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100 - Leichengeflüster

100 - Leichengeflüster

Titel: 100 - Leichengeflüster
Autoren: Larry Brent
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einen Boten zu wecken.
    »Keine Angst,
Liebes ...«, flüsterte der Earl, der sich auf den Bettrand setzte und das
verschwitzte Haar aus der Stirn seiner kranken Tochter strich. »Es wird alles
gut werden ...«
    Alina war
bildschön. Immer mehr erinnerte sie ihn an seine verstorbene Frau. Es schien,
als hätte die Verblichene ein lebendes Bild von sich zurückgelassen, um ihn
immer an sich zu erinnern ...
    Jonathan Earl
of Chacking war ein Mann, der gütig zu seinen Untertanen war, aber auch hart
durchgriff und Faulheit und Schlamperei nicht durchgehen ließ. Er war von
kräftiger Statur, hatte kurze, stämmige Beine und verstand es, mit der Waffe in
der Hand umzugehen. Er war bei seinen Feinden gefürchtet.
    »Ich werde
nicht mehr ... in den Süden kommen, Vater .«
    »So etwas
darfst du nicht sagen, Liebes. Sonne und Meer haben dir schon mal gutgetan .«
    »Diesmal ist
es anders ... Ich fühle es ... ich bin so kraftlos ... jedes Wort... strengt
mich an...«
    Ihre Lippen
zitterten, als sie das sagte.
    Am Fuß- und
Kopfende des Bettes standen je zwei große Kerzen. Ihr unruhiges Flackern
bewirkte ein bizarres Licht- und Schattenspiel auf dem totenblassen Antlitz der
Kranken.
    Sie wollte
noch etwas sagen, aber sie war zu schwach. Ihre Stimme glich einem Hauch, die
Worte blieben unverständlich.
    Der Earl of
Chacking nahm die Hand seiner Tochter und streichelte sie.
    Im stillen
mußte er sich eingestehen, daß er sie so elend und schwach noch nie gesehen
hatte. An einen Anfall dieser Stärke konnte er sich nicht entsinnen.
    Minuten
wurden zu Ewigkeiten.
    Dann hörte
der Earl wieder eilige Schritte und vernahm im Hof das Trappeln von
Pferdehufen. Ein Bote machte sich auf den Weg, um den Arzt zu benachrichtigen.
    Die Zeit, die
verging, war für alle Beteiligten eine einzige Qual.
    Die
Krankenschwester verschaffte der Fiebernden Erleichterung durch kalte
Waschungen, tupfte immer wieder das schweißnasse Gesicht ab und redete ihr gut
zu.
    Zwischendurch
fiel Alina of Chacking wiederholt in einen unruhigen, leichten Schlaf, aus dem
sie keuchend und stöhnend erwachte.
    Der Earl ging
ruhelos im Krankenzimmer auf und ab. Nervös blieb er zwischendurch am Fenster
stehen und starrte hinunter in den Burghof.
    Es regnete
und stürmte noch immer. Der Wind riß die Blätter von den Zweigen und jagte sie
in der Luft vor sich her. Am Himmel standen kein Mond, kein Stern. Die Nacht
war stockfinster. Nur ein schwacher, fahler Lichthof am Eingangstor schimmerte
durch das Dunkel.
    Die beiden
Wächter hatten die Laternen angezündet und warteten wie der Herr von
Chacking-Castle auf die Rückkehr des Boten und das Eintreffen des Arztes.
    Dann endlich
war es so weit.
    Die beiden
Wächter öffneten das Tor. Ein einsamer, völlig durchnäßter Reiter tauchte auf.
Hinter ihm eine schwarze Kutsche.
    Jonathan Earl
of Chacking konnte aus dem oben hegenden Fenster den Burghof und den Eingang
überblicken.
    Der Bote, der
der Kutsche vorausgeritten war, sprang von seinem Reittier.
    Die Tür der
schwarzen Kutsche öffnete sich.
    Ein Mann im
wehenden schwarzen Capé sprang heraus und entschwand dem Blickfeld des Earl .
    Wenige
Augenblicke später waren hastige, schwere Schritte auf dem Korridor vor der Tür
zu hören.
    Jonathan Earl
of Chacking eilte den Eintreffenden entgegen.
    »Kommen Sie
schnell, Doktor !« rief er aufgeregt, obwohl der Arzt
bereits im Laufschritt den Korridor durcheilte. »Ihr Zustand ist äußerst
bedenklich. Wir stehen vor einem Rätsel und ...«
    Abrupt
unterbrach er sich.
    Der Mann mit
der großen Ledertasche in der Hand und dem schwarzen Umhang war direkt vor ihm.
    Der Earl
erstarrte.
    »Wer sind Sie ?« fragte er verwundert.
    Diesen Mann
kannte er nicht. Das war nicht Dr. Haining!
    Der Fremde
war groß und hager. Seine Figur konnte auch durch den Umhang nicht verdeckt
werden.
    »Ich bin Dr.
Todd«, lächelte der Ankömmling freundlich. »Ich vertrete meinen Kollegen und Studienfreund
Haining, der plötzlich verreisen mußte, Mylord .«
    »Aber Haining
weiß über alles Bescheid. Er kennt Alinas Zustand ...
ich weiß nicht...«
    »Sie können
Vertrauen zu mir haben. Hier - lesen Sie bitte dieses Empfehlungsschreiben,
Mylord ... Es stammt von Doktor Haining. Er ahnte, daß man mir Mißtrauen
entgegenbringen würde und hat mich gebeten, bei der ersten Konsultation diesen
Brief zu überreichen .«
    Jonathan Earl of Chacking entrollte das
Pergament. Es trug Dr. Hainings Unterschrift und dessen Siegel. Es war
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