Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0935 - Aibons klagende Felsen

0935 - Aibons klagende Felsen

Titel: 0935 - Aibons klagende Felsen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
abspielte, wo die Wellen gegen den Strand liefen, auf dem die drei Akteure standen.
    Gestanden hatten.
    Wir bekamen große Augen, als wir sahen, daß sie den Wellen entgegengingen, direkt ins Meer hinein, wie Lebensmüde, die den nassen Tod suchten.
    »Das darf doch nicht wahr sein!« keuchte Bill. Er schüttelte den Kopf. »Verstehst du das?«
    »Noch nicht…«
    »Sie hat das Kommando übernommen. Joanna ist es, die die Bedingungen stellt.«
    »Sieht wohl so aus.«
    »Wollen sich die drei umbringen?« fragte Bill und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Nein, das glaube ich nicht. Das ergäbe keinen Sinn. Die bringen sich nicht um. Die haben etwas anderes vor.«
    »Schau mal genau hin und spitz deine Ohren«, flüsterte ich. So leise konnte ich sprechen, denn die wimmernden Geräusche aus den Steinen und Felsen waren schwächer geworden und bildeten nur eine schaurige Hintergrundmusik.
    In den folgenden Sekunden waren wir die Beobachter aus der Höhe. In der Tat hörten die gepeinigten Seelen auf zu schreien, und wir vernahmen nur mehr die Geräusche der Brandung.
    Aber es gab noch etwas anderes. Die Umgebung war im Prinzip dieselbe geblieben, aber wir sahen die Veränderung trotzdem, denn in sie hinein hatte sich etwas geschoben, und das grünliche Licht war ebenfalls keine Täuschung.
    Es wirkte glasig, wie eine Wand und eine Kuppel zugleich. Es war auch durchsichtig. Wir konnten das Meer erkennen, nur schien es uns weiter entfernt zu sein.
    Gläsern, aber nicht leer.
    Bill schüttelte den Kopf. »John, ich habe gute Augen - wie du, und ich frage dich, ob du dasselbe siehst wie ich?«
    »Meinst du den Schatten?«
    »Ja, den meine ich. Den Schatten im Licht!«
    »Im grünen Licht.«
    »Richtig. Was ist er?«
    »Aibon«, murmelte ich. »Alles gehört zu Aibon. Ich will nicht sagen, daß wir uns in diesem Land bewegen, wir haben zumindest die Grenze erreicht, Bill.. Hier trifft sich die normale Realität mit dem Land Aibon. Wir stehen auf dieser Grenze.«
    »Okay, akzeptiert. Und was ist mit den dreien?«
    »Sie gehen hinein.«
    »Nach Aibon? Oder ins Wasser?«
    »In beides. Nur ist das Wasser dort anders als in unserer Welt. Schau genau hin. Die Wellen hätten sie längst überspülen müssen, sie tun es auch, aber sie reißen sie nicht um. Die drei können weitergehen, denn die Wellen sind zwar da, aber sie sind auf eine gewisse Art und Weise imaginär. Vorhanden und trotzdem weg.« Ich holte tief Luft. »Wir werden ihnen folgen.«
    Bill drehte den Kopf und schaute mich an. Ich sah seine Besorgnis und fragte: »Oder willst du hier zwischen den Felsen bleiben?«
    »Nein, John, nein. Ich habe mir nur Gedanken über den seltsamen Schatten gemacht…«
    »Er sieht aus wie ein gekippter Gegenstand, was immer man darunter zu verstehen hat.«
    »Kann es ein Boot sein? Ein gekentertes Boot?«
    Für einen Moment war ich sprachlos.
    »Gut, Bill, gut. Sogar sehr gut. Das ist es.«
    »Und wenn ich in der Schule aufgepaßt habe, sieht es mir aus wie ein Wikinger-Schiff.«
    Mit diesem Kommentar ließ er mich allein, denn er turnte an mir vorbei und übernahm die Spitze.
    Ja, es stimmte. Es konnte stimmen. Es war alles möglich. In diesem Fall trafen sich zwei Zeiten.
    Das Boot konnte durchaus den Wikingern gehört haben und vor vielen Jahrhunderten hier gestrandet sein. Weil es in den Einflußbereich des Landes Aibon gelangt war, verfaulte es nicht - oder nicht so schnell.
    Ich war nicht so vermessen, zu behaupten, daß das Rätsel gelöst war, aber ich sah inzwischen klarer.
    Nicht grundlos wurde diese Umgebung als Aibons singende Felsen bezeichnet. Das Land der Druiden hatte damit zu tun, und es mußte auch damals seine Hände im Spiel gehabt haben, als das Schiff der Wikinger an den Klippen zerschellt war.
    Wir hatten die längste Strecke hinter uns gelassen. Der Rest aber war kein Kinderspiel.
    Bill turnte als erster die letzten Meter hinunter und erreichte den sandigen Boden, auf dem wir noch die Spuren der drei anderen Menschen entdeckten, die sich in den feuchten Sand eingegraben hatten.
    Für uns gab es nur den Blick nach vorn. Den zum Meer hin, zum Wasser, den Wellen.
    Die beiden Männer und Joanna waren verschwunden. Aber wir rechneten damit, daß sie sich in der Nähe aufhielten, auch wenn sie nicht sichtbar waren. Aibons Kraft hatte dieser Umgebung seinen Stempel aufgedrückt, es war zu einer Überlappung der Welten gekommen, und wir standen genau an der Nahtstelle.
    Während Bill auf das Wasser deutete und etwas
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher