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1004 - Das Phantom in der Fremde

1004 - Das Phantom in der Fremde

Titel: 1004 - Das Phantom in der Fremde
Autoren: Jason Dark
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Zweifel, wenn ich an das Blut dachte, das aus der Wunde gequollen war. Ein derartiges Ereignis hatte immer etwas zu bedeuten und lag zumeist in der Vergangenheit verborgen.
    Ich wußte keine Antwort und setzte deshalb meine Hoffnungen auf den alten Mann, der sich lautstark die Treppe hpchquälte.
    Seine Füße tappten auf die Stufen. Er legte auch jetzt, wo er schon die Hälfte hinter sich gelassen hatte, mehrmals eine kleine Pause ein.
    Ich trat an das Ende der Treppe heran, wo die Kanzelwand eine Lücke aufwies und schaute ihm entgegen.
    Er war stehengeblieben. Die linke Hand lag auf dem Rand des Steingeländers. Er atmete schwer, hielt den Kopf gesenkt und hatte das rechte Bein auf die nächsthöhere Stufe gestellt.
    Es ging ihm schlecht. Ob vor Furcht oder Überanstrengung, das wußte ich nicht. Jedenfalls wollte ich ihm helfen, auch die restlichen Stufen zu erklimmen.
    Der Alte schaute gar nicht hoch, als ich neben ihm stand. Erst als ich ihn anfaßte, zuckte er zusammen, hob auch den Kopf so weit an, daß ich in sein Gesicht schauen konnte. Es hatte sich verändert.
    Auch der helle Bart konnte das fratzenhafte Aussehen nicht kaschieren. Es war zu sehen, wie der Wächter litt. Auf seiner Haut lag der kalte Schweiß. Er roch säuerlich. Unterhalb der Lippen vermischte er sich noch mit dem aus dem Mund dringenden Speichel.
    »Es ist nicht mehr weit«, machte ich ihm Mut. »Nur mehr wenige Stufen…«
    »Ja«, flüsterte er. »Ja, nur noch ein paar Schritte. Ich werde es schon schaffen.«
    Er hätte es wohl kaum geschafft, wenn ich nicht sein Helfer gewesen wäre. So zog ich ihn hoch und war froh, ihn auf der Kanzel zu haben. Dort drehte ich ihn herum und lehnte ihn gegen die hüfthohe Wand, nicht weit von dem Schwert entfernt.
    Er mußte zu Atem kommen. Die linke Hand hielt er dort vor die Brust gepreßt, wo auch sein Herz schlug. Ansonsten konnte er ein Zittern nicht unterdrücken.
    »Ist es so schlimm gewesen?« fragte ich ihn.
    »Ja…« Er nickte. »Es ist schlimm gewesen. Die Kirche wurde entweiht. Meine Arbeit war umsonst. Ich fühle mich wie ein Verräter. Dem Tod näher als dem Leben.«
    »Unsinn!« Ich schüttelte den Kopf. »So darfst du nicht denken. Wenn jemand ein Recht hat, die ganze Wahrheit zu erfahren, dann bist du es.«
    »Welche Wahrheit denn?«
    »Ich werde sie dir zeigen, sobald es dir bessergeht. Das kannst du mir glauben.«
    Geistig war er noch fit, denn sehr schnell, wenn auch mühsam, fragte er: »Ist die Wahrheit schlimm für mich?«
    »Das kann ich nicht beurteilen.«
    Er überlegte kurz und flüsterte dann: »Was verbarg sich hinter dem Tuch?«
    »Du weißt es nicht?«
    Er senkte den Kopf, als schämte er sich davor, mir ins Gesicht zu sehen. »Nein. Ich habe nie nachgeschaut. Ich habe die Verhüllung immer respektiert. Ich wollte es nicht sehen. Es bringt großes Unglück, wenn jemand die Säule enthüllt.«
    Ich glaubte ihm, denn auch jetzt hielt er seinen Kopf abgewandt und atmete schwer unter der Last der Verantwortung. Jemand wie er war einfach überfordert, wenn das, an das er jahrelang geglaubt hatte, plötzlich nichts mehr wert sein sollte. Ich mußte ihn wirklich so lange in Ruhe lassen, bis seine innere Bereitschaft vorhanden war.
    Dafür schaute ich mir dieses steinerne Relief genauer an und leuchtete auch dagegen. Es war schon ein besonderes Kunstwerk und auch von einem besonderen Künstler erschaffen worden. Dieses Bild erinnerte auch an ein Flechtwerk, denn die Figuren waren nicht unbedingt strikt voneinander getrennt. Zumindest auf eine gewisse Entfernung hin sah es so aus. Sie berührten sich sogar an verschiedenen Stellen, was sicherlich seinen Grund hatte.
    Lalibela, die Templer und die Lade waren zusammengeschmolzen. Sie bildeten einen Bund.
    Das Blut aus der kleinen Wunde hatte sich seinen Weg gebahnt. Es war an dem steinernen Gesicht entlanggelaufen, hatte dann den Hals erreicht und teilte ihn quasi in der Mitte.
    Für mich war es normales Blut, auch wenn es jetzt, im Licht der Lampe, farblich etwas abwich. Der Braunton war nicht mehr zu übersehen.
    Als ich die Lampe wieder drehte, um sie erneut abzulegen, hörte ich den erstickt klingenden Laut des alten Mannes. Er stand da und hielt die Hand gegen seine Kehle gepreßt.
    »Ist was?«
    Er gab keine Antwort. Unverwandt starrte er das Relief an. Erst als ich ihn an der Schulter berührte, gab er seinen Hals wieder frei. Jetzt konnte er auch reden. »Was hast du getan? Allmächtiger, was hast du getan?« Mit beiden
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