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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz
Autoren: Karl May
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die zwei Stämme, welche sich feindlich hier gegenüberstehen. Mein Bruder Nitsas-Ini mag mir sagen, zu welchem großen Volk der Stamm der Navajos gehört!“
    „Zum Volk der Apachen“, antwortete der Genannte.
    „Und auch Mokaschi mag mir sagen, zu welchem Volk die Nijoras gehören!“
    „Auch zu den Apachen“, antwortete der dazu Aufgeforderte.
    „Da sehen meine Brüder, wie wahr ich gesprochen habe. Die Nijoras und die Navajos gehören nicht nur zur Rasse der roten Männer, sondern sind sogar Kinder eines einzelnen Volkes derselben. Sie sollten sich lieb haben, sich unterstützen und Seite an Seite miteinander gegen ihre gemeinschaftlichen weißen Feinde kämpfen. Statt dessen aber befehden sie sich gegenseitig und arbeiten ihrem Feind in die Hände. Mein Bruder Nitsas-Ini mag mir sagen, weshalb er gegen die Nijoras ausgezogen ist!“
    „Weil sie das Kriegsbeil gegen uns ausgegraben haben.“
    „Gut. So mag mir nun auch Mokaschi sagen, weshalb er seine Krieger gegen die Navajos geführt hat!“
    „Weil sie das Kriegsbeil gegen uns ausgegraben haben.“
    „Merkt ihr da nicht, was ich sagen will? Ich wollte die Gründe eures Streites hören, und ihr habt keinen nennen können, sondern nur die Tatsache angegeben, daß die Kriegsbeile gegenseitig ausgegraben worden sind. Ist das nicht genau wie bei kleinen Kindern, welche einander bei den Haaren raufen, ohne daß sie eine triftige Veranlassung dazu haben? Wollt ihr als Kinder gelten? Soll man über euch wie über Kinder lächeln, über euch, die ihr geachtet und gefürchtet wäret, wenn ihr fest und treu zusammenhieltet. Ihr seid gegeneinander gezogen, um euch zu bekämpfen, euch zu vernichten, und es ist gut, daß eure besten Freunde, nämlich Winnetou und ich, dazugekommen sind, um euch zu sagen, was ihr eigentlich von selbst wissen solltet.“
    Er ließ eine Pause eintreten, um seine Worte wirken zu lassen, und fuhr dann fort: „Mein roter Bruder Nitsas-Ini ist nicht nur ein berühmter tapferer Krieger, sondern auch ein umsichtiger und kluger Beherrscher seines Stammes. Er hat eingesehen, daß der rote Mann sterben muß, wenn er so bleibt, wie er jetzt ist. Darum hat er weise Entschlüsse gefaßt und sie auch ausgeführt. Er hat eine weiße Squaw genommen, die er liebt und der er vieles, sehr vieles verdankt, was er sonst nicht kennen und nicht haben würde. Er hat seinen Sohn über das Meer gesandt, damit dieser dort lernen möge, wie man aus einer Wüste ein fruchtbares Land macht. Er weiß, daß der Krieg nur Unheil bringt und das Glück nur im Frieden zu erlangen ist. Sollte er sich plötzlich geändert haben? Sollte er heut das Blut seiner roten Mitbrüder wünschen?“
    „Uff, uff! Ich will es nicht!“ rief der Navajo aus.
    „Das habe ich gewußt und gedacht. Wenn es anders wäre, so möchte ich nicht länger dein Freund und Bruder sein. Wie aber steht es mit Mokaschi, dem Häuptling der Nijoras? Er ist ausgezogen zum Kampf, ohne einen rechten Grund dazu zu haben, und hat keinen einzigen Vorteil über seine Feinde errungen. Er muß sogar, wenn er seinen Mund die Wahrheit sprechen läßt, zugeben, daß er sich in diesem Augenblick in einer sehr gefährlichen Lage befindet. Wird er mir das eingestehen?“
    „Howgh!“ nickte Mokaschi, welcher einzusehen begann, welche außerordentlich friedlichen Absichten Old Shatterhand verfolgte.
    „Und wird ein kluger Mann, wenn er mitten in solchen Gefahren steckt, noch immer den Tod seiner Gegner wünschen, die doch sein Leben in ihren Händen haben?“
    „Nein.“
    „Wohlan, so sind wir ja ganz gleicher Meinung. Weder Nitsas-Ini noch Mokaschi wünschen die Fortsetzung der Feindseligkeit. Es handelt sich also nur noch darum, welches Blut bisher geflossen ist und welche Rache dafür genommen werden soll. Hat Mokaschi einen Mann von seinen Kriegern verloren?“
    „Nein.“
    „Hat er also Rache an den Navajos zu nehmen?“
    „Nein.“
    „So frage ich nun dasselbe auch meinen Bruder Nitsas-Ini.“
    „Khasti-tine und sein Begleiter, einer der beiden Kundschafter, sind getötet worden“, meinte dieser ernst.
    „Von den Nijoras?“
    „Nein, sondern von dem Bleichgesicht, welches sich Ölprinz nennt.“
    „Hast du den Tod dieser beiden Krieger also an den Nijoras zu rächen?“
    „Nein.“
    „Also auch hierin steht ihr euch gegenseitig gleich. Die Ungleichheit besteht nur darin, daß die Nijoras jetzt so eingeschlossen sind, daß ihr Blut fließen würde, falls es zum Kampf käme; Nitsas-Ini hat aber
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