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0921 - Die Trennung

0921 - Die Trennung

Titel: 0921 - Die Trennung
Autoren: Christian Schwarz
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altehrwürdig erhoben. Dann fasste er verschiedene, tief ausgeschnittene Dekolletés ins Auge, ohne dass sie ihn sonderlich interessierten.
    Schließlich ruhten seine Augen wieder auf Nicole.
    Seine heute mit grünen Strähnchen aufgelockerte rothaarige Lebens- und Kampfgefährtin im leichten Sommerkleid hatte es sich auf ihrem Stuhl bequem gemacht, ein wenig nach vorne gerutscht, die endlos langen Beine ausgestreckt und überkreuzt. Ihr rechter Arm war aufgestützt, der Zeigefinger spielte an der Unterlippe. Mit der linken Hand hielt sie sich an einer der sechs Einkaufstüten fest, die unter dem Tisch standen. Die Aufdrucke zeigten, dass der Inhalt aus Lyons teuersten Boutiquen stammte.
    Na, das sieht doch schon wieder wesentlich entspannter aus , dachte Zamorra und behielt seinen Seufzer der Erleichterung schön für sich.
    Er hatte gedacht, Nici einen Gefallen zu tun, wenn er sie mal wieder auf einer Shoppingtour durch Lyon begleitete. Doch mit seinen üblichen Sprüchen à la »Wenn du noch ein Teil mehr kaufst, werde ich den Nordturm vermieten müssen«, hatte er sofort den fauchenden Tiger in ihr geweckt – etwas, das in letzter Zeit immer häufiger passiert war. »Ach lass mich doch einfach in Ruhe«, war noch eine ihrer harmloseren Erwiderungen gewesen. Irgendwann hatte er es aufgegeben und sie tatsächlich in Ruhe gelassen. Schweigsam war er neben ihr her getrottet. Doch erst jetzt, im Café, schienen sich ihre Aggressionen wieder vollständig abgebaut zu haben.
    Zamorras Blicke folgten denen seiner Lebensgefährtin. Sie betrachtete wohl den Tour metallique de Fourviere, eine exakte Kopie des Pariser Eiffelturms ein Stück rechts der Basilique Notre Dame de Fourviere. Ganz genau konnte er es nicht sagen.
    »Mir gehen die Entwicklungen der letzten Wochen und Monate einfach nicht aus dem Kopf«, wagte er einen neuen Annäherungsversuch. »Fu Long, Stygia, Asmodis, das seltsame Verhalten des Amuletts…«
    Nicoles Kopf fuhr herum. In ihren Augen funkelte es gefährlich.
    »Sag mal, gibt es bei uns auch noch ein anderes Gesprächsthema als immer nur diese verdammten Höllenviecher?«, zischte sie. »Nein, gibt es nicht. Von morgens bis abends beschäftigst du dich mit nichts anderem. Kannst du dir vorstellen, Cheri« – sie betonte das Wort mit ätzender Ironie, die Zamorra bis ins Mark traf – »dass es noch andere Sachen auf der Welt gibt? Dass ich vielleicht einfach nur mal dasitzen und an was völlig Normales denken möchte? Und nicht immer nur an irgendwelchen magischen Mist und an das ganze schwarzblütige Gesocks.«
    Zamorra beugte seinen Oberkörper in ihre Richtung. »Doch, meine Liebe, kann ich mir sogar sehr gut vorstellen. Aber das ist nun mal unsere Berufung. Oder? Meinst du, ich hätte laut und deutlich hier geschrien, als der Liebe Gott die Dämonenjäger-Jobs verteilt hat? Nein, hab ich nicht. Und du auch nicht, Nici. Es ist nun mal unser Schicksal, diese Dinge tun zu müssen.«
    »Ach ja? Deines vielleicht, Herr Professor. Meines ganz sicher nicht. Ich bin nur durch einen blöden Zufall in diese ganze Scheiße hineingeraten. Hättest du statt meiner eine andere kennengelernt, müsste die nun mit E-Blastern Dämonen abknallen und Vampire pfählen, anstatt irgendwo friedlich den Rasen zu mähen und ein paar Gemüsebeete zu pflegen. So sieht’s doch aus.«
    »Nici! Das… das kannst du unmöglich im Ernst meinen.«
    Nicole drehte abrupt ihren Stuhl. Sie glich jetzt einer zustoßenden Schlange. Die goldenen Tüpfelchen in ihren Pupillen erschienen, so wie immer, wenn sie erregt war. »Doch, mein Lieber, ich kann. Und weißt du was? Ich hab so genug von diesem ganzen Mist, dass ich unbedingt mal eine Auszeit brauche. Eine richtige Auszeit.«
    Täuschte er sich, oder sah er tatsächlich Verachtung in ihren Augen? Nein, unmöglich. »Eine richtige Auszeit? Wie meinst du das?«
    »Wie werde ich das wohl meinen, Herr Professor, hm? Ich…«
    »Nicht so laut, die ganzen Leute starren ja schon.«
    »Na und? Sollen sie doch.« Nicole schaute herausfordernd in die Runde. »Na, Mesdames et Messieurs, macht’s Spaß, uns zuzuhören?«, sagte sie laut. Viele der Tischnachbarn sahen peinlich berührt weg.
    »Ja, ich brauche eine Auszeit von dir, mein Lieber«, fuhr sie mit wieder gemäßigter Stimme fort. »Einfach mal ein paar Wochen weg, was anderes tun und sehen, andere Luft schnuppern, mal nicht gegen Dämonen kämpfen müssen. So kann ich dir nebenher auch gleich noch beweisen, dass ich mit dieser
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