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0968 - Die Greise von Eden

0968 - Die Greise von Eden

Titel: 0968 - Die Greise von Eden
Autoren: Adrian Doyle
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startete den Motor.
    Nele schüttelte den Kopf. »Du verstehst nicht. Ich meine die ›Umkehr von der Umkehr‹ - wende, wir fahren nach Al Karak. Ich glaube nicht, dass wir noch einmal aufgehalten werden. Wozu hat man eine Gabe?«
    3.
    Sie durchbrachen die Sperre, ohne dass Mensch oder Material davon in Mitleidenschaft gezogen worden wären - oder man sie auch nur bemerkt hätte.
    Der Jeep glitt unter dem Einfluss von Neles übernatürlichen Kräften durch die Barriere, als sei sie eine bloße Projektion, nichts, was Substanz hatte und in der Lage gewesen wäre, Widerstand zu bieten.
    Genau genommen verhielt es sich aber so, dass der Wagen samt Insassen in einen immateriellen Zustand versetzt worden waren. Nele und Hogarth konnten sich währenddessen ganz normal weiter unterhalten - aber es drang nicht der kleinste Laut nach »draußen«. Weder ihre Stimmen noch der Motorenlärm.
    »Die Theorie kannte ich«, ächzte Hogarth, kurz nachdem sie die Sperre passiert hatten. »Aber die Praxis macht mich doch sprachlos.«
    Nele lächelte. »Dann hast du sie hiermit wiedergefunden.«
    »Was?«
    »Deine Sprache.«
    Er brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen, was sie meinte. »Sehr witzig.«
    Hogarth lenkte den Jeep durch alles, was ihnen auf der stadteinwärts führenden Straße entgegenkam oder so langsam war, dass ihr Wagen es entweder überholen - oder auch durch es hindurch gleiten musste.
    Anfangs umfuhr Hogarth solche Verkehrsteilnehmer noch, weil antrainierte Reflexe ihn dazu drängten. Doch mit der Zeit fand er Gefallen an der »barrierefreien« Fortbewegung. Er hoffte nur, dass Neles Kräfte nicht zwischenzeitlich einen Aussetzer hatten - Frontalzusammenstöße wären dann kaum noch vermeidbar gewesen.
    »Würdest du es merken, wenn deine Gabe plötzlich pausiert?«, fragte er.
    »Ich glaube nicht.«
    Er starrte sekundenlang nur auf sie, nicht auf die Straße. »Das ist jetzt nicht dein Ernst!«
    Sie lachte. »Wer weiß.«
    Zähneknirschend machte er sich bewusst, dass die durchlebten Jahrhunderte nicht folgenlos geblieben waren. Neles Humor war bisweilen schwärzer als selbst ein Brite es verkraftete.
    Der Jeep geriet aus der Fahrspur und glitt durch eines der Häuser von Al Karak wie durch eine Fata Morgana.
    Hogarth trat erschrocken auf die Bremse.
    Der Wagen kam zum Halten.
    »Du kannst doch fahren«, wandte Hogarth sich an Nele.
    Die Vielhundertjährige nickte.
    »Dann übernimm du das Steuer. Ich glaube, ich mach unter diesen Umständen lieber die Augen zu und lass mich chauffieren.«
    »Unsinn. Wir sind gleich da.«
    »Da?« Er sah sie fragend an.
    Sie lächelte, und dann war sie es, die die Augen schloss, ihn scheinbar blind durch das Gewirr der Gassen lotste.
    Bis sie, ihrem Bauchgefühl vertrauend, sagte: »Langsam. Da vorne, das sieht doch hübsch aus!«
    Ein Seitenblick überzeugte Hogarth, dass Neles Augen immer noch fest geschlossen waren.
    Na, das kann ja heiter werden , dachte er und lenkte den Jeep auf den Parkstreifen vor dem unscheinbaren Stadthotel.
    »Sind wir wieder…?«, fragte er.
    »Sichtbar?« Sie nickte, öffnete die Augen und betrachtete die Hotelfassade mit Wohlwollen. Was sie sah, gefiel ihr. In süffisantem Ton erklärte sie sodann: »Mach dir keine falschen Hoffnungen. Wenn sie nur noch ein Doppelzimmer freihaben, kommen wir woanders unter.«
    ***
    So souverän, wie sich Nele Hogarth gegenüber gab, war sie bei Weitem nicht.
    Im »Ghost-Modus« hatten ihre Sinne etwas empfangen, was ihr bis dahin entgangen war - eine Art Witterung.
    Sie verriet Paul nichts davon - noch nicht, sie wollte selbst erst sicher sein, sich nicht zu irren.
    Ist es möglich? Nach all der Zeit? Spüre ich den Nachhall seiner einstigen Anwesenheit auf jener Ebene, auf die Menschen ohne meine Fähigkeit keinen Zugriff haben?
    »Erledige du die Formalitäten«, forderte sie Hogarth auf, als sie durch die offene Tür ins kühle schattige Innere des kleinen Hotels traten. Sie kramte in ihrer Tasche. »Hier, meine Papiere.«
    Hogarth nahm sie anstandslos entgegen und steuerte die verwaiste Rezeption an.
    Nele blieb drei, vier Schritte hinter ihm zurück, trat hinter eine Säule, vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war und sie beobachtete. Und wechselte solo in jenen besonderen Zustand, der auch besondere Möglichkeiten bereithielt.
    Sie forschte mit ihren höheren Sinnen nach Anzeichen für eine Gefahr, die nicht von Menschen gemacht war. Als sie keinerlei Hinweis auf dämonische Aktivität fand,
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