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0935 - Aibons klagende Felsen

0935 - Aibons klagende Felsen

Titel: 0935 - Aibons klagende Felsen
Autoren: Jason Dark
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Joanna hörte sie nicht mehr so wie oben auf den Klippen. Jetzt donnerten sie gegen ihre Ohren, als würden sie in einen Trichter hineingleiten, der die Geräusche hallend weitertrug. Für einen Fremden hörten sie sich immer gleich an. Nicht für Joanna. Sie konnte inzwischen genau heraushören, wann die Brandung sich mal erholte und weniger wild war.
    Die Hälfte des Wegs hatte sie bereits hinter sich gelassen. Als sie stehenblieb und einen Blick in die Tiefe warf, da sah sie auch, wie sich das Wasser freie Bahn verschaffte. Wie es durch die Lücken glitt, die wie Schnitte in die Felsen hineingebohrt waren. Das Wasser füllte dann die schmalen Rinnen aus. Es schimmerte silbrig wie ein Bach, der bald gestoppt wurde.
    Man mußte schon wirklich näher an das Wasser herangehen, um erkennen zu können, daß die See nicht direkt an den Felswänden endete, sondern sich zwischen ihr und dem Gestein noch so etwas wie ein schmaler Sandstrand befand. Weiter vom Ufer entfernt ragten zwei hohe Felsen aus dem Wasser, die Joanna an Stierköpfe erinnerten und den anrollenden Wellen die erste Wucht nahmen.
    Die junge Frau kannte die Gegend lange genug, um sich schon einen Stammplatz ausgesucht zu haben.
    Den steuerte sie an. Es ging besser, je tiefer sie kam. Da waren die Stellen breiter, auf die sie ihre Füße setzen konnte. Zudem behielt das Gelände seinen treppenförmigen Aufbau bei.
    Sie ging einmal in die Hocke, um sich abzustoßen. Sie übersprang ein Stück Felsen, sah das auslaufende Wasser in den kleinen offenen Zungen wie zum Greifen nah vor sich und wußte genau, daß sie noch einige Meter zurückzulegen hatte, um das Ziel zu erreichen.
    Es war ihre Höhle.
    Entstanden im Laufe von Jahrmillionen. Der Wind hatte den Felsen an einer bestimmten Stelle ausgewaschen und so eine Einbuchtung, eben ihre Höhle, geschaffen.
    Die war nicht groß, aber sie bot Schutz vor Wind und Wetter. Joanna hüpfte ihrer Höhle entgegen, hatte sie sehr bald erreicht und tauchte ein in die halbdunkle Welt, die durch eine Art Vordach aus Holz vergrößert worden war.
    Eine Decke lag dort bereit. Holz hatte sie ebenfalls gesammelt, um ein Feuer zu machen. Trinkwasser gab es auch. Ein Paket mit Lebensmitteln hatten die Entführer ebenfalls zurückgelassen. Es stammte von der Army, und es enthielt Dauerwurst, Vollkornbrot, Konfitüre und Kekse. Aber auch einen Dosenöffner sowie Schmerztabletten.
    Das war ihre kleine Welt, in der sie sich wohl fühlte. Joanna lächelte, als sie das Ziel erreicht hatte. Aus ihrer hinteren rechten Hosentasche holte sie drei Kerzen und legte sie später neben die Decke, nachdem sie die ausgebreitet hatte.
    Dann ließ sie sich nieder.
    Ihr Blick fiel nach draußen, und sie gratulierte wieder der Natur, daß diese es geschafft hatte, die Höhle genau an einer bestimmten Stelle aus dem Gestein zu fräsen.
    Die Sicht wurde zwar von den gegenüberliegenden Felsen versperrt, doch wenn sie in einem bestimmten Winkel saß, dann konnte sie bis auf das Meer hinausschauen, wo sich die Wellen bewegten wie ein Strom der Ewigkeit. Aber sie sah auch den flachen Strand, an dem die Wasserreste ausliefen wie schlanke, schimmernde Schlangenkörper, über die jemand Alupapier gezogen hatte.
    Es ging ihr gut, sehr gut sogar - aber sie spürte auch weiterhin den Druck und die Spannung in ihrem Körper. Noch hatte sich der Tag nicht ganz verabschiedet, auch wenn in ihrer Umgebung die Dunkelheit immer mehr zunahm, aber der Himmel über ihr zeigte noch ein gewisses Licht.
    Joanna wartete.
    Es war ihr Platz.
    Hier würde sie das Singen der Felsen deutlicher wahrnehmen, und sie lächelte bereits in Vorfreude.
    Die singenden Felsen. Das große Geheimnis eines fremden Reiches, das den menschlichen Augen verborgen war. Es würde Veränderungen geben, und Joanna würde sie erleben. Ihr Blick wanderte wieder hinaus auf das Meer, wo die Wellen ihren roten Schimmer allmählich verloren hatten. Sie waren grau geworden. Die Dämmerung schickte ihre Schatten. Wie immer wütete das Wasser gegen die Felsen, und auch die hochsprühenden Gischtfahnen sahen nicht mehr so hell aus wie im Tageslicht.
    Ungewöhnliche Schattenmuster formierten sich auf dem Meer. Manchmal klatschten sie wie graugrüner Tang gegen das Ufer. Den schmalen Sandstreifen überschwemmten sie immer. Er sah stets braun aus, an manchen Stellen blieben die Geschenke des Meeres liegen, die die Wellen beim Zurücklaufen vergessen hatten.
    Muscheln, grünschwarzer Tang, mal das Skelett eines
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