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099 - Der steinerne Gott

099 - Der steinerne Gott

Titel: 099 - Der steinerne Gott
Autoren: Dämonenkiller
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von uns träumen lassen."
    „Das ist wahr", sagte Dorian. Er beobachtete den Isländer gelassen, der ihn umschlich wie ein Raubtier seine Beute. „Hätte ich gewußt, was wirklich auf dem Spiel steht, hätte ich die Finger davongelassen. Diese Sache ist mir um eine Nummer zu groß."
    Der Isländer lachte. „Das habe ich Ihnen schon immer gesagt, Dorian. Aber Sie wollten mir ja nicht glauben. Jetzt kommt Ihre Einsicht zu spät."
    „Es ist nie zu spät."
    Dorian stieß sich vom Tisch ab und ging auf den Ausgang zu.
    „Halt!" rief Gunnarsson ihm nach. „Wohin wollen Sie?"
    „Ich werde den Tempel verlassen", sagte Dorian ruhig. Er machte eine Handbewegung, die den ganzen Tempel einschließen sollte. „Das alles gehört Ihnen., Gunnarsson. Ich verzichte freiwillig. Sie dürfen Hermes Trismegistos sein."
    „So einfach geht das nicht." Gunnarsson kam auf seine Höhe, hielt aber einen angemessenen Abstand. Er betrachtete Dorian mißtrauisch. „Was soll denn das nun wieder? Was führen Sie im Schilde, Dämonenkiller?"
    „Ich meine es so, wie ich es sagte. Grettir hat mir die Augen geöffnet. Ich möchte die Macht nicht mit meiner Freiheit bezahlen. Ich fühle mich nicht dazu berufen, ein einsamer Gott zu sein. Es ist die Wahrheit, Magnus."
    „So, so." Gunnarsson schüttelte grinsend den Kopf. „Sie wollen mir einreden, daß Sie nach all den Mühen und Strapazen, die Sie auf sich genommen haben, nun, so nahe dem Ziel, nicht mehr weitermachen wollen? Das können Sie mir nicht erzählen."
    „Dann eben nicht."
    Dorian hob die Schultern und verließ den Raum. Er hatte im Korridor noch keine fünf Schritte zurückgelegt, da tauchte auch schon Gunnarsson auf.
    „Dorian!" rief er. „Sie kommen aus dem Tempel nicht raus. Es gibt kein Zurück mehr. Sie können sich vor der Entscheidung nicht drücken."
    „Sie haben die Spielregeln nicht erfunden, Magnus", sagte Dorian über die Schulter. „Und noch haben Sie hier nicht zu bestimmen. Ich bin sicher, daß Grettir mich gehen lassen wird."
    „Grettir ist so ein Schwächling wie Sie!" schrie Gunnarsson mit sich überschlagender Stimme. „Wenn ich erst Hermes Trismegistos bin, dann wird sich einiges ändern. Ich werde die Welt neu gestalten. Ja, ich werde Hermons Traum von einer Erde ohne Dämonen wahrmachen. Ich werde das Böse mit Stumpf und Stiel ausrotten."
    „Meinen Segen haben Sie, Magnus."
    Dorian hatte keine Lust, sich mit dem Isländer auf eine weitere Diskussion einzulassen. Er wollte so rasch wie möglich von hier fort. Coco erwartete ihn bei Gunnarssons Gehöft. Ja, Coco! Er konnte sich ein Leben ohne sie nicht vorstellen. Er brauchte sie und die vielen kleinen Freuden ebenso, wie er auch die unscheinbaren menschlichen Sorgen und Nöte nicht missen wollte. Das war sein Leben. Seine Welt war nicht ein Tempel. Er brauchte keinen so großen Horizont, der in andere Dimensionen und bis in die Ewigkeit reichte. Denn er befürchtete, daß er dann die am nächsten liegenden Dinge übersah.
    Er war Grettir dankbar, daß er ihm das bewußt gemacht hatte.
    Dorian kam in einen Quergang. Er betrat ihn. Da tauchte vor ihm Gunnarsson auf.
    „Was wollen Sie denn noch, Hermes Trismegistos?" fragte Dorian den Isländer.
    „Sie scheinen tatsächlich verrückt genug zu sein, auf die Macht zu verzichten", meinte Gunnarsson kichernd. „Meinetwegen. Wenn Grettir Sie gehen lassen will, soll er es tun. Aber ich gebe mich nicht mit halben Sachen zufrieden. Sie akzeptieren mich also als Hermes Trismegistos?"
    „Jawohl."
    „Dann geben Sie mir auch, was Hermon gehört!" verlangte der Isländer.
    „Ich verstehe nicht."
    „Den Ys-Spiegel!" rief Gunnarsson. „Der Spiegel hat einst Hermon gehört. Ich will ihn wiederhaben. Wenn ich Hermes Trismegistos werde, möchte ich auch im Besitz all seiner Machtmittel sein. Und der Ys-Spiegel ist eine zu ultimate Waffe, als daß ich darauf verzichten möchte."
    Dorian öffnete das Hemd, nahm den Spiegel ab, den er an einer Kette um den Hals trug, und hielt ihn abwägend in der Hand.
    „Ich könnte auf den Spiegel verzichten, Magnus", sagte er nachdenklich. „Wirklich, ich brauche ihn nicht als Machtmittel. Ich weiß inzwischen, daß ich einige Tage ohne ihn sein kann. Vielleicht hat er sich inzwischen so weit mit meinen Schwingungen aufgeladen, daß ich sogar für den Rest meines Lebens nicht mehr den körperlichen Kontakt brauche. Aber wenn eine andere Person eine Symbiose mit dem Spiegel eingeht, muß ich sterben, Magnus"
    Der Isländer
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