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0992 - Der Judasbaum

0992 - Der Judasbaum

Titel: 0992 - Der Judasbaum
Autoren: Jason Dark
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mir.
    Weit konnte er nicht kommen, weil die Kirchenmauer eine Grenze, ein Hindernis, darstellte.
    Rechts neben der Tür wurde er von der Mauer gestoppt. Er ging leicht in die Knie wie jemand, der eine schwere Last zu tragen hatte und sie nicht mehr still erdulden konnte, denn über seine Lippen drang ein tiefes und schreckliches Stöhnen.
    Und dann passierte das, womit ich schon früher gerechnet hatte.
    Die Blasen an seiner linken Gesichtshälfte platzten plötzlich auf, als hätte jemand in sie hineingepustet. Sie waren mit einer Flüssigkeit gefüllt gewesen. Die verteilte sich nun, als wäre sie aus einem Zerstäuber entwichen, und ich sah die dunklen, fast pechschwarzen und öligen Perlen, die sich in das Fleisch hineinfraßen oder sich dort festsetzten. So genau bekam ich es nicht mit.
    Der Mann wimmerte. Seine linke Hand zuckte, doch er traute sich nicht, mit der Fläche über die malträtierte Wange zu reiben. Die Schmerzen mußten einfach zu groß sein.
    Ich hätte ihm gern geholfen, was ich kaum schaffte. So mußte ich zusehen, wie immer mehr dieser kleinen Bläschen erschienen, aufplatzten und ihre ölige Flüssigkeit verteilten.
    Sie folterte ihn. Er mußte sie spüren wie eine scharfe Säure, die ihm die Tränen in die Augen getrieben hatte.
    Ich konnte nicht länger zuschauen. Er hatte vom Satan gesprochen. Der dokumentierte das Böse, und dagegen wollte ich mit meinem Kreuz angehen.
    Diesmal holte ich es sehr schnell hervor. Es war nicht zu erkennen, ob der ehemalige Bischof dies mitbekam, da er seinen Kopf zu heftig bewegte.
    Die Distanz zu ihm hatte ich sehr schnell überwunden. Ich drückte meine Hand gegen seine rechte Schulter, damit er im Kontakt mit der Kirchenmauer blieb.
    Dann sah er mein Kreuz.
    Für einem Moment verzerrte sich sein Gesicht. Ob aus Angst oder Überraschung war nicht feststellbar, aber es berührte einen Moment später seine Haut, wobei ich hoffte, daß ich ihn nicht tötete, und sein Gesicht dabei vollends zerstörte.
    Das trat nicht ein.
    Es blieb normal.
    Es passierte überhaupt nichts, was mich tief enttäuschte und mich zugleich erkennen ließ, daß dieser Fall doch komplizierter war, als ich es mir vorgestellt hatte…
    ***
    Ich mußte den ehemaligen Bischof festhalten, denn von allein hätte er nicht auf den Füßen bleiben können. Er zitterte und hatte mir dabei unfreiwillig seine linke Seite zugewandt, aus der noch immer die teerartige Brühe hinabrann.
    Das Kreuz hatte ich wieder verschwinden lassen. Hier brachte es mir nichts, und ich war davon nicht begeistert. Herr Schneider hatte vom Satan gesprochen. Das konnte ich nicht unterstützen, es war mehr seine Version des Bösen oder des Satans gewesen, nichts anderes.
    Auch ich hatte weiche Knie bekommen, aber ich riß mich zusammen, fing den wimmernden Mann ab und brachte ihn zu meinem Wagen. Dort schaffte, ich es, ihn auf den Beifahrersitz zu plazieren.
    Papiertaschentücher lagen im Handschuhfach. Ich nutzte den Service aus und tupfte mit einem Taschentuch über die veränderte Wange hinweg, schaute mir das Tuch dann näher an und starrte gegen die dunkle und wirklich ölige Flüssigkeit, die von den Fasern aufgesaugt wurde.
    Ich kam damit nicht zurecht. Ich roch an der Flüssigkeit. Zuerst nahm ich nichts wahr, dann aber kam mir der Geruch wirklich vor, als bestünde er aus verschiedenen Mischungen.
    Zum einen erinnerte er mich an den Gestank verfaulender Pflanzen, zum anderen an den eines Öls oder Erdöls. Ich hatte ihn vor Jahren einmal wahrgenommen, als ich gegen ein Ölmonster kämpfte.
    Öl…
    Darüber mußte ich einfach nachdenken, und meine Gedanken bewegten sich automatisch in eine bestimmte Richtung. War es möglich, daß es hier so etwas wie ein satanisches Ölmonster gab und der Bischof es kontaktiert hatte?
    Es waren wilde Gedanken und Vermutungen. Durch nichts bewiesen, aber aus meinem Kopf wollten sie einfach nicht verschwinden.
    Hier war etwas präsent, das mit Öl oder einem dämonischen Umfeld durchaus etwas zu tun haben konnte.
    Erdöl hatte sich in all den Millionen von Jahren ebenso aus Pflanzen gebildet, wie Kohle. Es war ein Produkt der Umwelt, und die Menschen waren dabei, diese Umwelt zu zerstören.
    Auf der anderen Seite allerdings gab es noch einen Gegenpol.
    Einen Dämon, der Mandragoro hieß, den ich als einen Umwelt-Dämon ansah. Oft genug hatte ich ihm gegenübergestanden, und wir waren nicht immer Freunde gewesen, aber wir hatten gelernt, uns zu akzeptieren, obwohl Mandragoro sich
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