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0999 - Der Mitternachtsfluch

0999 - Der Mitternachtsfluch

Titel: 0999 - Der Mitternachtsfluch
Autoren: Jason Dark
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den Handschuhen, die einfach zu dünn waren, aber die dicken hatte er nicht übergestreift, sie hätten ihn beim Schießen zu sehr behindert.
    Das Ufer des Teichs wurde nicht von einem hohen Schilfgürtel umwachsen. Die Sicht auf das Wasser war also ziemlich frei. Noch hatten der Reverend und die Kinder das Ufer nicht erreicht, und es sah auch nicht so aus, als wäre Goldman entdeckt worden. Er duckte sich noch tiefer, ging aber weiter.
    Felder schaute sich hin und wieder um. Er wollte sehen, ob ihm seine »Schäfchen« auch folgten, da aber konnte er zufrieden sein, denn sie blieben in seiner Nähe. Der Reverend trug einen dunklen Mantel, der ähnlich geschnitten war wie ein Umhang. Bei jedem Schritt schwang das Kleidungsstück um die Waden herum, und in diesem dunklen Aufzug sah er aus wie ein Vampir, der seine Opfer in die Grabstätte führen wollte, um sie dort auszusaugen.
    Goldman ging noch zwei lange Schritte vor, blieb dann stehen und kniete sich hin.
    Er hob das Gewehr an. Kimme und Korn. Genau das Ziel anvisieren, so hatte er es gelernt. Er war einer der besten Schützen im Verein gewesen. Dies hier allerdings konnte nicht mit einer Lehrstunde auf der Schießbahn verglichen werden, denn hier ging es nicht darum, um jemand erster oder zweiter wurde, das hier war verfluchter Ernst, und dementsprechend nervös war er auch.
    Goldman verfluchte sich selbst, weil er seinen eigenen Körper nicht unter Kontrolle bekam. Er zitterte weiter, und auch sein Zeigefinger würde beim Abdrücken nicht ruhig bleiben können. So hatte es zunächst keinen Sinn, über den Teich hinweg auf den Mann zu schießen.
    Ich muß ruhiger werden, hämmerte er sich ein, wohl wissend, wie schwer es ihm fallen würde.
    Hinzu kam die Kälte. Er hatte das Gefühl, als würde sie sich durch seine Kleidung in die Haut hineinfressen. Am kältesten waren seine Knie, die Bodenkontakt hatten.
    Noch mußte er warten. Die Kinder waren zu nahe an Felder herangekommen, und die unnatürliche Schußstellung konnte er auch nicht lange durchhalten.
    Er entspannte sich wieder. Das Gewehr ließ er sinken. Bis zum Wasser waren es nur wenige Schritte. Auf der Oberfläche lag eine dünne Eisdecke, die noch nicht völlig geschlossen war. Die Kinder würden in das eisige Wasser gehen können, ohne das Eis aufhacken zu müssen.
    Felder hatte auf seine Schützlinge an einer bestimmten Stelle gewartet.
    Die Kinder wußten genau, was sie zu tun hatten. Neun waren es, und diese neun bildeten um ihren Anführer herum einen Kreis.
    Und David war dabei.
    Als Goldman seinen Sohn erkannte, da biß er so hart auf die Unterlippe, daß Blut hervorquoll. Plötzlich brannten seine Augen. Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte sich auf den verdammten Hundesohn gestürzt, aber er mußte noch warten. Er wollte ihn ja nicht vertreiben, sondern erschießen, und für diese Tat mußte ihm der andere erst noch einen Grund liefern.
    Goldman zog den linken Ärmel seiner Jacke zurück und verglich die Zeit.
    Mitternacht war schon vorbei. Zwei Minuten darüber. Der Heilige Abend war angebrochen.
    Beinahe hätte er gelacht. Weihnachten war das Fest der Liebe, aber nicht das des Todes.
    Jerry Goldman fand, daß er sich keinen sehr guten Platz ausgesucht hatte. Um einen Volltreffer landen zu können, mußte er näher an sein Ziel heran. Dazu brauchte er nur den Teich an der rechten Seite zu umrunden, aber dabei durfte er auf keinen Fall die Nerven verlieren. Er mußte sehr vorsichtig sein.
    Er kam wieder hoch. Der Reverend dachte nicht daran, sich um andere Dinge zu kümmern, er war voll und ganz damit beschäftigt, die Kinder auf ihren nassen Tod vorzubereiten.
    Als stünde er vor der Gemeinde, um mit ihr zu beten, hob er auch hier die Arme. Dabei drehte er sich, damit er jedem Kind ins Gesicht schauen konnte.
    »Ihr habt den Ruf der anderen Welt gehört. Ihr habt erlebt, wie ihr vorbereitet wurdet. Jeder von euch spürte, daß ein anderer oder etwas anderes da war, das sich mit euch beschäftigte. Es war noch nicht zu sehen, nicht zu greifen, aber sehr wohl zu hören. Diese hohen, schrillen Stimmen, die Stimmen der Kinder, die am Heiligen Abend des Jahres 1786 zu diesem Teich gingen, um die Opfer eines Mächtigen zu werden, dem mein Ahnherr diente. Der Satan wollte die Kinder haben. Er wollte ein Zeichen setzen. Einen Gegenpol, denn an diesem Tag wurde jemand geboren, den er haßte, und er wollte das Gegenteil von dem erreichen. Er hat es erreicht, aber er hat die Seelen der Kinder
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