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1.000 Euro für jeden

1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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nicht hinreichende Bedingung für
eine Gesellschaft, die auf das Vermögen der Einzelnen setzt, setzen muss.
    2. Kapitel
    Grundlagen und Historie des
Grundeinkommens
    Eine uralte Idee
    Die erste
Überlieferung einer Trennung von Arbeit und Einkommen findet sich in der
Verfassung Spartas im sechsten Jahrhundert vor Christus. Sie garantierte der
herrschenden Minderheit, den Spartiaten, die als Einzige das Privileg genossen,
»Vollbürger« zu sein, die lebensnotwendigen Güter, unabhängig von jeder
Arbeitsleistung und von Bedürftigkeit. Alle weiteren Stände, die Frauen als
Geschlecht, von den Sklaven ganz zu schweigen, kamen nicht in diesen Genuss.
    Der
Sozialutopist Thomas Morus stellte erst sehr viel später, 1516, die Forderung
auf, alle Menschen im Staat müssten eine Existenzgrundlage haben, schon allein
um Diebstahl vorzubeugen. Wiederum mehr als zweihundert Jahre später, 1748,
leitete der französische Staatstheoretiker Charles Montesquieu aus dem
Selbstverständnis des Staates die Pflicht ab, seinen Bürgern ein
Existenzminimum zu garantieren: »Der Staat schuldet allen seinen Einwohnern
einen sicheren Lebensunterhalt, Nahrung, geeignete Kleidung und einen
Lebensstil, der ihre Gesundheit nicht beeinträchtigt.«
    Etwa
zur gleichen Zeit argumentierte Thomas Paine, einer der geistigen Gründer der
USA, für eine Art Umverteilungs-Grundeinkommen. Die Grundbesitzer sollten einen
Fonds einrichten, aus dem jeder Person ab 21 Jahren, ob arm oder reich,
eine Summe auszubezahlen sei – und zwar dafür, dass sie, im Gegensatz zu
den Grundbesitzern, nicht mehr über ihre natürliche Erbschaft, die Erde in
ihrem unkultivierten Zustand, verfügen konnten.
    In der
Folge beschäftigten sich im 19. Jahrhundert Reformer aus England, Belgien
und Frankreich mit der Idee. 1836 propagierte der französische
Gesellschaftstheoretiker Charles Fourier, der sich früh für die
Gleichberechtigung von Frau und Mann einsetzte, in seinem Werk »Die falsche
Industrie« ein bedingungsloses Grundeinkommen. Er begründete dessen
Notwendigkeit damit, dass das ursprüngliche Grundrecht auf freies Jagen und
Sammeln verlorengegangen sei, was den Menschen einst die natürliche
Grundversorgung ermöglicht habe. Es sei ihnen dafür ein Betrag auszuzahlen, da
sie kein Land mehr besäßen, das ihnen Selbstversorgung ermögliche.
    Zwölf
Jahre später, 1848, vertrat der belgische Jurist Joseph Charlier vehement die
Auffassung, dass jeder Bürger Eigentümer des Staatsgebiets seines jeweiligen
Landes sei und ihm dafür bedingungslos ein Grundeinkommen gebühre.
    Vorläufer
der Idee eines Grundeinkommens gibt es also schon seit dem Übergang der Selbst-
zur Fremdversorgung. Als einer der ersten Ökonomen befürwortete in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts der englische Liberale John Stuart Mill ein
bedingungsloses Grundeinkommen, das für ihn die logische Konsequenz des
menschlichen Freiheitsstrebens darstellte. Der Staat müsse prinzipiell allen
Individuen, Frauen wie Männern, eine freie Entwicklung garantieren – dazu
zählten die freie Gestaltung der Lebensführung, die freie Entfaltung der
Persönlichkeit, die Versammlungsfreiheit sowie die Presse- und
Meinungsfreiheit.
    Der
Sprung weg von theoretischen Einzelauffassungen in den Sozial- und
Wirtschaftswissenschaften hin zu einer öffentlichen Diskussion fand in
Deutschland erst in den 1980er Jahren statt – wobei die aufkeimende
Debatte noch nicht sonderlich breit war. Die grüne Partei hatte das
bedingungslose Grundeinkommen 1979 zwar in ihr Gründungsprogramm geschrieben,
danach aber zum Verschwinden gebracht, die katholische Sozialethik postulierte
es schon lange und stellte immer wieder die Finanzierbarkeit fest. Wirkungen
auf Institutionen oder gar die Parteien gingen aber keine davon aus. Erst seit
kurzer Zeit nehmen wir ernsthafte und hitzige Diskussionen wahr, die quer durch
die Gesellschaft verlaufen. Man trifft dabei StudentInnen und Wohlhabende,
Beamte und vom Hartz-IV-Dasein Gezeichnete, gutausgebildete AkademikerInnen mit
und ohne Erwerbsarbeit und Menschen aus sozialen oder kirchlichen Bewegungen.
Solche, die zu viel arbeiten müssen, und andere, die nicht genügend arbeiten
können, weil sie aus dem Erwerbsarbeitsleben herausgefallen sind oder nie dort
ankamen. Solche, die ihren sicheren Job hassen, ihn aber aus Angst, vor dem
umfassenden Nichts zu stehen, nicht aufgeben und sich danach sehnen, etwas zu
tun, was ihren Neigungen entspricht. Lehrerinnen, die die
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