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1016 - Der Narr aus Venedig

1016 - Der Narr aus Venedig

Titel: 1016 - Der Narr aus Venedig
Autoren: Jason Dark
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ihm lag auf der breiten Holzplatte. Er war so gut wie fertig. Umberto hob den Kopf. Das Klingeln blieb, aber Neffe Rudolfo schien es nicht gehört zu haben, denn er arbeitete unbeirrt weiter.
    Warum nur ich?
    Einbildung? Werde ich langsam senil?
    Umberto drehte den Kopf. Die Küche war bis auf ihn und Rudolfo leer. Zudem war die Tür geschlossen. So drang auch nichts von außen her in die Küche.
    Aber er hörte das Klingeln. Er bildete es sich nicht ein, und er merkte auch die Kälte, die dicht an seinem Nacken entlangstreifte, als wollte sie ihn liebkosen.
    Ein ängstlicher Mensch war Umberto auf keinen Fall. Doch dieses an sich harmlose Geräusch sorgte bei ihm für einen sanften Schrecken, weil er den Grund nicht herausfand.
    »Was ist das?« er hatte mehr zu sich selbst gesprochen, was Rudolfo nicht wußte.
    »Was meinst du denn, Onkel?«
    »Dieses - ähm - Läuten und Klingeln.«
    Rudolfo hatte sich gedreht. »Hä…?«
    Ärgerlich winkte der Koch ab. »Mach weiter, Junge, ich will, daß du schnell fertig wirst. Alles andere kannst du vergessen.«
    Rudolfo gab nicht auf. »Aber du hast doch was gesagt?«
    »Habe ich auch. Ist schon vorbei.« Auch er mußte sich beeilen. Zu lange Pausen durften nicht eingelegt werden. Der Fisch war wichtiger als dieses Läuten.
    Er wollte das Tranchiermesser wieder in die Hand nehmen, als ihn der Schmerz am rechten Arm erwischte. Es war für den Koch ein Schock. Er blieb starr stehen und war nicht einmal in der Lage, zu schreien oder zu stöhnen. Der Schmerz war da, er bildete sich ihn nicht ein, und er konnte mit einer langen Wunde verglichen werden, die sich an seinem rechten Arm entlangzog.
    Dort schaute Umberto auch hin.
    Seine Knie wurden weich. Es war wie im Kino, wie in einem Horror-Film. Etwas hatte den Ärmel seiner hellen Jacke aufgeschlitzt. Da war ein scharfer Gegenstand geführt worden, und er hatte sich nicht nur mit dem Aufschlitzen des Stoffs begnügt, er war auch in die Haut hineingedrungen.
    Blut quoll hervor. Dick, rot. Erst ein schmales Rinnsal, dann breiter werden. Es klebte an der Haut und am hellen Stoff der Jacke. Der Schmerz stach durch seinen Arm, das Blut rann, und der Koch konnte noch immer nicht fassen, was ihm da widerfahren war. Er selbst jedenfalls hatte sich nicht verletzt, das war ein anderer gewesen. Aber nicht Rudolfo, der arbeitete einige Meter von ihm entfernt.
    Umberto stöhnte. Er klammerte sich an der Kante der Arbeitsplatte fest. Auch Rudolfo hatte das Stöhnen gehört. Er drehte sich um, starrte seinen Onkel an und schüttelte den Kopf.
    »He, du blutest ja.«
    »Ja, verdammt.«
    »Hast du dich geschnitten?«
    Umberto war bleich geworden. »Nein, ich habe mich gebissen, du Idiot. Los, hol ein Pflaster, aber schnell. Und nicht nur eines, sondern mehrere.«
    Rudolfo nickte. Auch er war zittrig geworden, denn er konnte kein Blut sehen. Dann rannte er los zum Erste-Hilfe-Kasten an der Wand. Sein Onkel starrte auf den Arm. Die Wunde war etwa fingerlang. Aus dem Nichts heraus war sie entstanden. Einfach so. Wie in einem Film. Es würgte ihn. Der Kreislauf machte nicht mehr so richtig mit. Umberto mußte sich wieder festklammern. Für ihn war eine Welt zusammengebrochen, und er fragte sich, was ihn da erwischt hatte.
    Das Läuten, dieses Klingeln.
    Es mußte etwas damit zu tun gehabt haben.
    Sein Neffe kam mit dem Kasten. »Ich kann kein Blut sehen!« keuchte er.
    Umberto hätte ihm am liebsten eine Ohrfeige gegeben. »Verdammt, mach schon!«
    »Ja, das Pflaster. Willst du denn weiterkochen?«
    »Klar. Das kann ich dir nicht überlassen!« Der Koch fühlte sich mies, aber seinen Job wollte er weitermachen. Wer würde ihm schon glauben, was tatsächlich geschehen war?
    Keiner…
    ***
    Es war in den vergangenen beiden Stunden nichts mehr passiert. Kein Angriff war erfolgt. Der Betrieb lief weiter, und Angela Morinelli arbeitete wie an jedem Tag.
    Angela hatte sich umgezogen. Sie trug jetzt ein dunkelgraues Kostüm mit einem knielangen Rock, hatte eine Kette aus glänzenden Perlen umgelegt, war ganz Dame und Chefin, aber wer in ihr Gesicht geschaut hätte, dem wäre auch die Angst aufgefallen.
    Im unteren Bereich des Hauses fühlte sich die Frau sehr wohl. Hier bekam sie auch die Ablenkung, die sie brauchte, und so konnte ich sie allein lassen.
    Ich ging nach oben und schaute mich dort noch einmal in den beiden Etagen um. Es war für mich wichtig, auf die oder den Gegner zu warten. Ich wollte ihn haben, erwischen, ihn aus seiner Welt
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