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1016 - Der Narr aus Venedig

1016 - Der Narr aus Venedig

Titel: 1016 - Der Narr aus Venedig
Autoren: Jason Dark
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stehen.
    Als hätten sich die Gäste untereinander abgesprochen, so war die Hälfte der Tische mittlerweile besetzt. Im Moment kamen keine weiteren Gäste, so daß Angela eine Atempause einlegen konnte. Sie stand nahe der Theke und sah nachdenklich aus, obwohl sie gezwungen lächelte. Ich ging zu ihr.
    »Schön, daß Sie kommen, John!«
    »Alles in Ordnung?«
    »Wie meinen Sie das?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Gibt es irgendwelche Hiobsbotschaften? Hat einer Ihrer Mitarbeiter etwas gehört oder vielleicht auch gesehen?«
    »Das zum Glück nicht.«
    »Wie geht es dem Koch?«
    »Er arbeitet. Er beißt die Zähne zusammen. Aber die Wahrheit hat er mir nicht gesagt. Er bleibt dabei, daß ihm die Klinge abgerutscht ist, obwohl ich die Lüge in seinen Augen erkannte.«
    »Er wird nie etwas zugeben.«
    »Das fürchte ich auch.«
    Die ersten Bestellungen waren aufgegeben worden. Plötzlich hatte jeder etwas zu tun, und auch Angela machte mit, so daß ich praktisch nur störte.
    Ich ging nach draußen. Wegen des Sonnenscheins und der warmen Luft stand die Tür offen. Es war ein früher Abend wie aus dem Bilderbuch. Sommerlich, leicht, ein sanfter Wind, der mit dem frischen Laub spielte. Einfach ein perfektes Wochenende.
    Ein Killer wie Serafin paßte da nicht ins Bild.
    Dann hörte ich das leise Klingeln!
    Plötzlich standen meine Sinne unter Strom, denn ich hatte mich nicht geirrt. Das Klingeln war da, und es war zudem auch nahe, denn es huschte an meinen Ohren vorbei, kehrte aber wieder zurück.
    Ich war zur Seite getreten, denn ich wußte, daß der Narr mich wollte.
    Der kalte Hauch war ebenfalls zu spüren. Er strich über mein Gesicht. Für einen winzigen Augenblick verkrampfte ich, weil ich daran dachte, daß plötzlich die Dolchspitze erschien, um an meiner Kehle entlanggezogen zu werden.
    Das passierte glücklicherweise nicht. Ich war davon überzeugt, daß Serafin Kontakt mit mir aufnehmen wollte, auch wenn das Klingeln endgültig verstummt war.
    »Du hast nicht gewonnen!« hörte ich seine Flüsterstimme. »Obwohl du stärker bist als die anderen. Du bist ein Gegner. Man hat dich als Schutz geholt, aber du wirst die Menschen hier nicht schützen können. Ich setze hier die Zeichen, ich habe sie in meine Rache mit eingeschlossen, daran solltest du denken.«
    »Warum willst du dich rächen?«
    »Man hat mir etwas angetan.«
    »Ja, ich weiß. Man hat dich getötet.«
    »Richtig.« Das Klingeln war wieder zu hören. Diesmal klang es sogar hektisch; er mußte seinen Kopf stark bewegt haben. »Man hat mich nicht gelassen, man hat mich verstoßen. Ich war nur der dumme Narr, der Späße machen mußte, um die anderen bei Laune zu halten. Die Reichen, die Mächtigen, auch den Dogen, der mich für meine Narreteien bezahlte. Er hielt mich wie seinen Hund. Ich mußte tun, was er verlangte. Auf den Festen, den mächtigen Gelagen, war ich es, der über den Boden kroch, die Frauen durch mein Auftreten schockte, die Männer zum Lachen brachte, die mich oft genug als Fußmatte benutzten. Sie schenkten mir Verachtung, und ihre Frauen oder Begleiterinnen nur Arroganz. Für diese Damen war ich Dreck, obwohl sie selbst Dreck waren, das kann ich behaupten. Ich kannte viele von ihnen. Die angeblich so lieben und treuen Ehefrauen waren nicht mehr als Kurtisanen, die es wild trieben.«
    »Wie Carlotta.«
    »Ja, wie sie«, hörte ich seine Stimme, die wieder vom Klingeln begleitet wurde. »Carlotta war eine der schönsten, wenn nicht sogar die Schönste überhaupt. Der Doge hatte sich Carlotta als seine Geliebte genommen. Für ihn war sie das lebendige Spielzeug, aber er konnte ihrer nicht sicher sein. Sie trieb es auch mit anderen. Viele Liebhaber kamen zu ihr, und dabei achtete sie nicht auf den Stand. Sie wollte einfach nur den Mann, der ihr Feuer löschen sollte.«
    »Aber dich hat sie abgewiesen.«
    »Ja, das hat sie.«
    »Und man tötete dich.«
    »Die Schergen des Dogen stürmten das Schlafgemach, als Carlotta schrie. Sie stellten keine Fragen, die warfen sich auf mich. Sie drücken mich gegen das Bett, in dem ich mit Carlotta lag, und dann stießen sie ihre Waffen in meinen Körper, bis ich nur noch ein totes, blutiges Bündel Mensch war.«
    Ich hörte ein Kichern und wußte, daß wir jetzt zum eigentlichen Punkt kamen. Deshalb fragte ich:
    »Wer bist du wirklich gewesen, Serafin? Man kannte dich als Narren, als Spaßmacher, der die Gäste des Dogen bei Laune hielt. Aber man wußte nicht, wer sich tatsächlich hinter der Maske
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