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1.000 Euro für jeden

Titel: 1.000 Euro für jeden
Autoren: Götz W. Adrienne; Werner Goehler
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weil ja die Existenz aller Menschen grundsätzlich gesichert wäre, auch wenn man den Job verlierenwürde. Überhaupt wären lebenslange Beschäftigungsverhältnisse und daraus abgeleitete Rechte zu hinterfragen, etwa wofür genau wir noch Beamte brauchen, denen der Staat derzeit noch eine besonders gesicherte Stellung zugesteht. Wenn alle Menschen ein Grundeinkommen beziehen würden, müsste es keine Privilegien für Einzelne geben. Klassische Biographien würden aufgebrochen, weil Menschen mit der Sicherheit eines Grundeinkommens im Rücken etwa auf die Idee kommen könnten, auch im höheren Alter noch eine Ausbildung zu machen, weil sie ihren einmal gelernten Beruf nicht mehr befriedigend finden. Oder manche gingen statt mit 60 vielleicht erst mit 76 in Rente, weil sie Vergnügen an ihrer Arbeit hätten oder über mehr Geld verfügen wollten, für was auch immer. Deshalb liegt die Frage nahe:
    ➠ Inwiefern werden sich die Lebens- und Arbeitswelten in unserer Gesellschaft durch das Grundeinkommen verändern?
    • Die wegfallende Bedürftigkeitsprüfung irritiert und ärgert viele, die eine Gleichbehandlung aller Menschen grundsätzlich mit dem Argument ablehnen, Menschen seien eben nicht alle gleich. Sie fühlen sich durch die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens über einen Kamm geschert. Vor allem RenterInnen hegen die Sorge, durch das vereinheitlichende Grundeinkommen um die Früchte ihrer Lebensleistung geprellt zu werden. Ein weiteres Problem stellen chronisch Kranke dar, die sehr viel höhere Existenz- und Teilhabekosten zu tragen haben als gesunde; hier erscheint es ungerecht, allen dasselbe Grundeinkommen auszuzahlen. Zu klären ist:
    ➠ Inwiefern wird in einer Grundeinkommensgesellschaft die Vielfalt der Lebensansprüche und -möglichkeiten gesichert?
    • Der Wegfall jeglichen Arbeitszwangs treibt viele Menschen zuder Horrorvision, dass sich die Mehrheit der Bevölkerung dann auf die faule Haut legt und nur noch eine Minderheit einer Arbeit nachgeht. Aufgrund ausbleibender Arbeitsleistung bricht dann binnen kürzester Zeit das gesamte Wirtschaftssystem in sich zusammen, so die Vermutung. Andere Menschen hingegen fragen sich, ob das Grundeinkommen nicht erst zur Arbeit beflügelt, die Arbeitsmotivation also wachsen wird, wenn man nicht permanent von Existenzsorgen geplagt ist. Die Frage lautet demnach: Wird unsere Arbeitsgesellschaft durch das Grundeinkommen zerstört? Oder anders gefragt:
    ➠ Was tun Menschen, wenn sie nicht »müssen müssen«?
    Warum ein Traum wahr
werden kann
    Diesen vier Fragenkomplexen werden wir uns auf den nächsten Seiten widmen. Es soll zunächst darum gehen, was für das Grundeinkommen spricht, welche positiven Veränderungen ein Grundeinkommen mit sich brächte und inwiefern diese erstrebenswert sind. Wir möchten herausfiltern, was sich durch das Grundeinkommen ändern würde – und was nicht. Denn obgleich vielen das bedingungslose Grundeinkommen unvorstellbar ist, sind wir von der Grundeinkommensgesellschaft in Wirklichkeit gar nicht weit entfernt. Die Frage, was Menschen tun, wenn sie nicht müssen, wird schon oft genug in der Praxis beantwortet. Deswegen sind wir überzeugt davon, dass das Grundeinkommen gesellschaftlich und ökonomischnicht nur keinen Schaden anrichten, sondern im Gegenteil unser Land beflügeln würde.
    Die Frage, inwiefern sich das Grundeinkommen auf unsere vielfältigen Lebensansprüche und -möglichkeiten auswirkt, können wir nicht nur theoretisch, sondern ganz praktisch beantworten. Wesentliche Elemente des Grundeinkommens sind durchaus schon realisiert – nur unter anderem Etikett.
    Die Arbeitswelt ist eine gänzlich andere als die, die noch unsere Eltern kannten. Zwar spricht die Politik noch unverändert von Vollbeschäftigung als Ziel ihrer Bemühungen, doch Glauben schenkt ihr diesbezüglich niemand mehr. Längst haben wir begriffen, dass es Vollbeschäftigung bestenfalls in den legendären Wirtschaftswunderjahren gegeben hat, und da vor allem deshalb, weil die Bevölkerung durch den vorausgegangen Krieg dezimiert war. Und auch in der Blütezeit der keynesianischen Wirtschaftspolitik war die annähernde Vollbeschäftigung keine echte, weil sie immer nur Männer meinte. Das Scheitern des Anliegens – wenn es jemals eines war –, das Prinzip des Wohlfahrtsstaats von der Klasse auf das Geschlecht auszudehnen, beschreibt etwa der konservative Historiker Paul Nolte in »Sozialstaat, Gesundheit und Gerechtigkeit: Plädoyer für eine
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