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0932 - Grausame Zeit

0932 - Grausame Zeit

Titel: 0932 - Grausame Zeit
Autoren: Jason Dark
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die Unterhaltung. Nachdenklich blieb ich auf der Couch sitzen, die Stirn in Falten gelegt, das Telefon anstarrend. Was mir Harry Stahl da berichtet hatte, das hatte bei mir einen Kloß im Magen und eine Gänsehaut hinterlassen.
    Ich konnte mir diesen Buzea schon jetzt vorstellen. Ein Mensch ohne Moral, dem es nur darauf ankam, dem Bösen zu dienen, und der dabei über Leichen ging.
    Auch über die von Kindern?
    Mir wurde beinahe übel, als ich daran dachte. Ich hatte einfach schon zu viel Grauenvolles erlebt, wobei ich allerdings noch Optimist geblieben war und mich nicht unterkriegen ließ.
    Auch nicht von Typen wie Alfons Buzea.
    Das Fenster stand noch immer offen. Ein kühler Wind wehte durch den Raum. Der Himmel hatte sich noch mehr bezogen. Sicherlich würden bald die ersten Tropfen fallen. Ich wollte nicht, daß es einregnete, deshalb schloß ich das Fenster.
    Den Kinogang hatte ich mir schon abgeschminkt. Ich würde zwischen meinen eigenen vier Wänden bleiben und entspannen. Ein derartiges Wochenende hatte ich nur ganz selten.
    Bevor ich mich abwendete, hörte ich den Regen gegen die Scheibe trommeln.
    Der Himmel weinte. Kein gutes Omen, wie ich fand…
    ***
    Es war der Montag, der von vielen Menschen gehaßt wurde. Der Tag nach dem Wochenende, wo die Arbeit begann und sich das Wetter von seiner miesen Seite zeigte.
    Nieselregen, der schon in der Nacht gefallen war und auch am Morgen nicht aufgehört hatte. Der zu langen Staus in den Städten führte, der die Leute sauer machte oder aggressiv werden ließ und auch einige unter ihnen veranlaßte, dem Begriff »Blauer Montag« die Ehre zu erweisen und zu Hause zu bleiben.
    Alfons Buzea störte das Wetter nicht. Er hatte die Zuchthausmauern hinter sich gelassen und wollte nicht zurücksehen. Dieses Kapitel war für ihn abgeschlossen.
    Die Worte des Henkers klangen noch immer in seinem Ohr nach. Er hatte ihm geraten, ihm nicht über den Weg zu laufen, und Buzea hatte nur genickt.
    Er würde ihm nicht über den Weg laufen, das stand fest. Ihm nicht, aber einer anderen Person.
    Als er daran dachte, lächelte er…
    Man hatte ihm seine persönlichen Sachen zurückgegeben. Dazu gehörte auch eine dünne Jacke, die ihn einigermaßen vor dem Regen schützt.
    Lange brauchte er sowieso nicht durch dieses Wetter zu gehen, denn die Bushaltestelle befand sich nicht weit entfernt.
    Buzea mußte sich nach links wenden. Noch ging er an den grauen Mauern des Zuchthauses vorbei, die durch den Regen noch trister wirkten, weil sie naß geworden waren.
    Er sah die Pfützen auf dem Boden. Mit seinen alten Schuhen platschte er hinein und freute sich wie ein kleines Kind, wenn das Wasser in die Höhe spritzte.
    Es würde sich alles regeln, das stand fest. Denn er war es jetzt, der die Regie übernommen hatte. Über acht Jahre hatten es andere für ihn getan, das war nun vorbei.
    Die Wolken hingen tief über die Stadt. So tief, als wollten sie die Häuser erdrücken, um sich auf den Boden zu legen. Die Luft war feucht. Bei jedem Atemzug fielen Tropfen auf seine Lippen.
    Buzea behielt seine Umgebung im Auge, denn er war ein mißtrauischer Mensch. Er konnte sich vorstellen, daß man ihn nicht so einfach entließ, sondern einen Bewacher für ihn abgestellt hatte. Inmitten der anderen Gefangenen war er zur absoluten Unperson geworden, und nicht nur der Direktor hätte ihn gern für alle Zeiten hinter Gittern gesehen.
    Sie würden sich wundern…
    Er behielt seinen Schritt bei. Der Schlurfende Zuchthausschritt war ihm in den letzten Jahren in Fleisch und Blüt übergegangen.
    Er ließ seine Gedanken wandern und die Phantasie malte ihm schreckliche Dinge vor, die ihm nicht so schrecklich vorkamen. Es würde eine grausame Zeit werden, das stand fest. Er sah die weißen Kindersärge vor sich, und seine Augen leuchteten auf, wenn er daran dachte, sie füllen zu können.
    Das Vorspiel war vor mehr als acht Jahren passiert. Jetzt ging es zur Sache.
    Das Bild verschwand, als er die Stimmen der beiden Frauen hörte.
    Buzea hob den Kopf und sah die überdachte Haltestelle dicht vor sich.
    Die beiden älteren Frauen trugen Regenmäntel, hielten Schirme in ihren Händen und standen neben dem hinter einer Glasscheibe versteckten Fahrplan. Er wollte nicht nachschauen, ihm war es egal, wann der Bus kam. Wenn es sein mußte, wartete er bis zum Abend.
    Buzea nahm auf einer der metallenen Bänke Platz. Dort saß nur ein junges Mädchen, das auf den Bus wartete. Es hatte seine Haare unter einer Kappe
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