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1.000 Euro für jeden

1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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Hartz IV in Berührung kamen, oder die,
die den Leistungsdruck an den Hochschulen ohne Bafög und Grundeinkommen kennen
– sind vor allem auf Länder- und Kreisebene und im Netz aktiv. Das Berliner
Führungspersonal aber, deren Arbeitsplatzsicherheit sich in der Regel auf
mindestens drei Legislaturperioden erstreckt, das also lange in den Strukturen
und im Denken der Realpolitik verfangen ist und weniger in der Wirklichkeit,
mag die Idee des Grundeinkommens mehrheitlich gar nicht.
    Jedenfalls
zückte die Parteispitze auf einem kurz vor einer wichtigen Wahl abgehaltenen
Programmparteitag im Jahr 2007, auf dem das Grundeinkommen zur Abstimmung
stand, die höchste Trumpfkarte: Rücktrittsdrohung der Vorstandsspitze bei
Annahme des Antrags. 58,7% folgten dann dem Hartz-IV-Verschönerungsvorschlag
des Vorstands. Heute, so sagen Insider, tendiert sicher die Hälfte der
Parteimitglieder zum Grundeinkommen.
    Ein
Jahr zuvor war schon der damalige thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus
(CDU) mit einem Konzept des »solidarischen Bürgergelds« angetreten, das
unabhängig von der jeweiligen Einkommenslage ausgezahlt werden sollte und das
im Wesentlichen auf dem »Ulmer Modell« bzw. auf Milton Friedmans Prinzip der
negativen Einkommensteuer basierte.
    Kritisiert
wurde das Althaus-Modell vor allem deshalb, weil damit eine massive Entlastung
höherer Einkommen einhergeht. Die von Friedman linear gedachte Einkommensteuer
wird bei Althaus (wie auch beim Ulmer Modell) nämlich nicht linear angesetzt.
Aber auch hinsichtlich der Höhe kam Kritik auf: Ein Beitrag von 800 Euro war
angedacht, von dem gleich 200 Euro für die Krankenkasse abgezogen werden
sollten, so dass der Gesamtbetrag nicht existenzsichernd wäre. Aber selbst über
dieses abgeschwächte Konzept gab es in der CDU bekanntlich erst gar keine
Diskussion, und mit Althaus verschwand auch das Modell.
    Das
Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), dessen Direktor, der Volkswirt
Thomas Straubhaar, ein engagierter Verfechter des Grundeinkommens ist, hat das
Althaus-Modell auf seine Finanzierbarkeit geprüft und für machbar erklärt. Im
Jahr 2007 stellte das Institut die Ergebnisse einer Untersuchung vor: »Die
Studie zeigt, dass ein lebenslang bedingungslos gewährtes Grundeinkommen in
Höhe von 600 Euro jeden Monat für jede Frau, für jeden Mann, für jedes Kind in
Deutschland kostenneutral finanzierbar ist, die Nachhaltigkeit des Sozialstaats
sichert und neue Arbeitsplätze schafft. Das Grundeinkommen ist ein einfaches
und transparentes Umverteilungs- und Sozialsystem mit höchster Effizienz. Es
verhindert nachhaltig Armut und kommt mit einem Minimum an Bürokratie aus. Es
funktioniert ohne staatlichen Berechtigungsprüfungs-, Ermittlungs- und Kontrollaufwand.
Das Grundeinkommen ist volkswirtschaftlich effizient. (…) Es stärkt die
Risikobereitschaft der Menschen. Notwendige Veränderungen werden mehr als
Chance denn als Bedrohung wahrgenommen. ›Das Grundeinkommen ist finanzierbar‹,
so Prof. Dr. Thomas Straubhaar. ›Wegen der unvermeidbar hohen Risiken
eines so fundamentalen Systemwechsels, sollte das Konzept jedoch in mehreren
Schritten eingeführt werden‹, empfiehlt er. ›Deshalb unterstützt das HWWI
ausdrücklich das Modell des Solidarischen Bürgergelds von Ministerpräsident
Althaus als ersten wegweisenden Schritt in die richtige Richtung.‹ Ein
entscheidender Faktor ist die Höhe des Grundeinkommens. Damit es seine
positiven Wirkungen voll entfalten kann, muss es das soziokulturelle
Existenzminimum gewährleisten. ›Wie dieses aber definiert wird und wie hoch
schließlich das Grundeinkommen sein soll, bleibt letztlich eine politische
Entscheidung‹, führt Staubhaar weiter aus.«
    Angesichts
der Tatsache, dass Althaus keine politische Rolle mehr spielt, sein Modell
ohnehin auf wackeligen Füßen stand und die Parteien insgesamt einem
bedingungslosen Grundeinkommen ablehnend gegenüberstehen, verblüfft es, dass
bei der Bundestagswahl 2009 151 KandidatInnen in ihrem Wahlkampf explizit
Grundeinkommen zum Thema gemacht haben. Manche Parteilose traten ausschließlich
mit der Einführung des Grundeinkommens als Programm zur Wahl an. Die Webseite
www.grundeinkommen-ist-waehlbar.de ermittelte: Die 151 Personen vereinigten auf
sich insgesamt gut zwei Millionen, genauer: 2133083 Stimmen! Dreißig
Grundeinkommensbefürworter wurden tatsächlich – entweder per Direktmandat
oder per Landesliste – in den Bundestag gewählt, davon 15 Grüne,
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