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0978 - In den Ruinen von London

0978 - In den Ruinen von London

Titel: 0978 - In den Ruinen von London
Autoren: Adrian Doyle
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Regenbogenblumen zum Château versetzen.
    Der neuerliche Transfer verlief störungsfrei.
     
    3.
    London, 2010
    Linda Bird schwankte und ließ den Feuerlöscher fallen. Sie hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, keinen Halt mehr zu finden. Gleich, dachte sie, gleich verschwinde ich in einem tiefen Loch!
    Sie hielt sich am Türrahmen fest, um nicht zu fallen. Carries Worte hallten wie das Echo eines Kometeneinschlags in ihr nach.
    Ohne zu ihm zu gehen, wusste sie, dass Nigel tot war.
    Dieser verdammte Hundesohn!
    Sie hatte ihn schon eine ganze Weile gehasst, aber dass er ausgerechnet hierher gekommen war, um zu sterben, konnte sie ihm überhaupt nicht verzeihen.
    Sie merkte nicht, wie ihre Emotionen ihre Gedanken vergifteten. Und nicht nur ihre Emotionen. Da war etwas, das sie nicht hätte benennen können und das auch vor Nigels Auf kreuzen nicht spürbar gewesen war.
    »Mum!«
    Carrie hatte sich von ihrem Vater gelöst und kam auf Linda zu.
    »Mum, nimm das Blatt!« Sie hielt es ihr entgegen.
    Linda schrie auf. Der Gedanke, etwas, das gerade noch das Gesicht eines Toten berührt hatte, in die Hand zu nehmen, stieß sie ab. »Nimm das weg!«, herrschte sie ihre Tochter an. »Carrie, Kind, nimm das sofort weg!«
    »Aber…«
    Linda taumelte rückwärts, dann warf sie sich herum und eilte durch den Flur zur Haustür hinaus.
    Sie konnte die Flucht - nichts anderes war es - nicht stoppen, obwohl sie gleichzeitig auch Carrie nicht allein im Haus mit dem Leichnam ihres Dads zurücklassen wollte. Aber das, was sie fortzurennen zwang, war stärker.
    Draußen stand Nigels Wagen, ein Mini Cooper, Modell Clubman Hampton, das er sich erst nach der Trennung zugelegt hatte.
    Um sich noch mal jung zu fühlen, dieses Aas!
    Linda steuerte darauf zu. Die Fahrertür war unverschlossen, der Zündschlüssel steckte - eine Unart, die Linda ihrem Verflossenen nie hatte austreiben können.
    Sie warf die Wagentür hinter sich zu, startete den Motor, stieß rückwärts und wendete in dem Hortensienbeet, mit dem sich ihre Mutter immer so viel Mühe gegeben hatte.
    Linda achtete nicht darauf. Weg! Nur weg!, dachte sie.
    Oder… war das gar nicht sie?
    Ihr Kopf drohte zu zerspringen - so, als hätte etwas begonnen, sich in ihr Gehirn zu wühlen.
    ***
    Carrie blickte ihrer Mum verstört hinterher.
    Noch verstörter sah sie von der Tür aus zu, wie ihre Mum in das Auto von Carries Dad stieg und wenig später mit Vollgas die schmale Zufahrtsstraße hinunterraste.
    Als der Wagen verschwunden war, achtete Carrie auch wieder auf andere Geräusche. Die Sirenen waren zahlreicher geworden. Von manchen Stellen der Stadt aus stiegen Rauchsäulen auf. Ein Flugzeug setzte zur Landung an, und während Carrie ihm dabei zusah, hatte sie das Gefühl, es vor ihren Augen verschwimmen zu sehen.
    »Geh wieder ins Haus«, sagte die Blüte, die sie aus dem versteckten Blumenbeet mitgebracht hatte. Carrie hielt sie immer noch fest. Sie schimmerte jetzt lackschwarz, und ein bisschen von der Schwärze hatte auf Carries Hand abgefärbt. So sah es jedenfalls aus.
    Carrie beunruhigte es nicht. »Ins Haus?«, gab sie zurück.
    Ihr seltsames Abbild auf dem Blatt bewegte die Lippen, flötete: »Du solltest dich um deinen Dad kümmern. Er kann nicht so liegen bleiben.«
    »Ist er… ist er tot?«
    »Was denkst du denn?«
    Carrie weinte. Dass sie nicht verzweifelte, nachdem auch noch ihre Mum sie einfach allein gelassen hatte, war nur dem tröstenden Ding zu verdanken, das sie in der Hand hielt.
    ***
    Den ganzen restlichen Tag wartete Carrie darauf, dass ihre Mum zurückkehrte.
    Doch sie wartete vergeblich.
    Irgendwo in der Stadt, nahe der Themse, geschah etwas Verrücktes: Vom Garten des Cottages aus konnte Carrie die Stadt überblicken, und da sie gerade dabei war, ein Loch auszuheben, musste sie etwas mit ansehen, das ganz ähnlich auch in ihrem Lieblingsmärchen beschrieben wurde, in Jack and the Beanstalk.
    Nur war es hier keine Bohnenranke, die sich bis in den Himmel schraubte, sondern…
    ... ein Baum!
    Ein Baum, der so schnell wuchs, dass Carrie ihm dabei Zusehen konnte.
    Sie war so gebannt, dass sie vergaß, weiter zu graben.
    Doch das Blütenblatt erinnerte sie wieder daran. »Du kannst ihn dir später noch betrachten«, sagte es. »Er wird nicht verschwinden. Aber er sollte das.« Der Kopf, der sich in der Schwärze spiegelte, nickte in Richtung des Toten, den Carrie mühsam aus dem Haus geschleift hatte.
    Carrie wischte sich den Schweiß von der
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