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0975 - Die zweite Welle

Titel: 0975 - Die zweite Welle
Autoren: Unbekannt
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Weg machen", sagte Ottarsk trotzdem. „Je früher wir hinauskommen, desto mehr werden wir fangen."
    Er begab sich mit dem Jungen zu den Parkplätzen auf der obersten Terrasse und ignorierte dabei konsequent jedes dunkle Stück Beton, das sich seinen Blicken darbot. Dabei spürte er eine Gänsehaut auf seinem Rücken. Von Minute zu Minute schien ihm der Trichterbau häßlicher zu werden.
    Auch die Parkfläche hatte sich dunkel verfärbt. Irbonth öffnete den Mund, als wolle er eine Frage stellen, ließ es dann aber doch bleiben. Ottarsk war dem Jungen dankbar dafür. Er hätte nicht gewußt, welche Antwort er dem Enkel geben sollte.
    Ottarsk ließ den Gleiter schräg in den Himmel schießen. Er vermied es, einen Blick nach unten zu werfen, denn er fürchtete sich vor dem, was er dann sehen würde.
    Irbonth dagegen beugte sich vor und betrachtete neugierig die Stadt.
    „Es sieht alles so anders aus!" sagte er plötzlich. „Warum sind alle Trichterbauten so dunkel geworden?"
    „Alle?" fragte Ottarsk entgeistert.
    Er drosselte die Geschwindigkeit und blickte nach unten.
    Noch am Tag zuvor war Gostabaar eine der schönsten Städte gewesen, die es in diesem Gebiet des Sternhaufens gab, ein riesiger, herrlicher Park, aus dem sich die weiß schimmernden Trichterbauten erhoben, und jetzt glaubte Ottarsk sich in einen fremdartigen Dschungel versetzt, in dem häßliche, braunschwarze Riesenpilze wucherten.
    Entsetzt starrte er auf dieses bedrohliche Bild und merkte gar nicht, daß der Gleiter mit zunehmender Geschwindigkeit auf eines der Gebäude zuraste. Erst Irbonths Stimme brachte ihn wieder zur Besinnung. Er änderte den Kurs, aber es war fast zu spät, und der Gleiter streifte eine Mauerkante.
    „Halte dich fest!" schrie Ottarsk Aber die erwartete heftige Reaktion des Gleiters blieb aus. Verwundert bremste Ottarsk und kehrte in einer engen Schleife zu dern Trichterbau zurück.
    In der Mauerkante klaffte eine Lücke, die es vorher nicht dort gegeben hatte. Es gab für Ottarsk gar keinen Zweifel mehr: Der Schaden war entstanden, als er die Mauerkante gestreift hatte.
    Er wandte sich an Irbonth.
    „Hör zu, mein Junge", sagte er bedauernd, „wir müssen unseren Ausflug verschieben. Irgend etwas stimmt mit den Trichterbauten nicht, das hast du sicher selbst schon bemerkt. Wir fliegen jetzt zu unserem ..."
    Ein nie zuvor gehörter Laut ließ ihn mitten im Satz verstummen.
    Etwas stöhnte laut auf. Ein Seufzen folgte, und dann war es, als hörte man von weit her einen Chor von Stimmen. Ein auf- und abschwellendes Summen erfüllte die Luft und verschmolz zu einer monotonen Melodie.
    „Was ist das?" rief Irbonth ängstlich. „Es hört sich so unheimlich an. Ich will weg von hier!"
    „Sei still!" befahl Ottarsk grob.
    Er brachte den offenen Gleiter bis dicht an die Mauerkante heran. Je näher er kam, desto deutlicher hörte er die geisterhaften Stimmen. Schließlich war er sich seiner Sache sicher: Das Gebäude selbst produzierte die Töne.
    Zögernd streckte er die Hand aus. Er scheute davor zurück, den summenden und seufzenden Beton zu berühren, aber er zwang sich, fest zuzufassen.
    Wieder erklang das grauenhafte Stöhnen. Und dann bröckelte der Beton unter seiner Hand weg.
    Erschrocken betrachtete Ottarsk seine Finger. Ein paar feine Sandkörner hafteten noch daran.
    Ottarsk blieb sekundenlang ganz still sitzen. Dann brachte er den Gleiter aus der gefährlichen Nähe der Mauer weg und raste mit Höchstgeschwindigkeit los. Er nahm Kurs auf das Haus des Stadtmaurers. Die ganze Zeit hindurch hörte er das leise Seufzen und die feinen, summenden Stimmen. Zuerst dachte er, es sei nur Einbildung und eine Folge dessen, was er gerade erlebt hatte. Aber dann;: begriff er, daß das Geräusch wirklich vorhanden war.
    Die ganze Stadt seufzte und sang.
    Das Haus des Stadtmaurers stand im Zentrum von Gostabaar. Es war unbewohnt, und zu diesem Zeitpunkt hielt sich niemand darin auf. Aber es gab Roboter und Rechengehirne, die jedem Bürger zu jeder Tages- und Nachtzeit für Auskünfte und Eingaben zur Verfügung standen. Ottarsk landete auf der oberen Plattform, warf Irbonth einen kurzen Blick zu und bemerkte, daß der Junge verängstigt in seiner Ecke saß. Auf dem Gesicht des Kindes glitzerten Tränen.
    „Komm mit hinein", sagte Ottarsk leise. „Und hör auf zu weinen. Damit änderst du nämlich nichts."
    „Ich will hierbleiben", flüsterte Irbonth.
    Der Arkonide zögerte. Er stieg aus dem Gleiter und bemerkte erschrokken,
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