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1011 - Angriff der Brutzellen

Titel: 1011 - Angriff der Brutzellen
Autoren: Unbekannt
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widerspricht (oder den Interessen der Brutzellen?), und ich werde unter dem Druck der Brutzellen bewußtlos oder getötet.
    Ich fühle mich wie ein Sklave Boulmeesters. Oder wie ein Sklave der Computerbrutzellen.
    Nein, ich bin ein Sklave, ein Werkzeug wider Willen. Ich wäre nicht einmal in der Lage, mich selbst zu töten.
     
    *
     
    Ich bin Marcel Boulmeester.
    Oder: Ich war Marcel Boulmeester?
    Von meinem ursprünglichen Körper bestehen nur noch Teile des menschlichen Zellgewebes. Von meinen Gedanken weiß ich nicht immer, ob sie noch meine eigenen Gedanken sind oder ob sie einen anderen Ursprung haben.
    Die Metamorphose begann vor wenigen Tagen. Wenn ich einen lichten Augenblick habe, in dem ich wirklich noch Herr meiner Sinne bin, kann ich die wesentlichen Zusammenhänge erkennen. Mit zunehmender Zeit werden diese Augenblicke immer kürzer und weniger. Die Macht, die sich in meinem Körper ausbreitet, gewinnt mehr und mehr die Oberhand.
    Jahrzehntelang war ich der verantwortliche Leiter des Forschungs- und Entwicklungsinstituts DELTACOM, gefördert und finanziert durch die LFT. Mein Spezialgebiet war Kybernetik, besonders im Hinblick auf komplexe Systeme mit positronischen und biologischen Anteilen.
    Es ist eine Ironie des Schicksals, daß ich, der Mensch und Kybernetiker Marcel Boulmeester, selbst zu einem System zu werden drohe, das aus positronischer Regelung in einem biologischen Organismus besteht.
    Ich habe einen Fehler gemacht, als ich vor wenigen Tagen einen Intelligenztest mit einer Computerbrutzelle durchgeführt habe. Das eine einzige kleine Ding, gerade einen Zehntausendstel Millimeter groß, hatte einen winzigen Sekundenbruchteil genutzt, um seinem Gefängnis in dem positronischen Rastermikroskop zu entkommen. Diesem Vorfall habe ich zu wenig Bedeutung beigemessen. Aus Scham und Angst habe ich ihn verschwiegen. Der Zufall half mir, daß der Verlust bis jetzt nicht bemerkt wurde.
    Erst viele Stunden später bemerkte ich, was dieser Winzling angerichtet hatte. Er war auf unerklärliche Weise in meinen Körper gedrungen und hatte dort begonnen, sich zu vermehren. Er konstruierte nach dem Vorbild der Viren mein Zellgewebe in seinesgleichen um. Nach knapp 36 Stunden Tätigkeit war aus der einen Zelle ein System aus elf Knoten entstanden, die die Steuerung meines Körpers mehr und mehr übernahmen.
    In meinem Kopf sitzen zwei dieser Zentren. Der Verbund der Zellcomputer (so bezeichne ich diese Einheit vorerst) hatte es verstanden, diese beiden Subsysteme nach einer operativen Entfernung innerhalb kürzester Zeit zu erneuern. Weitere Operationsversuche scheiterten an der Abwehr der Winzlinge, die jedes Operationsinstrument sofort umfunktionierten und die metallischen Anteile in den Körper integrierten.
    Sie lernen unheimlich schnell, diese Winzlinge. Sie sind halb biologisch, halb maschinell. Sie sind eine Form von Mikropositroniken, die über ein undurchschaubares und vielfältiges Programm verfügen. Ihre wesentliche Stärke besteht in der Fähigkeit, sich rasend schnell zu vermehren. Diese Tatsache und ihre Winzigkeit machen sie zu einem Gegner, der kaum abgewehrt werden kann.
    Mein Kampf gegen diesen Parasiten spielt sich hauptsächlich auf geistiger Ebene ab.
    Aber auch das wird begrenzt sein. Die Computerbrutzellen legen aus unerklärlichen Gründen Pausen ein, in denen mein freier Wille die Oberhand gewinnt. Ich muß aber auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß sie mir diesen freien Willen nur vorgaukeln.
    Wenn letzteres der Fall ist, bin ich verloren. Wenn die kurzen Zeiten, in denen ich über mich selbst bestimmen kann, ganz verschwinden, bin ich auch verloren. Die Zeit drängt also. Es bleiben mir kaum noch Chancen, den Parasiten aus meinem Körper zu entfernen. Eine Möglichkeit gibt es noch, und die werde ich wahrnehmen, egal, welche Opfer es erfordert.
    Die operative Entfernung der Zellcomputer ist fehlgeschlagen. Die Injektion der noch nicht zur vollen Verwendungsreife entwickelten Polizeicomputerzellen hat bis jetzt keine erkennbare Wirkung gezeigt. Vielmehr muß ich nach den Ereignissen annehmen, daß es den Computerbrutzellen gelungen ist, die Polizisten weitgehend aus meinem Körper zu entfernen und den Rest zu vernichten.
    Die Lösung des Problems liegt auf dem Mond. Die riesige Inpotronik NATHAN wird es allein sein, die einen Weg weiß, mich von den Zellcomputern zu befreien. Meine Aufgabe steht daher unwiderruflich fest. Ich muß zum Mond. Allein werde ich das nicht schaffen.
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