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097 - Leichenvögel

097 - Leichenvögel

Titel: 097 - Leichenvögel
Autoren: Larry Brent
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Unter vielen hundert Büchern, die George mit in unsere Ehe gebracht hatte
und die ich nur langweilig fand, gab es plötzlich etwas, das mich nicht mehr
losließ. Ich fertigte eigene Übersetzungen an, stellte fest, daß dies anhand
des Textschlüssels, den der Erblasser aufgestellt hatte, nicht viel nützte. Die
Worte mußten im Original gesprochen werden, die Geister und Dämonen einer
fernen Zeit hörten darauf. Ich vernahm Stimmen und Geräusche und schreckliche
Schreie, wenn George, dieser Trottel, außer Haus war. Ich beschwor eine Macht,
die allgegenwärtig ist, die man nur zu rufen brauchte. Rha-Ta-N’my, die Göttin
des Unheils, konnte zurückkommen, wenn man ihr das Bett auf dieser Welt
bereitete. Ich stellte meine Forderungen: Jugend, Schönheit, Unsterblichkeit.
Ich erhielt ihr Ja. Aber das alles erst viel, viel später, nachdem George schon
nicht mehr George war und als Geistervogel seine Tage und Nächte verbrachte.
Die Leute von Tonklin haben etwas geahnt. Aber wie weit sind sie von der
Wahrheit entfernt. Die ist viel schlimmer. Schlimm für all diejenigen, die es
noch erwischen wird. Denn jetzt erst werde ich richtig beginnen. Ich kenne den
Weg.«
    »Das
Spiel mit den Machten der Finsternis ist wie Russisches Roulett«, warf Larry
Brent ein.
    »Dann
stehen meine Chancen vortrefflich. Finden Sie nicht auch?«
    »Lassen
Sie die Finger davon!«
    »Dafür
bin ich schon zu weit gegangen, um jetzt noch umkehren zu können. Es würde
meinen Tod bedeuten.«
    »Er
wird es auf jeden Fall sein. Wer sich mit Rha-Ta-N’my einläßt, ist ein
Verlorener. Sie kennt nur ihre eigenen Ziele.«
    »Unsinn,
was Sie da reden! Ich brauche Rha-Ta-N’my, und sie braucht mich.«
    »Eben
darin liegt der Irrtum.«
    Larry
stand ganz dicht vor Ensebeth Mallory. Wenn er jetzt den Arm ausstreckte,
konnte er sie berühren.
    Sie
wich keinen Schritt zurück. Sie lachte leise. Es klang gefährlich. »Was immer
Sie auch im Schilde führen, unterlassen Sie es. Sie könnten mich
niederschlagen, mich verletzen, mich vielleicht sogar töten. Aber was nützte es
Ihnen? Sie würden elend zugrunde gehen. Verhungern, verdursten. Wahnsinnig
werden. Das ist kein schöner Tod.«
    Wie
konnte eine alte Frau so grausam denken? War es die Denkweise der
Dämonengöttin, mit der sie sich viele Jahre lang beschäftigt hatte?
    »Lassen
Sie mich also in Frieden! Nur ich kenne den Ausgang. Es ist kein normales Tor,
das nach draußen führt. Nur ich besitze die Schlüssel dazu.«
    »Was
hören Sie sich das Geschwätz der Alten nur so geduldig an, Mister Brent!«
begann Masters zu meutern. Er zeigte, daß er cholerisch sein konnte. »Sie soll
uns den Ausgang zeigen.«
    »Er
weiß nicht, wovon er spricht«, entgegnete Ensebeth Mallory mit dunkler Stimme,
ehe Larry etwas sagen konnte.
    »Sie
hat recht, Mister Masters. Wir sind ganz in ihrer Hand«, bestätigte XRAY-3.
    »Wenigstens
einer, der vernünftig ist. Nun, gedulden Sie sich noch ein kleines Weilchen!
Ich bringe Ihnen nachher etwas zu trinken. Danach geht es dann ganz schnell.
Sie werden den Tanz meiner Kolleginnen miterleben, und dann wird es zu Ende
sein. Ein schneller Tod – und doch keiner.«
    »Ein
Schrecken ohne Ende, ich weiß«, bemerkte Larry.
    Die
Alte trat einen Schritt zurück, machte einen weiteren nach links – und weg war
sie.
    Masters
taumelte benommen näher, stützte sich an der rauhen Felswand. »Was für ein
Unfug! Ich glaub’, ich spinne. Tanz der Kolleginnen! Ich habe doch keine Lust,
hier ein paar alte Weiber rumhopsen zu sehen. Warum haben Sie sie nicht
festgehalten, Mister Brent? Sie ist eine Mörderin. Twister sagt es, Sie sagen
es. Was sie da für ein Zeugs zusammengefaselt hat, beweist doch nur, daß sie ’nen
Knall hat. Hätten Sie sie doch gezwungen, uns den Ausgang zu zeigen!«
    »Das
hätte nichts genutzt.« Larry inspizierte sehr genau die Stelle, wo die alte
Hexe verschwunden war. Er stellte sich selbst dorthin. Morna beobachtete ihn
dabei.
    Sie
rechneten beide damit, daß X-RAY-3 auf die gleiche unkonventionelle Weise
verschwinden würde wie Ensebeth Mallory. Doch das war nicht der Fall.
    »Ich
konnte sie nicht festhalten«, fuhr X-RAY-3 fort, um auf Masters’ Bemerkungen
einzugehen. »Ich wollte etwas herausfinden. Und ich glaube, ich habe es gefunden.«
    »Sie
wissen, wie wir von hier wegkommen?«
    »Ich
hoffe, daß ich es weiß. Da müssen wir allerdings ihre Rückkehr abwarten.«
    Donald
Masters kratzte sich am Nacken. »Brat mir einer einen Storch! Jetzt
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