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1016 - Der Narr aus Venedig

1016 - Der Narr aus Venedig

Titel: 1016 - Der Narr aus Venedig
Autoren: Jason Dark
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des Clowns verbarg - oder?«
    »Das stimmt.«
    »Sag es mir!«
    Er kicherte wieder. »Ich war nicht nur der Clown. Ich war auch ein Mensch, den die Natur gezeichnet hat. Schon als Kind wurde ich wegen meines krummen Rückens verspottet. Man wollte mich nicht, man haßte mich, man stieß mich aus. Ich wurde gedemütigt bis aufs Blut, aber niemand dachte daran, daß die körperlichen Gebrechen durch etwas ausgeglichen werden konnten. Ich war schlau. Ich habe schon als Kind mehr begriffen als die anderen, und als dachte mir, daß ich meine Schlauheit ausnutzen mußte. Ich lernte. Ich kannte die Magie der Magie. Ich hatte gute Lehrmeister. Ich interessierte mich für die anderen Welten, für das Böse, für die Beschwörungen, für die Dinge, die nach dem Tod kamen, denn ich wußte, daß die menschliche Existenz mit dem Tod noch nicht vernichtet war. Ich wollte nicht von dieser Welt scheiden, sondern nach dem Tod auf eine andere Weise weiterexistieren. Das habe ich geschafft. Ich bin noch da. Ich habe mich einem alten Totengott versprochen, der schützend seine Hand über mich hielt. Ich habe die Rituale schon vor meinem Ableben gesprochen, und so konnte ich sicher sein, dem großen Ende zu entwischen. Niemand wollte mir glauben. Sie alle hielten es für Narretei, als ich von einem anderen und ewig währenden Leben sprach, eingepackt in die mächtige Kraft des Totengottes Baal, der schon von den Karthagern so stark verehrt wurde. Er schickte mich wieder zurück. Ich bin da, und meine Gier ist noch immer vorhanden. Ich fand sogar das Bett, in dem man mich damals ermordete. Und ich fand eine wunderschöne Frau, der das Bett nun gehörte. Wie damals bei der herrlichen Carlotta, so stattete ich ihr in meiner neuen Existenz ebenfalls einen Besuch ab. Aber sie wehrte sich. Sie konnte mich sogar mit meinem eigenen Dolch umbringen, und so starb ich zum zweitenmal. Aber ich wurde aufgefangen, Baal ließ mich nicht im Stich, und so bin ich wieder da. Ich werde mich nicht mehr an Carlotta rächen können, aber Angela ist mir ebenso lieb.«
    »Nein«, sagte ich. »Das ist nicht gut. Man kann sich nicht an Menschen rächen, die sich nur gewehrt haben.«
    »Nicht gegen mich!«
    »Doch. Und…«
    »Zerstören!« hörte ich seine Stimme. »Ich werde zerstören, was sie sich aufgebaut hat. Das habe ich mir geschworen, und diesen Schwur werde ich halten.«
    Er wollte nicht mehr reden. Er wollte auch nicht mehr bleiben. Ich sah ihn natürlich nicht, dafür hörte ich ihn, wie er sich bewegte. Das Klingeln der kleinen Glocken wies mir seinen Weg, und der konnte mir nicht gefallen.
    Die leise Melodie wehte genau auf die Eingangstür des Lokals zu. Es war furchtbar, aber ich konnte nichts dagegen tun. Ich mußte den Unsichtbaren ziehen lassen.
    Mein Magen zog sich zusammen.
    Das Klingeln verstummte.
    Da wußte ich, daß der Narr das Lokal erreicht hatte und seinen blutigen Rachefeldzug beginnen würde…
    ***
    Die beiden Conollys, Shao und auch Suko saßen zwar am Tisch und hatten auch schon Getränke bestellt, aber sie schafften es nicht, sich für eine Mahlzeit oder ein Menü zu entscheiden, denn alle waren von Bill eingeweiht worden.
    Die anderen Gäste merkten nichts von ihrer Anspannung. Sie aßen, sie tranken, sie amüsierten sich prächtig, und auch Angela Morinelli spielte wunderbar mit. Sie ging von Tisch zu Tisch, begrüßte die Gäste, erkundigte sich nach ihrem Wohlergehen, hielt hin und wieder einen kleinen Plausch und hatte sich ausgezeichnet in der Gewalt.
    »Ich bewundere Angela«, sagte Sheila und nickte dabei. »Also ich hätte nicht die Nerven, so gut zu schauspielern. Das ist wirklich nicht jedem gegeben.«
    Shao stimmte ihr zu.
    Bill und Suko hielten sich zurück. Ihre Blicke wanderten nicht nur durch das Lokal, sondern auch durch die offene Tür nach draußen hin, wo sich John aufhielt.
    »Fällt dir was auf?« fragte Bill.
    »Wieso?«
    »Johns Haltung.«
    »Was ist damit?«
    Der Reporter hob die Schultern. »So genau kann ich dir das nicht sagen, Suko. Wenn du genauer hinschaust, kannst du dir vorstellen, daß John dort deshalb so konzentriert ist und wie auf dem Sprung wirkt, weil ihn jemand ablenkt, den wir beide weder sehen noch hören.«
    »Der Narr?«
    »Ja, das vermute ich. John hat Kontakt bekommen. Dieser Serafin muß sich gemeldet haben.«
    »Sollen wir hin?«
    »Nein, Suko, würde ich nicht machen. Das steht er allein durch. Außerdem können wir ihm kaum helfen. John wird durch sein Kreuz geschützt, wenn es
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