Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0957 - Der schwarze See

0957 - Der schwarze See

Titel: 0957 - Der schwarze See
Autoren: Andreas Balzer
Vom Netzwerk:
gelingen, in das Château einzudringen.
    Während Madame Claire mit dem logistischen Geschick eines Feldherrn die Essensvorräte rationierte und für eine wochenlange Belagerung vorkochen ließ, hatte sich William nach einem weiteren Kontrollgang durch das Château für ein paar Minuten zurückgezogen, um etwas Kraft für die kommenden Stunden zu tanken. Erschöpft legte er sich komplett angezogen auf sein Bett und schloss die Augen. Doch er war gerade eingeschlummert, als ihn ein infernalischer Krach wieder hochfahren ließ.
    Der Schotte war schlagartig wach und brauchte weniger als eine Sekunde, um sich zu orientieren. Eine dumpfe Explosion erschütterte das Château. Der Lärm der Detonation vermischte sich mit panischen Schreien, Glasklirren und einem enervierenden Geknatter, das fast so klang, als ließe jemand vor den Schlossmauern eine gewaltige Batterie Knallfrösche hochgehen.
    »Was zum…?«, murmelte William, beendete die Frage aber nicht. Selbst wenn er allein war, achtete der distinguierte Schotte peinlich darauf, sprachlich nicht über die Stränge zu schlagen. Das Fluchen überließ er lieber den Müllkutschern und den Parapsychologen.
    William sprang aus dem Bett, als auch schon die nächste Explosion das Anwesen erschütterte. Im selben Moment wurde die Tür aufgerissen und Malteser-Joe stürzte hinein.
    »Schwing deinen Arsch aus der Koje«, keuchte Gerard Fronton. »Wir werden angegriffen!«
    »Das merke ich«, keuchte der Butler, der großzügig darüber hinwegsah, dass sich der rüstige Alte im Eifer des Gefechts einer recht derben Ausdrucksweise befleißigte. »Aber das klingt nicht nach einer magischen Attacke.«
    »Da hast du verdammt recht, alter Junge«, bestätigte der ehemalige Fremdenlegionär. »Diesen Sound kenne ich nur zu gut. Das sind Maschinenpistolen und ein Granatwerfer, M203, schätze ich mal.«
    Während sie gemeinsam die Gänge entlanghasteten, kamen sie immer wieder an Dorfbewohnern vorbei, die sie verstört anstarrten.
    »Wir müssen zum Nordturm«, sagte William. »Von dort haben wir den besten Überblick.«
    »Was immer du sagst«, meinte Malteser-Joe.
    Williams Gedanken überschlugen sich, als er die Führung übernahm. Was in aller Welt geschah hier gerade? Dämonen griffen seines Wissens nie auf irdische Waffen zurück. Sie hatten gar keinen Bezug zu ihnen, da sie in ihrer Welt in der Regel höchst ineffektiv waren. Doch jetzt wurden sie offenbar von einer ganzen Armee ins Visier genommen.
    Das ergab überhaupt keinen Sinn.
    Endlich hatten sie die Spitze des Turms erreicht.
    »Gott steh uns bei«, keuchte Malteser-Joe, als er über die Brüstung starrte. Das Dorf glich einem Trümmerfeld. Mehrere Gebäude waren bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Wie viel vom Dorf wirklich zerstört war, ließ sich jedoch nicht feststellen, denn der Rauch lag immer noch wie dichter Nebel über den meisten Gebäuden.
    Doch das war nicht das Schlimmste. Was William wirklich den Angstschweiß auf die Stirn trieb, waren die sechs oder sieben Männer und Frauen, die sich locker vor dem Château verteilt hatten. Es war unmöglich zu sagen, ob es sich um getarnte Shi-Rin oder um menschliche Diener der Gestaltwandler handelte. Aber sie waren alle bis an die Zähne bewaffnet. Eine Frau hatte eine Maschinenpistole auf die Burgmauer gerichtet und bedeckte sie mit einer breiten Garbe.
    »Warum tun sie das?«, fragte William bestürzt. »Genauso gut könnten sie mit Steinen nach uns schmeißen.«
    »Reine Zermürbungstaktik«, grummelte Malteser-Joe. »Vielleicht hoffen sie, dass wir irgendwann so weichgekocht sind, dass wir freiwillig aufgeben. Und falls das nicht reicht…«, der ehemalige Soldat deutete auf einen leicht übergewichtigen Mann, der ein Sturmgewehr auf das Château richtete. Der Granatwerferaufsatz war deutlich zu erkennen. »Mit dem Baby können sie schon einiges zu Klump hauen.«
    William keuchte entsetzt auf, als der Mann die mächtige Waffe direkt auf den Nordturm richtete.
    »Runter!«, schrie Malteser-Joe. Der alte Mann hechtete auf William zu und riss ihn zu Boden. Eine heftige Explosion erschütterte den Turm, und Staub, Mörtel und Steinsplitter prasselten auf die beiden Männer herab. Da, wo sie gerade noch gestanden hatten, klaffte ein dickes Loch in der Zinne.
    »Das war knapp«, sagte Malteser-Joe. »Wir sollten besser wieder zu den anderen gehen.«
    »Ja«, murmelte William. Der Schotte war aschfahl geworden. »Das wäre vermutlich weise.«
    ***
    Nervös tigerte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher