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099 - Der steinerne Gott

099 - Der steinerne Gott

Titel: 099 - Der steinerne Gott
Autoren: Dämonenkiller
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vor. „Ich bin mit Hermons Magie nicht vertraut. Ich kenne mich im Tempel nicht aus. Wie soll ich mich ernähren? Ich werde verhungern."
    „Deswegen machen Sie sich keine Sorgen, Hunter", antwortete Grettirs körperlose Stimme. „Es ist an alles gedacht. Sie werden nach und nach die Einrichtungen des Tempels kennenlernen, bis Sie alle Geheimnisse ergründet haben. Das dauert natürlich seine Zeit. Sie müssen Geduld haben."
    „Wie lange werde ich brauchen?" fragte Dorian, während er die Halle verließ. Er gab sich der trügerischen Hoffnung hin, daß er Grettir fand, wenn er der Richtung folgte, aus der die Stimme kam. Aber sie schien von überall herzukommen. Dennoch versuchte er, den Alten hinzuhalten.
    „Das kommt auf Sie an."
    Dorian kam in den Korridor, wo Gunnarsson sich selbst vernichtet hatte. Der Dämonenkiller machte um den Ys-Spiegel einen Bogen. Er wollte ihn nicht anrühren.
    „Haben Sie schon vorher gewußt, daß Coco mich töten wird?" fragte Dorian.
    „Sie etwa nicht?" fragte der Alte zurück. „Der Hermaphrodit Phillip und der Faust-Geist haben die Bluttat doch angekündigt."
    „Das haben Sie geschickt eingefädelt, Grettir."
    „Es mußte sein. Alle Welt muß glauben, daß Dorian Hunter tot ist. Niemand darf wissen, daß Sie Hermes Trismegistos sind."
    „Und Unga?"
    Dorian kam zu einer Treppe, die in die Tiefe führte. Er hastete sie hinunter, kam zu einem Treppenabsatz - und von da ab führten die Stufen wieder hinauf.
    „Unga hat Gunnarssons Anwesen übernommen", antwortete Grettir. „Er wird Ihr Diener sein, Ihr verlängerter Arm - Ihr Außenposten, wenn Sie wollen. Zumindest, solange Sie den Tempel nicht verlassen können. Hunter?"
    „Ja."
    „Ich gebe Ihnen einen freundschaftlichen Rat. Versuchen Sie nicht, aus dem Tempel zu fliehen! Es gibt keine Fluchtmöglichkeit für Sie. Glauben Sie mir. Ich kann mir vorstellen, was in Ihnen vorgeht. Aber es ist besser, wenn Sie sich mit Ihrer Lage abfinden. Es wird nicht allzulange dauern, dann werden Sie zur Einsicht kommen. Und dann stehen Ihnen alle Tore in die Welt offen. Aber wie gesagt, das hängt von Ihnen ab. Solange Sie nicht bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen, werden Sie ein Gefangener sein."
    Dorian hastete durch die Gänge, wandte sich mal nach links, dann wieder auf die andere Seite. Er durcheilte den Tempel kreuz und quer. Doch er fand von dem Alten keine Spur, wenngleich er seine Stimme immer in derselben Lautstärke hörte.
    „Beherzigen Sie meinen Rat! Ich spreche aus Erfahrung, Hunter. So, jetzt muß ich Sie aber verlassen - Hermes Trismegistos."
    In Dorians Ohren klang das wie Hohn.
    „Grettir, bleiben Sie!" rief er verzweifelt.
    Er bekam keine Antwort mehr.
    „Grettir!"
    Er war allein. Lebendig begraben. Der Tempel war für ihn zu einem gewaltigen Mausoleum geworden.

    Dorian wußte nicht mehr, wie lange er durch das Labyrinth des Tempels gewandert war. Es mochten Stunden oder auch Tage vergangen sein. Er besaß kein Zeitgefühl. Und er fühlte sich schwach. Irgendwann stolperte er förmlich über den Ys-Spiegel. Er wollte ihm schon einen Tritt versetzen, doch dann besann er sich anders. Irgendwo in einem Winkel seines Gehirns keimte eine Idee. Er nahm den Spiegel an sich und hängte ihn sich um. Sofort fühlte er sich besser. Der Spiegel lud ihn mit seinen geheimnisvollen Kräften auf, stärkte ihn. Und er konnte auch wieder klarer denken. Vielleicht konnte ihm der Spiegel auch sonst helfen?
    Natürlich! Das konnte die Rettung sein.
    Er erreichte die Tempelhalle mit dem Marmortisch in der Mitte und den wie Bücher aneinandergereihten beschrifteten Steinfliesen. Wenn er sich die Mühe machen würde, diese steinernen Bücher zu zählen, würde er auf die Zahl 36 225 kommen, dessen war er sicher. Denn so viele Bücher hatte Hermes Trismegistos geschrieben.
    Aber das war jetzt unwichtig.
    Er setzte sich in den Thron und starrte auf die Spiegelfläche. Wenn er sich ganz fest auf Coco oder einen seiner Freunde konzentrierte, würde es ihm vielleicht gelingen, über den Spiegel mit ihm in Gedankenkontakt zu treten. Der Hermaphrodit Phillip müßte eigentlich ein geeignetes Medium sein. Dorian dachte intensiv an ihn und starrte dabei auf die Spiegelfläche. Nichts passierte. Er konzentrierte sich noch mehr, dachte aber nun nicht mehr speziell an Phillip, seine Gedanken wanderten zu den anderen Freunden ab. Wenn er nur irgendeinen von ihnen erreichen könnte! Dann würde er ihm sagen, daß er gar nicht tot war. Er
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