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10 - Der Ölprinz

10 - Der Ölprinz

Titel: 10 - Der Ölprinz
Autoren: Karl May
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mir!“
    „Das kann ebenso gut ohne einen Zweikampf zwischen dir und mir geschehen“, antwortete Old Shatterhand auf Mokaschis Äußerung. „Ihr seid von allen Seiten eingeschlossen. Ihr seid verloren, sobald der Kampf beginnt. Wie kannst du es da einem von uns zumuten, mit dir zu kämpfen und das Schicksal zweier Stämme von dem Ausgang dieses Kampfes abhängig zu machen! Was einmal mir gehört, brauche ich mir doch nicht erst noch zu erwerben. Der Sieg gehört schon uns; wozu soll ich mir ihn erst noch extra erkämpfen?“
    „So willst du nicht mit mir ringen?“
    „Nein, denn ich müßte dich töten, und das will ich nicht.“
    „Ich werde doch ohnedies und trotzdem sterben, denn du hast selbst gesagt, daß deine erste Kugel mir gelten werde.“
    „Ja, falls es zum Kampf kommt; ich meine aber, daß es weit besser sei, ihn zu vermeiden.“
    „Wie soll er vermieden werden? Etwa dadurch, daß wir uns auf Gnade und Ungnade ergeben?“
    „Nein, denn so ergeben sich tapfere Männer nicht, und die Nijoras sind ja tapfere Krieger. Kennst du Old Shatterhand und Winnetou so wenig, daß du uns ein solches Verlangen zutraust, dessen Erfüllung euch und euren Nachkommen immerwährende Schande bereiten müßte?“
    Da holte Mokaschi tief und erleichtert Atem und fragte: „Wie soll es denn sonst möglich sein, den Kampf zu vermeiden, ohne daß unsre Weiber und Kinder mit Fingern auf uns zeigen und uns verhöhnen?“
    „Das wollen wir beraten. Mokaschi und Nitsas-Ini mögen hierher zu mir und Winnetou kommen. Mokaschi mag seine Waffen mitbringen, denn er hat sich noch nicht ergeben und muß als freier Mann gelten. Aber eure und unsre Krieger behalten genau ihre jetzigen Stellungen bei, bis unsre Beratung zu Ende ist.“
    „Kann diese Beratung nicht hier bei mir abgehalten werden?“
    „Das könnte sie wohl; aber du wirst zugeben, daß wir uns im Vorteil befinden und es also für richtiger halten, daß du zu uns kommst.“
    „Als freier Mann und Krieger?“
    „Ja.“
    „So werde ich kommen.“
    Er nahm sein Gewehr wieder von der Erde auf und kam auf Old Shatterhand zugeschritten; bei ihm angekommen, setzte er sich mit der würdevollen Haltung eines Häuptlings nieder. Der weiße Jäger nahm neben ihm Platz, Winnetou ebenso. Nitsas-Ini kam auch. Er mußte durch die Nijoras hindurch. Sie machten ihm Platz. Er bekam da manchen finstern Blick, aber keiner wagte es, ihn feindlich zu berühren oder auch nur ein unfreundliches Wort zu sagen. Als er sich zu den andern gesetzt hatte, wurde auch noch Wolf herbeigewinkt, der bei den Navajos im Ansehen eines Häuptlings stand.
    Nun hätte die Beratung beginnen können, denn diejenigen, auf welche es ankam, waren beisammen. Aber sie saßen nach Indianerart wohl eine Viertelstunde da, ohne daß ein Wort gesprochen wurde. Jeder war mit seinen Gedanken beschäftigt. Old Shatterhand und Winnetou richteten ihre Augen forschend auf die drei andern, als ob sie ihre geheimsten Gedanken erraten wollten; dann tauschten sie einen kurzen Blick miteinander aus. Sie verstanden sich auch ohne Worte. Dann war Winnetou der erste, welcher sprach, doch nur indem er die kurze Frage aufwarf: „Hier sitzen fünf Krieger zur Beratung. Welcher von ihnen soll reden?“
    Wieder eine Zeitlang tiefes Schweigen; dann antwortete Nitsas-Ini: „Unser Bruder Old Shatterhand hat kein Blut gewollt; er mag sprechen!“
    „Howgh!“ sagten die andern, um ihre Zustimmung auszudrücken.
    Old Shatterhand wartete, damit seine Worte dann größeres Gewicht haben möchten, auch eine kleine Weile; dann begann er: „Meine Brüder wissen, daß ich ein Freund der roten Männer bin. Dem Indsman gehörte das ganze Land von einem Meer bis zum andern; da kam der Weiße und nahm ihm alles und gab ihm dafür seine Krankheiten. Der Indianer ist ein armer, kranker Mann geworden, welcher sehr bald sterben wird. Der Weiße ist sein Feind und hat ihn am meisten dadurch besiegt, daß er Unfrieden unter die roten Völker warf und einen Stamm gegen den andern aufhetzte. Die roten Männer waren so unklug, dies geschehen zu lassen, und sind selbst bis auf den heutigen Tag nicht klüger geworden. Sie reiben sich untereinander auf und könnten doch heut noch Großes erreichen, wenn sie den gegenseitigen Haß fallen ließen und unter sich das wären, was sie sein sollen und wozu sie geboren sind, nämlich Brüder. Habe ich recht?“
    „Howgh!“ ertönte es rundum.
    „Ja, ich habe recht, denn daß es so ist, wie ich sage, beweisen auch
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