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0956 - Die Todeszone

0956 - Die Todeszone

Titel: 0956 - Die Todeszone
Autoren: Andreas Balzer
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undurchsichtige Grün, das unvermittelt zur Ruhe kam. Dann schrie Eduardo entsetzt auf, als ihn etwas, das aussah wie der Arm eines Oktopus, umschlang und aus dem Sattel riss. Die Kugeln, die seine Kameraden auf den Angreifer abfeuerten, zerfetzten den Unglücklichen, bevor sein lebloser Körper in den Wipfeln verschwand.
    Jetzt kämpfte jeder nur noch um sein eigenes Überleben. Héctor hieb seinem Pferd die Absätze in die Seite, als es auch Ignacio erwischte. Panisch jagte sein Pferd davon. Héctor blickte sich nicht einmal um, als der ihm dicht folgende José entsetzt aufschrie und dann abrupt verstummte. Doch was immer seine Männer geholt hatte, war jetzt auch hinter ihm her. Héctor konnte hören, wie es ihm durch die Baumwipfel folgte. Es musste riesig sein.
    Und dann ergoss sich eine rote Flut über ihn. Héctor Martinez keuchte entsetzt auf, als ein Schwall von Blut, Knochen und Gedärmen auf ihn herabprasselte. Sein Pferd scheute, warf ihn ab und jagte ohne Reiter davon. Der bullige Aufseher kam hart auf dem Dschungelboden auf, doch er bemerkte den Schmerz kaum. Stöhnend richtete er sich wieder auf und wischte sich angewidert Blut und Schleim aus dem Gesicht.
    Er blickte auf und sah direkt in das Antlitz seines Gegners.
    »Das kann nicht…«, murmelte er. Es waren die letzten Worte, die er in diesem Leben sprach. Niemand hörte seine Schreie.
    ***
    Bogotá, Kolumbien, vor zwei Wochen
    »Was soll das heißen, wir haben einen ganzen Landstrich verloren?« Der stiernackige Mann in der Uniform eines kolumbianischen Generals sah Dr. Daniel Espinosa fassungslos an. Der Offizier gehörte zur Luftwaffe, deshalb war er über die dramatischen Entwicklungen der letzten Tage nur vage informiert. »Von was für einer Fläche reden wir?«
    »Etwa 2000 Quadratkilometer im Grenzgebiet der Departamentos Caquetá, Amazonas und Vaupés. Das meiste davon ist zum Glück unbewohntes Dschungelgebiet…«
    Der leicht übergewichtige Mittvierziger am Rednerpult wischte sich fahrig den Schweiß von der kahlen Stirn und blickte unglücklich auf die Ansammlung einiger der mächtigsten Männer des Landes, die den Biophysiker anstarrten, als habe er gerade erklärt, die Außerirdischen seien gelandet und hätten sich dafür ausgerechnet Kolumbien ausgesucht. Und tatsächlich war das eine von mehreren hilflosen Erklärungsversuchen, die zurzeit ernsthaft diskutiert wurden. Doch das würde er seinem Publikum kaum zumuten können. Zumindest jetzt noch nicht.
    Etwa drei Dutzend Männer und weniger als eine Handvoll Frauen hatten sich in dem abgedunkelten Konferenzraum im Verteidigungsministerium versammelt. Über die Hälfte von ihnen waren hochrangige Militärs, bei den übrigen handelte es sich überwiegend um Staatssekretäre und Ministerialbeamte der verschiedenen Ressorts. Sie alle waren gekommen, um von ihm eine Erklärung zu bekommen - und genau die konnte er ihnen nicht geben.
    Daniel Espinosa leitete den wissenschaftlichen Krisenstab, den die Regierung eilig einberufen hatte, nachdem sich zunächst vage Hinweise auf eine unbekannte Bedrohung in Amazonien verdichtet hatten. Während die Armee in aller Eile am Rande des Krisengebietes eine improvisierte Militärbasis errichtet hatte, waren Espinosa und sein Team daran gegangen, nach den Ursachen für die unerklärlichen Phänomene zu suchen, die sich dort in den vergangenen Wochen ereignet hatten.
    Angefangen hatte es mit sonderbaren Sichtungen und bizarren Wetterphänomenen. Und dann waren die ersten Menschen verschwunden. Reflexartig hatte die Regierung sofort die in dieser Region operierende Guerillabewegung FARC(Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens)) verantwortlich machen wollen. Doch konnten ein paar schwer bewaffnete marxistische Rebellen Schneestürme im tropischen Regenwald erzeugen? Konnten sie Spionagesatelliten in der Erdumlaufbahn austricksen? Also mussten Dr. Espinosa und sein Team etwas wahrscheinlichere Erklärungen finden.
    Nur, dass sie nichts gefunden hatten. Im Gegenteil: Jede neue Erkenntnis über die »Anomalie« im Dschungel warf gleich unzählige neue Fragen auf. Doch wie sollte er das seinen Zuhörern erklären? In dieser Hinsicht waren Militärs ebenso wie Politiker sehr einfach gestrickt: Sie wollten rasche, nachvollziehbare Ergebnisse, auf deren Grundlage sie handeln konnten.
    Und so kam es, dass Dr. Espinosa der Schweiß in dicken Strömen über die Stirn lief, obwohl der Raum dank der Klimaanlage angenehm
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