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0935 - Aibons klagende Felsen

0935 - Aibons klagende Felsen

Titel: 0935 - Aibons klagende Felsen
Autoren: Jason Dark
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sagen wollte, sich aber zurückhielt, weil er sah, wie ich mein Kreuz hervorholte, spürte ich die leichte Erwärmung, entdeckte das grüne Leuchten, das über das Metall huschte, und hatte somit den endgültigen Beweis bekommen.
    »Ja, Bill, wir stehen an der Grenze.«
    »Und weiter? Was willst du tun, John? Es läuft doch nichts. Dein Kreuz kannst du gegen vieles einsetzen, aber nicht gegen Aibon.«
    »Weiß ich, es war auch nur ein Test.«
    »Dann gehen wir ins Wasser?« Er hatte es sich nicht leicht bei dieser Frage gemacht, und seine Stimme hatte zudem leicht gezittert.
    »Ich habe es vor.«
    Bill schluckte. »Okay, mal sehen, ob wir das gleiche erleben wir die drei anderen.«
    »Es ist einen Versuch wert.«
    Wir gingen los. Diesmal blieben wir nebeneinander. So wie wir mußten sich Lebensmüde vorkommen, die mit ihrem Leben abgeschlossen hatten…
    ***
    Ich bin im Wasser, dachte Gregg, und sein Kumpan Ramon verfolgte sicherlich denselben Gedanken. Aber ich kann atmen, ich kann sprechen, ich Spüre die Nässe nicht in meinem Gesicht und auch nicht auf meinem Körper. Ich bin einfach zu einem Übermenschen geworden, der durch das Wasser gehen kann, und trotzdem verspüre ich eine kalte Angst.
    Ralston hatte versucht, sich innerlich aufzubauen, doch die kalte Furcht überwog letztendlich. Da reagierte er wie jeder Mensch, der mit einer neuen und auch unfaßbaren Situation nicht zurechtkam.
    Ramon Infana schwieg. Sein Blick glitt an dem Bootskörper in die Höhe, und er sah auch das große gezackte Loch an der Bugseite, das wie ein Einstiegstor wirkte.
    Sie gingen noch nicht, weil sich Joanna ebenfalls ruhig verhielt. Sie gab den beiden die Chance, sich erst an die neue Umgebung zu gewöhnen. Erst nach einer Weile sprach sie die Kidnapper an. »Ich werde euch jetzt etwas zeigen.«
    »Und was ist das?« Ramon Infana hatte sich wieder gefangen und konnte eine Frage stellen.
    »Mich selbst.«
    »Bitte?«
    »Ja, mich selbst!«
    Die Männer wußten nicht, ob sie grinsen, laut lachen oder gar nichts sagen sollten. Sie entschieden sich für die letzte Alternative. Schließlich hatten sie das Unwahrscheinliche als Normalität erlebt, so daß sie alles, was folgte, ebenfalls hinnehmen wollten, ohne zu fragen. Sie schauten sich erst an, hoben die Schultern und sahen dann auf den Rücken der Frau, als diese durch das Loch in das Boot hineinkletterte, kurz mit der linken Hand winkte, um zu zeigen, daß ihr die beiden Männer folgen sollten. Sie taten es und gelangten in die muffige und stinkende Dunkelheit im Raum des Schiffes.
    Über ihnen drang ein schwacher, grünlicher Schein durch ein Loch in den Decksplanken, der ihre Gesichter mit einer leichenartigen Blässe überzog. Sie sahen einen Aufgang, eine alte Leiter, die zuerst die Frau nahm, an Deck trat und ihnen zuwinkte.
    Gregg ging als erster. Er stieß in der Dunkelheit mit der Fußspitze gegen auf dem Boden liegende bleiche Gebeine und erschrak zutiefst, als er hinschaute.
    Hier unten waren vor langer Zeit Menschen gestorben - und verwest.
    Joanna/Svenja wartete an Deck. Sie stand da wie eine Königin und hatte ihren Umhang etwas zur Seite geschoben, so daß ihr schlanker Körper zu bewundern gewesen war.
    Beide Kidnapper wußten, wie diese junge Frau nackt aussah, aber hier empfanden sie andere Gefühle, und sie schauten sich scheu um, wie zwei kleine Kinder, die man in einen dunklen Keller geschickt hatte.
    »Gefällt es euch?« fragte die Frau spöttisch.
    Sie schwiegen.
    »Schaut euch nur um. Betrachtet die Knochen, die Gebeine. Diese Menschen sind schon lange tot. Sie sind verwest, vermodert, sie haben ihre Seelen verloren, die von den Felsen aufgesaugt wurden und für ewig gefangen sind. Wikinger. Es war ein Wikingerschiff, das in einen Orkan geriet und an dieser Küste strandete. Die Menschen waren unterwegs, um andere Länder zu suchen und zu erforschen, aber die Natur ist zu grausam gewesen.«
    »Was hat das mit uns zu tun?« fragte Ramon.
    »Ihr werdet hier ebenfalls sterben. Ihr werdet durch meine Hand getötet werden, denn in diesem Land bin ich besser. Ich gehöre hierher, ich habe es gespürt. Ich habe den Ruf erhalten, und dafür müßte ich euch eigentlich dankbar sein. Ihr habt mich in diese Gegend geschafft, die mir plötzlich so vertraut wurde, die mir Freude bereitete, weil ich wußte, daß ich jemanden treffen würde.«
    »Wen denn?«
    Sie schaute Gregg Ralston an. »Mich! Mich selbst!«
    »Ha, ich…«
    »Ich war auf dem Schiff. Ich war die Frau
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