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0929 - Engelsblut

0929 - Engelsblut

Titel: 0929 - Engelsblut
Autoren: Jason Dark
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aber der Haarschnitt und die dunkle Kleidung ließen sie älter wirken.
    Sie betrachtete sich eine Weile im Spiegel und war mit sich nicht zufrieden.
    Marcia war nervös, irgendwie aufgeregt. Sie war etwas Besonderes, das wußte sie, das brauchte man ihr nicht zu sagen, aber es gab Stunden, Tage oder Abende, wo die Frau dieses Besonders als Belastung empfand. Manchmal sogar als Fluch.
    So wie jetzt…
    Sie saugte den Atem durch die Nase ein und schaute zu, wie sich ihre Nasenflügel blähten. Die Augen blieben ernst, und Marcia betrachtete sich mit neutralen, ja fast fremden Augen. Sie war sehr kritisch.
    Dann strich sie mit beiden Handflächen über ihre Haare, nickte dem Spiegelbild noch einmal zu, verließ den Platz und griff mit der rechten Hand nach den Schlüsseln, die an einem kleinen Haken hingen. Überzuziehen brauchte sie sich nichts. Es war sehr warm draußen - schon seit Wochen.
    Die Hitze wollte einfach nicht weichen. Tagsüber brannte die Sonne, in der Nacht wurde es drückend und schwül. Da konnte man als Kreatur kaum atmen, da rann der Schweiß in Strömen, so daß man sich fragte, wie man als Mensch so schwitzen konnte.
    Den Schlüsselbund steckte sie in ihre rechte Hosentasche, bevor sie die Wohnung verließ, von außen abschloß und die wenigen Stufen der Treppe bis zur Haustür hochging, die um diese Zeit noch nicht abgeschlossen war. Sie öffnete, trat hinaus, und atmete erst mal durch.
    Die Schwüle war kaum zu beschreiben und noch schlechter zu ertragen als drinnen. Sie sorge dafür, daß einem Menschen schon nach wenigen Schritten der Schweiß ausbrach. Sie war einfach brutal, wie eine Klammer, die einen nicht mehr losließ.
    Marcia blickte sich um.
    Sie sah keinen Menschen. Wer um diese Zeit draußen war, der hockte im Garten oder hatte seinen Platz auf dem Balkon gefunden, falls er es nicht vorzog, sich woanders aufzuhalten, vielleicht am Flußufer, ausgerüstet mit Getränken, um den Flüssigkeitsverlust auszugleichen.
    Es war schon dunkel geworden und auch stiller. Diese ungewöhnliche Stille schlug Marcia beinahe auf den Magen. Sie fühlte sich total unwohl.
    Marcia ging um das Haus herum, wo sie den Hof erreichte. Dort stand ihr Fahrrad. Es würde kein Vergnügen werden, durch die Nacht zu radeln, aber sie tat es ja auch nicht freiwillig. Es war der innere Drang, der sie einfach nicht in Ruhe ließ, der sie zwang, auf das Rad zu steigen und loszufahren.
    In dieser Nacht war nicht alles gut. Etwas lauerte in der düsteren Tiefe, und daran konnten auch die Lichter nichts ändern, die so typisch für eine Großstadt waren.
    Es war das Licht, das sie nicht mochte. Kalt und irgendwie herzlos, aber sie konnte es nicht ändern, und sie mußte sich mit den Gegebenheiten abfinden.
    In dieser Gegend war es relativ still. Nur manchmal waren Stimmen zu hören, sie aber schienen sich hinter den Bäumen, der grünen Lunge zu verstecken.
    Mücken tanzten in Schwärmen. Kaum erkennbare, hauchzarte Spinnweben, streiften hin und wieder das Gesicht der Frau, als wollten sie es liebkosen.
    Marcia Morana radelte unverdrossen weiter. Sie fuhr nicht schnell, aber durchaus zügig, und ihr Blick glitt über den Lichtschein des Scheinwerfers hinaus.
    Zweimal wurde sie von einem Auto überholt. Ein Wagen mit offenem Verdeck kam ihr entgegen.
    Junge Leute hockten darin, hatten ihren Spaß, lachten und hörten Musik. Wie ein Spuk waren sie wenig später verschwunden und blieben höchstens Erinnerung.
    Der Drang trieb Marcia weiter.
    Manchmal kam sie mit sich selbst nicht zurecht. Da wußte sie überhaupt nicht, was eigentlich Sache war. Da erlebte sie sich doppelt, denn sie glaubte dann, neben sich zu stehen oder neben sich herzugehen. Dieses Gefühl war auch jetzt nicht verschwunden. Sie fuhr zwar mit dem Rad, aber das war nicht alles. Sie ging zugleich neben sich her und hatte das Gefühl, zweimal zu existieren.
    Am Wetter lag es nicht, das gab sie ehrlich zu. Es lag an ihr selbst; sie trug die Schuld, falls man davon überhaupt sprechen konnte. Bei ihr war eben alles anders, und es hatte auch keinen Sinn, wenn sie über den Grund nachdachte.
    Sie überlegte auch nicht, welches Ziel sie ansteuern konnte. Sie fuhr einfach los. Immer der Straße nach, die am Park vorbeiführte. Erst dort verließ sie den Weg und radelte in den kleinen Park hin, der sie aufnahm, als wollte er sie umschlingen.
    Marcia kannte diese Gegend am Tage und auch bei Dunkelheit. Sie wußte genau, wie das Gelände aussah. Mit der Westseite
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