemalt worden. Ich war nur froh, daß ich die französische Sprache auch beherrschte.
    Ich las.
    Schon bei den ersten Worten war ich fasziniert, denn vor mir lag so etwas wie das Vermächtnis des Giftmönchs.
    »Ich, Nazarius, habe immer versucht, mein Leben in den Dienst der heiligen römischen Kirche zu stellen. Ich war am Hofe des Papstes einer der Vertrauten. Mir wurde erlaubt, das Lesen und das Schreiben zu erlernen. Ich durfte später in fremden Sprachen reden, und man war sehr zufrieden mit mir. Ich erlangte Einblick in die anderen Welten und Glaubensbekenntnisse der Ketzer und lernte sie zu hassen. Ich sprach mit anderen darüber, und meine Worte fielen auf fruchtbaren Boden, denn ich bekam eine Audienz beim Papst. Ich wurde zu einem Streiter der Kirche erkoren. Ich wurde ausgerüstet und in die Welt geschickt, damit ich die Ketzer von ihr befreite. Ich konnte und sollte nicht so offen auftreten. Man hatte sich meiner naturwissenschaftlichen Fähigkeiten erinnert und mir geraten, die gemeinen Gifttränke zu brauen, die alle die Feinde der Kirche töteten. Ich ging nicht
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