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1038 - Der Seelen-Kerker

1038 - Der Seelen-Kerker

Titel: 1038 - Der Seelen-Kerker
Autoren: Jason Dark
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Bewegung und bei jedem Schritt bewegte sich auch seine Haut. Allerdings nicht so wie bei einem Menschen. Sie besaß nicht die Geschmeidigkeit einer echten Haut. Diese Gestalt war nicht verwest. Er hatte voll und ganz auf seinen giftigen Höllentrank gesetzt und sich nicht geirrt. Nur durch die Hilfe des Tranks hatte diese zweite Haut über der ersten entstehen können.
    Ebenso wie die auf seinem Gesicht. Dort war sie gleichfalls hart und zäh zugleich.
    Daß ihn der Strahl meiner Leuchte im Gesicht erwischte, machte ihm nichts aus. Er ließ sich nicht beirren. Der Weg war vorgeschrieben, denn er wollte mich.
    An der anderen Seite des Altars blieb er stehen. So nahe hatte ich ihn noch nie gesehen, und ich roch ihn jetzt auch. Der Gestank von verfaultem Fleisch ging von ihm aus. Er mußte sich durch die zweite Haut gedrängt haben. Meine Annahme, daß sich darunter ein verwester und vermoderter Körper befand, bestätigte sich durch diesen Geruch immer mehr.
    Zudem strömte von ihm eine Kälte aus, die mich frösteln ließ. So einer wie er wollte den Tod seiner Feinde, bevor er die Straße des Sieges weiterging.
    Seine Augen konnten ebensogut einem Toten gehören. Da war nichts, das lebte. Sie glotzten kalt und gnadenlos auf mich nieder.
    Als wollte mich der Blick in Stücke schneiden.
    Wir hatten uns höchstens Sekunden angeschaut. Mir war es vorgekommen wie eine kleine Ewigkeit. Ich blieb cool. Es brachte nichts, wenn ich die Nerven verlor. Ich mußte diese Ausgeburt der Hölle im Auge behalten und gleichzeitig so handeln, daß sie mich nicht überraschen konnte.
    Meine linke Hand war nicht frei, denn mit ihr hielt ich die kleine Lampe fest. Dafür aber die rechte. Und sie kroch über die Altarplatte hinweg, um das dort liegende Kreuz zu fassen. Es leuchtete auch weiterhin in diesem grünen Licht, der Einfluß des anderen war einfach zu stark. Aber ich hatte die wahren Kräfte des Kreuzes noch nicht aktiviert und war deshalb gespannt, was geschehen würde, wenn ich die Formel gesprochen hatte.
    Meine Finger umklammerten das Kreuz. Der andere tat nichts. Er glotzte nur. Hin und wieder zuckten seine Schultern, und auch die Muskeln unter der Haut zuckten dabei.
    In mir steckte eine Spannung, die mich fast zum Platzen brachte.
    Ich wußte, daß mein Gesicht dunkelrot geworden war. Der Kreislauf lief in solchen Momenten auf Hochtouren. Langsam zog ich die Hand mit dem Kreuz an meinen Körper.
    Was Suko und der Abbé am Eingang der Kirche taten, bekam ich nicht mit. Ich zählte auf sie. Zunächst einmal mußte ich mit meinem Schicksal allein fertig werden, das hatte ich so gewollt.
    Für einen winzigen Moment starrte ich noch in die Augen dieser verdammten Gestalt. Gleichzeitig formulierte ich die Worte der Formel und sprach sie sofort aus.
    »Terra pestem…«
    Eine Bewegung!
    Nicht von mir, sondern vor der Ausgeburt der Hölle. Blitzartig hatte die Gestalt den Arm gehoben, ohne ihn in dieser Lage zu lassen. Er raste wieder nach unten, er schoß vor und in Kopfhöhe über die nicht sehr breite Altarplatte hinweg.
    Es gelang mir nicht mehr, das dritte Wort der Formel auszusprechen. Die Klaue war einfach zu schnell. Etwas schlug gegen meinen Mund und auch vor die Nase, in der etwas aufplatzte. Die Buchstaben schienen mir zurück in den Rachen gedrückt zu werden, und der verdammte Treffer schleuderte mich nach hinten.
    Mein Mund war wieder frei, aber ich sprach die Formel nicht aus.
    Ich glaubte auch, einen Schrei zu hören. Von Suko oder dem Abbé, doch das war mir jetzt egal, denn der Aufprall auf den harten Steinboden vor dem Altar war schlimm.
    Außerdem hatte ich das Pech, mit dem Hinterkopf gegen die eine Stufenkante zu prallen. Da blitzten wirklich für einen Moment Sterne vor meinen Augen auf. Genau in diesem Zeitpunkt trat ich auch weg und kam erst wieder zu mir, als der Schatten dieser höllischen Kreatur über mich fiel.
    Nazarius mußte den Altar übersprungen haben. Mit einer Hand preßte er meinen Mund zu, mit der anderen riß er mich auf die Füße. Er ließ sie wandern. Ich spürte sie an meinem rechten Arm, bis fast hin zum Handgelenk.
    Eine brutale Bewegung.
    Ich schrie auf, denn der Schmerz war fürchterlich, der bis hoch in meine Schulter raste. Ein schreckliches Bild entstand vor meinen Augen. Ich sah den toten Alexandre Capus mit verdrehten und zugleich gebrochen Gliedern auf dem Bett liegen.
    Da wußte ich, welches Schicksal auch mich erwartete…
    ***
    »Es gefällt mir nicht. Nein, es gefällt mir
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