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099 - Das Hochhaus der Vampire

099 - Das Hochhaus der Vampire

Titel: 099 - Das Hochhaus der Vampire
Autoren: Thomas B. Davies
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sie wird nicht lange schmollen. Kommen Sie gleich in die Werkstatt!“
    Er führte sie durch einen engen Korridor in den rückwärtigen Teil des Hauses, stieß eine Tür auf und machte die Lampen in einem überraschend geräumigen Atelier an. Ann blickte sich um und sah eine ganze Sammlung von handgeschmiedeten Leuchtern, Altarkreuzen und anderen liturgischen Gegenständen aus Metall.
    „Sehen Sie sich nur um, Miß“, sagte der junge Schmied. „Das habe ich alles selbst gemacht. Bitte, Professor, nehmen Sie Platz. Etwas zu trinken?“
    Davidson nickte: „Ja, gern!“
    Peter rief etwas in den Flur hinaus, und wenig später kam Mary, seine Frau, mit einem Tablett herein, auf dem geschliffene Römer und eine Flasche Wein standen. Davidson begrüßte Mary herzlich. Sie hatte ihre Enttäuschung wegen des verlorenen Tanzabends schon überwunden und verschwand, nachdem sie Ann und dem Professor zugetrunken hatte.
    „Worum geht es diesmal?“ fragte der Kunstschmied.
    „Der chaldäische Skarabäus“, sagte Davidson. „Aus Gold, und so groß wie möglich.“
    Peter kratzte sich am Hinterkopf.
    „Und am liebsten hätten Sie ihn aus dem Gold einer geweihten Monstranz, wie?“ fragte er. „Schwierig, sehr schwierig. Wir wollen sehen.“
    Er ging im Atelier umher und dachte nach. Mit dem Fuß stieß er einen Stapel zerbrochener Schmiedestücke auseinander und hob etwas auf.
    „Das könnte taugen“, sagte er und wog das Stück in der Hand. „Aber nein, es geht nicht, es ist Inkagold. Da ist das mit dem Stempel der Südafrikanischen Union fast noch besser. Aber hier habe ich etwas, Professor, Gold aus Deutschland, aus den Silberbergwerken im Harz. Es gibt nur sehr, sehr wenig davon. Aber es ist alt genug, um für einen chaldäischen Skarabäus zu passen. Genügt es, wenn er ungefähr handgroß wird?“
    „Ich denke schon, Peter. Es kommt ja nicht nur auf die Größe an, sondern gleichermaßen auch auf das Material.“
    „Ich weiß“, nickte der Schmied. „Versuchen wir es hiermit. Zu Mitternacht muß er fertig sein, nicht wahr?“
    „Womöglich noch etwas früher. Mit dem Glockenschlag zwölf brauche ich ihn an Ort und Stelle, und das ist außerhalb der Stadt!“
    „Dann wollen wir auch keine Zeit verlieren.“ Peter trat an seinen Werktisch und stellte ein paar Brenner kreisförmig auf. Er schloß sie mit Schläuchen an Gasflaschen an und entzündete die Flammen, die er zu fauchenden, bläulichen Kegeln regulierte. Ein kleines Dreibein setzte er in die Mitte und darauf eine Schale aus feuerfestem Material, so daß sie von allen Seiten von den Feuerzungen beleckt wurde. Mit einem Hammer zerschlug er, was er von dem Gold brauchte. Die Klumpen warf er in die Schale.
    „Würden Sie sich bitte dort hinten auf den Stuhl setzen, Miß?“ bat er. Sie gehorchte, wandte aber den Blick nicht von den Flammen. Sie sah, wie Peter dem Professor zunickte. Die beiden Männer traten an den Werktisch. Sie stellten sich einander gegenüber und reichten sich die Hände, so daß ihre Arme einen Ring um das Gefäß bildeten. Davidson begann leise einen lateinischen Text zu sprechen. Der Schmied antwortete in derselben Sprache. Davidson fuhr fort, und in schnellem Wechsel erklang nun die fremdartige Litanei durch das Fauchen der Schmelzbrenner hindurch, bis Davidson auf einmal verstummte und mit einem Ruck die Verbindung ihrer Hände löste.
    „Ich glaube auch, es ist genug“, sagte Peter. „Für die Form brauche ich Sie nicht. Sie ist noch von damals in Ordnung, ich habe sie nicht zu anderem benutzt.“
    Davidson kam auf Ann zu und setzte sich neben sie.
    „Haben Sie die Worte verstanden?“ fragte er. Sie schüttelte den Kopf.
    „Es ist ein lateinischer Dialog des Templer-Ordens. Die alten Templer haben sich intensiv mit der Metallbehandlung beschäftigt. Nicht mit der Goldherstellung, sondern mit der Veredlung.“
    „Auf magische Weise?“ fragte Ann, and obwohl sie es nicht wollte, klang ein wenig Skepsis in ihren Worten mit. Aber Davidson nahm es nicht übel.
    „Ja, so würden wir heute sagen. Aber selbst wenn etwas Übernatürliches dabei sein sollte, so kommt es doch allein auf die Wirkung an. Sie halten doch sicher die Leute in unseren Stahlwerken für nüchtern, nicht wahr?“
    „Zumindest kalkulieren sie wohl mehr mit dem Rechenschieber als mit den magischen Zahlen des Nostradamus“, sagte Ann.
    „Sieh an“, wunderte sich Davidson, „den Nostradamus kennen Sie also? Nun, in einer Beziehung irren Sie, Ann. Bei
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