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0953 - Der Fluch von Eden

0953 - Der Fluch von Eden

Titel: 0953 - Der Fluch von Eden
Autoren: Adrian Doyle
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die versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Nele half ihr dabei.
    In diesem Moment betrat ein weiterer Mann den Raum. Er war fast einen Kopf kleiner als der Hüne, aber unter seinen Worten duckte sich dieser wie ein getretener Hund.
    Nele verstand nicht viel von dem Wortwechsel zwischen beiden, aber danach zog der Hüne ab, und der weit weniger düster dreinblickende Neuankömmling kümmerte sich um die Kinderfrau, die sich beide Knie blutig aufgeschürft hatte. Er führte sie zu dem freien Bett und half ihr, sich darauf niederzulassen. Dann erst wandte er sich Nele und ihren Brüdern zu. »Es tut mir leid«, sagte er. »Aber wir haben unsere Befehle.«
    »Befehle?«, echote Nele. »Von wem?«
    »Vom Erzbischof.«
    »Was hat der Erzbischof damit zu schaffen?«, fragte Agnes im Liegen. Sie schien sich wieder gefangen zu haben.
    »Das… wird sich herausstellen«, erwiderte der Mann ausweichend.
    »Wie heißt ihr?«, ließ Agnes nicht locker.
    Der Unbekannte zögerte. »Mein Name ist Wenzel.«
    »Wenzel. Der Sohn meiner Schwester heißt so. Der Name bedeutet ›Ruhm‹. Aber wie kann sich jemand rühmen, nachts in das Haus ehrbarer Leute einzubrechen und…«
    »Ich hoffe, das hier klärt sich als Missverständnis auf«, fiel ihr der Mann namens Wenzel ins Wort. »Um eurer armen Seelen Willen.«
    ***
    Um eurer armen Seelen willen.
    Die Worte Wenzels hallten wie ein nie enden wollendes Echo in Nele nach, während sie die Stufen hinunter stürmte. Sie hatte die erste sich bietende Gelegenheit genutzt, um an dem Mann vorbei zu kommen und in den kurzen Gang zu flüchten, der zur Treppenstiege führte.
    Die Flüche Wenzels verfolgten sie ein Stück weit. Dann wurde es still.
    Viel zu still nach all dem Lärm davor.
    Wo waren die dröhnenden Stimmen, die Schritte und anderen Geräusche geblieben?
    Am Fuß der Treppe hielt Nele kurz inne, sah zuerst nach oben, wo der tanzende Lichtschein einer wild hin und her pendelnden Lampe zu sehen war, dann nach links, wo die große Eingangstür sperrangelweit offen stand, aber keine Menschenseele zu sehen war.
    Erst als sie mit klopfendem Herzen dastand und soweit es ging ignorierte, dass Wenzel ihr auf den Fersen war, vernahm sie das dumpfe Stimmengewirr, das ihrem Blick die Richtung wies. Hin zu der aufgestellten Falltür, die der Zugang zum Keller des Hauses war, wo ihr Vater… Neles Gedanken stockten wie gerinnendes Blut. Dann stieß sie sich vom Geländer der Treppe ab und rannte auf die Öffnung im Boden zu.
    Hinter ihr rief Wenzel: »Bleib stehen! Hölle und Verdammnis - ich will dir doch nichts Böses! Du sollst nur stehen bleiben! Du hast da unten nichts zu suchen!«
    Das sah sie anders. Zumal sie aus der Tiefe nun auch die Stimme ihrer Mutter vernahm. Sie klang hysterisch vor Empörung - und Nele wurde von einer unkontrollierbaren Wut gegen diejenigen gepackt, die für die seelische Verfassung ihrer Mutter verantwortlich waren.
    Am Eingang zur Kellerstiege wäre sie um ein Haar gestürzt und die vielen Steinstufen hinunter gerollt. Im letzten Moment konnte sie sich am Rand des Einstiegs festhalten und den Fall verhindern.
    Ich hätte mir den Hals brechen können.
    In der Tiefe war wabernde Helligkeit von mehreren Laternen, deren Lichtinseln einander überlappten.
    Nele stieg die Stufen ungehindert abwärts - so wie sie es etliche Male getan hatte, um irgendetwas aus dem Keller zu holen. Das Gewölbe war in den natürlichen Fels gehauen, und wie stets wunderte sich das Mädchen über das Gemenge von Gerüchen, das ihr hier entgegenschlug. Andere Keller, in denen sie schon gewesen war, beschränkten sich auf Mief, der von Feuchtigkeit, mangelnder Belüftung und Schimmelnestern rührte. Hier roch es oft so streng, dass es schmerzte. Sie hatte ihren Vater mehrfach darauf angesprochen, sich einige Male sogar geweigert, in das Gewölbe hinabzusteigen. Aber er hatte stets abgewiegelt, und anstelle von Nele hatten Noah oder Julius schließlich heraufgeholt, wonach Vater oder Mutter gerade verlangten.
    Als Nele nun unten ankam, schnürte ihr die Szene, die sie erwartete, vor Verblüffung regelrecht die Kehle zu. Sie schluckte krampfhaft, ohne den Blick von der Öffnung nehmen zu können, die von den nächtlichen Eindringlingen freigelegt worden war. Zu diesem Zweck hatten sie ein wuchtiges Regal, von dem Nele bis zuletzt geglaubt hatte, es sei fest im Fels der Wand verankert, wie eine Tür aufgeschwungen. Dahinter gähnte eine Öffnung, die hoch und breit genug war, um einen
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