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0953 - Der Fluch von Eden

0953 - Der Fluch von Eden

Titel: 0953 - Der Fluch von Eden
Autoren: Adrian Doyle
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schuldig: Ja, die Leute in diesem Haus sind meinetwegen gestorben. Das passiert immer und überall, wo ich mich länger als ein paar Stunden aufhalte. Dieser Abschaum riecht mich, findet mich überall. Und da er mir nichts anhaben kann, hält er sich an allen anderen in meiner Nähe schadlos.«
    Zamorra musterte die Frau eindringlich. »Die Dämonen sind hinter Ihnen her?«
    Sie nickte.
    »Aber Sie können Ihnen nichts anhaben? Warum nicht?«
    »Das ist eine lange Geschichte.«
    »Wir haben im Moment nichts anderes vor - erzählen Sie also ruhig. Fangen Sie vielleicht am Sinnvollsten mit Ihrem Namen an. Meinen kennen Sie bereits. Und das hier…« Er zeigte zu Nicole. »… ist Mademoiselle Duval.«
    »Ich sagte lange Geschichte. Für die ich weit ausholen muss. Es kann gut sein, dass wir in der Zwischenzeit neuen unfreundlichen Besuch erhalten. Sie wissen schon. Begonnen hat der Fluch schon vor vielen Jahrhunderten.«
    »Fluch?«, fragte Nicole.
    »Das hier«, sagte die alte Frau und machte eine Geste, die offenbar die Pension umriss. »Das Töten. Die Morde, die meine Gegenwart provoziert. Es begann vor so langer Zeit, dass es Sie überraschen muss, mich immer noch auf den Beinen und atmen zu sehen.«
    ***
    Vergangenheit
    Köln, Anno Domini 1211
    Mitten in der Nacht krachte es gegen die Pforte des vornehmen Hauses in der Mohrenstraße.
    Nele Großkreutz wurde vom Lärm geweckt. Im Schlaf hatte sie die Decken von sich gestrampelt, aber sie merkte kaum, wie kalt ihr war. Furchtsam kauerte sie sich zusammen. Das Hämmern gegen das massiveichene Portal war wie ein Widerhall ihres eigenen Herzschlags; es wiederholte sich noch eine ganze Weile, begleitet von den Rufen unterschiedlicher Männerstimmen, die in scharfem Ton Einlass verlangten.
    Im ersten Moment glaubte Nele an einen dreisten Überfall. Doch sie verwarf den Gedanken, weil wohl kein Halunke so unverfroren gewesen wäre, mitten im Gereonsviertel, im Schatten der gleichnamigen Kirche, mit solchem Getöse irgendwo Einlass zu begehren.
    Aber was steckte dann dahinter?
    Nele war von einem Moment zum anderen hellwach und huschte zu einem der beiden Fenster ihrer Stube. Die Fensterflügel standen halb offen. Eine tiefe Dunkelheit lag über der großen Stadt, in der sich tagsüber zwanzigtausend und mehr Menschen tummelten.
    Wie riesig Köln war, wurde Nele immer dann bewusst, wenn sie zusammen unter Aufsicht ihrer Frau Mutter oder einer Bediensteten und den beiden jüngeren Geschwistern das Labyrinth der engen Straßen und Gassen durchquerte, um auf dem Markt einzukaufen oder Freunde und Bekannte zu besuchen. Seltener war ihr Herr Vater bei solchen Ausflügen mit dabei gewesen.
    Gewesen.
    Wie ein schartiges Messer schnitt das Bewusstsein um den Tod des Familienoberhaupts in Neles Herz. Sie griff sich unwillkürlich an die Brust. Ihre Hand verfing sich im Gewebe des Vorhangs, der sich im Luftzug vor dem Fenster aufblähte. Sie seufzte, ohne es zu bemerken, weil das Geschehen am Eingang sie immer noch in Atem hielt - oder besser: ihr den Atem raubte!
    Die Trauer, die seit Wochen jeden ihrer Schritte überschattete, wich dem Schrecken und der Angst, den die wüsten Kerle draußen verbreiteten. Im Schein der Laternen, die sie bei sich trugen, erkannte Nele, dass es sich keinesfalls um irgendwelche dahergelaufenen Nichtsnutze handelte. Das dunkle Leder an ihrem Leib trug das Zeichen des Bistums Köln und wies sie als Schergen aus, die im Sold des Erzbischofs standen.
    Wieder krachte ein Knüppel gegen das Tor. Die Erschütterung pflanzte sich - zumindest kam es Nele so vor - wie ein Erdbeben bis in die Füße der Fünfzehnjährigen fort. Sie zuckte zusammen und bemerkte, dass hinter ihr die Tür aufgerissen wurde und von dort ebenfalls Lichtschein zu ihr tastete.
    Sie drehte sich um. Es war Agnes, die Kinderfrau. »Weg da vom Fenster!«, rief die betagte Dienerin, die mit im Haus lebte, solange Nele zurückdenken konnte. Um Nele musste sie sich kaum noch kümmern, um deren beiden jüngere Brüder schon. Julius war erst acht und Noah nicht einmal fünf Jahre alt.
    Nele liebte ihre Brüder. Trotzdem war sie froh, ein eigenes Zimmer zu haben, während sich Julius und Noah ein gemeinsames teilen mussten.
    »Komm her! Schnell, Kind!«
    Nele zögerte nur einen winzigen Augenblick - dann dröhnte es erneut durch die Mauern, und ihr Herz überschlug einen Takt. Sie löste sich vom Fenster, schüttelte den Vorhang ab, in dem sich ihre Hand verheddert hatte, und eilte
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