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0965 - Die zweite Unendlichkeit

0965 - Die zweite Unendlichkeit

Titel: 0965 - Die zweite Unendlichkeit
Autoren: Simon Borner
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    Feuer.
    Gestank.
    Schmerz.
    Er schwebt…
    … in einem Kreis aus Körpern. Die Schwarze Familie. Sie zeigen auf ihn, anklagend. Voller Hass. So sehr er sich auch nach einem Ausweg umsieht, findet er keinen. Sie haben ihn umzingelt! LUZIFER! LUZIFER straft ihn!
    Was ist das? Ist es das, worum es hierbei geht? Um Strafe für - für das Ende der Hölle?
    Feuer.
    Gestank.
    Schmerz.
    Er schreit!
    ***
    Zamorra schrie noch, als er schon längst wieder bei Sinnen war. Als die Welt vor seinen Augen zurückgekehrt war und die Vision ihn endlich entlassen hatte. Abermals waren nur Sekundenbruchteile vergangen, doch dieses Mal hatte der »Aussetzer« ihm fast alles abverlangt, was er noch an Kraft und Selbstbeherrschung aufbringen konnte.
    Nur mit Mühe begriff er, dass die Wirklichkeit ihn wieder hatte. Er lag auf dem Boden, genau auf der Schwelle der Kammer, die sie eben hatten betreten wollen. Sie waren dorthin geeilt, weil Ellie es verlangt hatte. Ellie, die plötzlich wieder das Haus erlauscht hatte. Ellie, die von dem Haus auf Wanderschaft gedrängt worden war.
    Sie waren der Richtung gefolgt, die Ellies Lauschsinn ihnen vorgegeben hatte, doch irgendwann war das mentale Signal, dessen sie durch Zufall habhaft geworden war, wieder verstummt. Im Glauben, das Ziel ihres Weges erreicht zu haben, hatten die Gefährten kurzerhand die Tür geöffnet, vor der sie in dem Moment gestanden hatten.
    Und just, als sie in die totale Schwärze dahinter geblickt hatten, war etwas explodiert - gleich hinter der Stirn des Meisters des Übersinnlichen.
    Nicole und die Campbells hielten ihn nun, strichen ihm über die Stirn und lockerten seine Kleidung, damit er, so Nici hektisch, »Luft bekommt, mehr Luft, verdammt, er braucht Atemluft«. Kyrgon stand über ihm und sah ihn unverwandt an, als könne er sich nicht entscheiden, ob er Mitleid empfinden, Ignoranz vorschützen oder sich Sorgen machen sollte, in Zamorra eine wertvolle Waffe gegen die zerstörerischen Taten dieses grotesken Hauses zu verlieren.
    »Bi-bin wieder da«, presste der Dämonenjäger hervor. Seine Zunge fühlte sich an, als hätte er sie seit Tagen nicht bewegt. Und seine Stimme krächzte.
    Nicis Gesicht war nun ganz dicht vor dem seinen. Ihre Augen blickten ihn an, als suchte sie in seinen Pupillen den Weg in seine Seele. »Sag jetzt nicht, dass das wieder nur ein harmloser Aussetzer war, Chef«, drohte sie. »Wenn jemand aus heiterem Himmel zusammenbricht und brüllt, als wäre LUZIFER persönlich hinter ihm her, halte ich das für alles andere als harmlos.«
    Ben hielt ihm die Hand hin, um ihm aufzuhelfen, und Zamorra ergriff sie. Wie zuvor kehrten seine Kräfte so schnell zurück, wie sie verschwunden waren. »Nicht harmlos«, sagte der Professor. »Sondern aufschlussreich. Fragt mich nicht nach einer Erklärung, denn ich kann euch keine geben, aber ich glaube, ich verstehe allmählich, was ich hier soll.«
    Nici hob die Brauen und starrte ihn an, das Gesicht blankes Erstaunen. Auch Kyrgon wirkte überrascht. Die beiden Campbells, die zweifellos seine Gedanken mitbekommen hatten, nickten - wenngleich ratlos wirkend.
    »Dann erzähl mal«, forderte Nicole ihn auf.
    Und Zamorra erzählte. Von den Eindrücken, die auf ihm lasteten, seit er diesen eigenartigen Ort erreicht hatte. Den Visionen, die er nun endlich einzuordnen wusste: in die Hölle. Und von dem Gefühl, das ihm sagte, dass sie nicht - wie fälschlich von ihm angenommen - aus seinem Unterbewusstsein stammten. Nein, diese Bilder schickte ihm jemand. Das ahnte er, seit er im Keller Zeuge geworden war, wie lebendig dieses Haus war. Wie gierig nach Leben.
    Wer auch immer der Unbekannte in diesem Albtraum war, er klammerte sich an alles, was seine Existenz verlängerte. Er raubte anderen Lebewesen die ihnen verbliebenen Jahre, weil seine eigene Uhr ablief und er die Zeit nur auf diese Weise aufzuhalten vermochte.
    »Und wer ist das?«, fragte Nicole. »Das passt alles ins Bild.« Kyrgon lachte spöttisch auf, doch sie schüttelte den Kopf, als könne sie seinen Unglauben damit ausgleichen. »Haben wir nicht von Anfang an gesagt, wir suchen nach dem, der hier die Fäden in der Hand hält?«, fuhr sie fort, ebenso sehr an ihn wie an alle anderen gewandt. »Und glaubten wir nicht festgestellt zu haben, dass dieser Jemand methodisch vorgeht?«
    »Wo steckt er denn, Ihr großer Unbekannter, he?«, brauste der Finstere auf. »Wie lange will er noch warten, bis er sich zeigt? Wie viele von uns gehen noch über den
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