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1.000 Euro für jeden

1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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nichts
verdient, hätte Anspruch auf 500 Euro. Da sich hier also die Zahlschuld
umkehrt, spricht Friedman statt von Grundeinkommen von negativer Einkommensteuer.
    In den
1980er Jahren forderte der Soziologe und politische Vordenker des Bürgertums
Lord Ralf Dahrendorf ein intensives Nachdenken über ein »garantiertes
Mindesteinkommen«. Dabei war der Artikel 1, Absatz 1 des
Grundgesetzes der Bundesrepublik Ausgangspunkt seiner Überlegungen: »Die Würde
des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung
aller staatlichen Gewalt.« Dahrendorf argumentierte: In einer reinen
Agrargesellschaft, in der sich jeder nach dem Prinzip »ein Mann, eine Scholle«
mit den Früchten seiner Arbeit selbst versorgen kann, sei kein finanzielles
Einkommen vonnöten. In einer Volkwirtschaft, in der niemand mehr ohne die
Leistungen anderer überleben kann und auf Handel angewiesen ist, sei ein
finanzielles Einkommen jedoch lebensnotwendig. Ein Leben in Würde sei darin ohne
Geld nicht möglich. Deswegen, folgert Dahrendorf, brauche das verfassungsmäßig
garantierte »Leben in Würde« ein garantiertes Mindesteinkommen. Dieses sei »so
notwendig wie die übrigen Bürgerrechte, also die Gleichheit vor dem Gesetz oder
das allgemeine gleiche Wahlrecht«.
    Das
Prinzip der negativen Einkommensteuer motivierte 1996 die Ulmer Bürgerstiftung,
eine Studie zu beauftragen, die der Frage nachgehen sollte, wie sich ein
Basiseinkommen auf die Sozialleistungen der Stadt auswirken würde. Sie wurde im
Jahr 2000 publiziert und kam zu dem Schluss, dass sich die finanzielle
Belastung für die Stadt erheblich reduzieren würde, selbst wenn die bisherigen
Sozialhilfeempfänger mit dem Bürgergeld inklusive pauschaliertem Wohn- und
Kindergeld genauso viel Geld bekämen wie zuvor. Auf eine politische
Schlussfolgerung aus diesen Berechnungen warten allerdings noch alle.
    Parteien und
Grundeinkommen –
mehr Gegner als Freundinnen
    Bei der
Sozialdemokratie und den Gewerkschaften gilt der Fetisch Lohnarbeit
ungebrochen; sie sind bis heute buchstäblich bebelfest in der Ablehnung des
Grundeinkommens, mit dem Argument »Arbeit muss sich wieder lohnen« – eine
Forderung, die sie mit der angesichts der Hartz-IV-Realität zynischen
Begründung versehen, dass »man Menschen nicht von sozialer Teilhabe
ausschließen dürfe«. Was sie schlicht gar nicht erst zu beantworten versuchen,
ist die Frage danach, wo sie denn ist, die bezahlte Arbeit für alle?
    SPD und
Linkspartei haben sich noch zu keinen offiziellen Parteibeschlüssen zum
Grundeinkommen bewegen lassen. In der SPD hat sich eine Kommission »Grundwerte
beim Parteivorstand der SPD« mit dem bedingungslosen Grundeinkommen beschäftigt
und das Konzept für nicht vereinbar mit den Grundsätzen einer
sozialdemokratischen Sozialpolitik erklärt. Noch weniger als bei der
Linkspartei fallen hier Abweichungen von der Parteilinie ins Gewicht, wie etwa
die bedeutende Stimme des Vorsitzenden der unbedeutenden SPD Rhein-Erft, der
seine Partei öffentlich aufgefordert hat, das bedingungslose Grundeinkommen als
neuen sozialpolitischen Denkansatz der SPD anzuerkennen.
    Die
vereinzelten Stimmen aus der Linkspartei sind allerdings sehr deutlich zu
vernehmen. Sie fordern beispielsweise ein Grundeinkommen für Arbeitslose in
strukturschwachen Gebieten Ostdeutschlands. 2009 wurde zudem von einer
parteiinternen Arbeitsgruppe ein Konzeptpapier für ein lebensphasenbezogenes
Grundeinkommen entwickelt, das aber innerhalb der Partei noch sehr kontrovers
diskutiert wird. Bekannteste Verfechterin der Grundeinkommensidee innerhalb der
Linkspartei ist Katja Kipping, Sprecherin des überparteilichen Netzwerks
Grundeinkommen – sie repräsentiert, dem Vernehmen nach, etwa 20% der
Partei in dieser Frage.
    Die FDP
verabschiedete auf dem Bundesparteitag 2005 das »liberale Bürgergeld«. Demnach
soll bei Bedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit vom Staat ein pauschales
Einkommen bezahlt werden, das eine Grundsicherung sowie Unterkunfts- und
Heizkosten trägt. Wer sich jedoch weigert, Arbeit anzunehmen, der wird
empfindlich bestraft, mit deutlicher Kürzung der Auszahlung. Mit den
Sanktionsinstrumenten unterscheidet sich das FDP-Bürgergeld grundsätzlich von
Geist und Wesen des bedingungslosen Grundeinkommens.
    Nach
Auffassung von Adrienne Goehler sind die Grünen gespalten. Fast fifty-fifty.
Die einen – tendenziell sind es die Jüngeren, die sich links verorten und
die selbst mit den Daumenschrauben von
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