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0986 - In den Fängen der Nacht

0986 - In den Fängen der Nacht

Titel: 0986 - In den Fängen der Nacht
Autoren: Jason Dark
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innen. Geräuschlos. Und dann geschah es. Der Gestank raubte mir den Atem.
    Er war so intensiv, daß ich für einen Moment die Augen schloß und nicht in den anderen Raum hineinschaute. Ich war einfach zu stark überrascht worden.
    Ein Gefühl, das ich nicht beschreiben konnte, nahm mich gefangen. Es setzte sich in der Kehle fest, sorgte für ein Würgen, und vor meinem geistigen Auge entstand das Bild einer großen Leichenhalle, in der die Toten nicht in Särgen lagen, sondern schon seit Tagen auf dem Boden, wo sie vermoderten.
    Ich versuchte, den Gestank zu ignorieren und konzentrierte mich.
    Deshalb öffnete ich die Augen wieder. Ich sah sofort, was hier ablief.
    Das Licht war schwach. In dem Raum stand ein altes Metallbett, und darauf hatte jemand gelegen, bestimmt nicht der Mann, der mir den Rücken zudrehte, und dabei war, Leichenteile aufzuheben, um sie in einem blauen Plastiksack zu verstauen. Im ersten Moment hatte ich an menschliche Überreste gedacht, das traf glücklicherweise nicht zu, denn zerrissene oder angefressene Kadaver von Hunden und Katzen landeten in dem Sack. Auf dem Boden- schimmerten große Flecken, die Reste von Blut und anderen Körperflüssigkeiten.
    Es war Irvin Falaise, der hier »arbeitete«. Und er war so in sein Tun vertieft, daß er mich nicht bemerkte. Er hatte nicht mal mitbekommen, daß hinter ihm die Tür geöffnet worden war.
    Ich hatte Zeit und wartete deshalb ab. Der Hotelier schimpfte. Die Worte verstand ich kaum. Aber er schien es leid zu sein, den Diener zu spielen.
    Diener? Für wen?
    Ich würde ihn fragen, und öffnete die Tür jetzt ganz. Gewöhnt hatte ich mich an den Gestank nicht, aber ich war jetzt bereit, ihn zu akzeptieren. Es gab keinen, der hier gelüftet oder ein Deo gesprüht hätte. So öffnete ich die Tür weiter. Obwohl ich weiterhin kein Geräusch vernahm und auch der Hotelier nichts hören konnte, war ihm doch etwas aufgefallen. Er stand gebückt da und wollte einen Fellklumpen anheben, als er nicht mehr zugriff und in seiner nach vorn gedrückten Haltung verharrte.
    Er drehte sich nicht um. So wie er aussah, war er noch nicht sicher und lauschte.
    Ich zog die Tür jetzt so weit wie möglich auf, trat hörbar auf und sprach mit leiser Stimme den Namen des Mannes aus. »Mr. Falaise…?«
    Der Hotelier rührte sich nicht. Er brachte nur einen Laut hervor, der sich wie ein Würgen anhörte, ansonsten blieb er in seiner gebückten Haltung.
    Ich stand einen Schritt von der Tür und fragte: »Haben Sie mich nicht gehört?«
    Der Mann stöhnte auf, bevor er sich endlich bewegte und in die Höhe stemmte. Dabei rutschte seine linke Hand vom Plastiksack ab. Das dünne Zeug knisterte noch nach. Langsam drehte er sich um.
    Das Licht war gut genug, um sein Gesicht sehen zu lassen. Um den Mund herum lag ein Ausdruck des Ekels. Die Augen sahen groß und sehr erschreckt aus, aber der Blick änderte sich sehr bald, als er mich erkannte. Er wirkte irgendwie verschlagen, als wüßte der Hotelier genau über mich Bescheid.
    »Was wollen Sie?«
    Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Eigentlich hatte ich mit Ihnen über ein anderes Thema reden wollen. Nun aber interessiert mich doch, was Sie hier tun.« Ich schüttelte den Kopf. »Sammeln Sie hier irgendwelche Tierkadaver ein?«
    Er schnappte nach Luft oder atmete tief ein, trotz der miesen Luft. Es war ihm und auch mir egal.
    Dann sagte er nur ein Wort. »Raus!«
    »Nein!«
    Ich hatte ihm mit der einen Antwort zu verstehen gegeben, was ich von seiner Anordnung hielt.
    Der Hotelier war überrascht. So dauerte es einige Sekunden, bis er sich gefangen hatte. »Verschwinden Sie hier, Sinclair! Sie haben hier nichts zu suchen. Das ist einzig und allein meine Privatsache, was ich wegräume oder in einen Plastiksack verstaue.«
    »Im Prinzip haben Sie recht. Das sollte man auch meinen. Nur ist es schon recht ungewöhnlich, wenn ein Mensch tote Tiere in einen Müllsack steckt, wobei die Tiere noch aussehen, als wären sie angefressen oder halb zerhackt worden.«
    »Das ist alles mein Problem.«
    Es mochte wohl sein, nur ließ ich trotzdem nicht locker. »Haben Sie die Hunde und Katzen so zugerichtet?«
    »Das geht Sie einen Scheißdreck an!«
    Ich überhörte wieder die Antwort und deutete an ihm vorbei auf das Bett. »Oder ist dieser Raum auch Ihr Schlafzimmer? Ich kann mir kaum vorstellen, daß jemand bei diesem Gestank noch Schlaf findet. Es sei denn, er ist daran gewöhnt, oder er ernährt sich von dem Fleisch der getöteten
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