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0919 - Bücher des Grauens

0919 - Bücher des Grauens

Titel: 0919 - Bücher des Grauens
Autoren: Simon Borner
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mit dem du dich bestimmt gut verstündest… Aber jetzt lass uns die Ringe holen gehen.«
    Plötzlich wurde Nicole blass. Warnend legte sie ihm eine Hand auf den Arm. »Eine Frage hätte ich noch, Chef«, sagte sie ernst. »Die Ringe ermöglichen uns die Reise in die Vergangenheit - aber nicht von einem Ort zum anderen! Schau mal aus dem Fenster. Wie sollen wir nach Mainz kommen, wenn die Welt, in der diese Stadt existierte, nicht länger da draußen ist?«
    ***
    Es gibt Wünsche , dachte Eusebius Struttenkötter und blickte sich ein weiteres Mal in der unterirdischen Kammer um, auf deren staubigem Fußboden er saß, die spricht man am besten gar nicht laut aus. Zum Beispiel der nach einem neuen Abenteuer…
    Wochenlang hatte der Koblenzer Hochschuldozent den Ereignissen am Laacher See nachgetrauert und sich Gelegenheiten erträumt, bei denen das Schicksal abermals ein solch unglaubliches Erlebnis für ihn in petto haben könnte. Ereignisse, bei denen er sich wieder so lebendig fühlen würde, wie er es nur einmal gewesen war, damals am Ufer von Maria Laach. Und nun, nachdem ihm dieser Wunsch tatsächlich erfüllt worden war, wünschte er sich nichts sehnlicher, als auf die so herrlich langweilige Fachtagung auf dem Mainzer Campus zurückkehren zu dürfen und die Welt so vorzufinden, wie er sie verlassen hatte. Ohne Slissaks, ohne jahrtausendealte Weissagungen und Mönche, die blindlings gegen die Mächte einer anderen Sphäre kämpften und doch schon längst verloren hatten.
    Struttenkötter lachte leise und humorlos, als ihm die Ironie der Situation bewusst wurde: Bei seinem ersten Abenteuer waren die Kleriker die Bösen gewesen und hatten versucht, furchterregenden Wesen aus einer anderen Welt den Übergang in die ihre zu ermöglichen. [4] Nun, sozusagen bei seiner ganz persönlichen Fortsetzung, standen die Männer der Kirche auf der anderen Seite und hatten eine Barriere gegen Eindringlinge von jenseits den Grenzen der Wirklichkeit errichtet. Wenngleich diese Barriere nur einen nahezu unerheblich kleinen Teil der Erde vor dem Wandel schützte, der sie den Aussagen Bruder Benedikts zufolge befallen hatte und der unaufhaltsam war.
    Wie hatte der junge Geistliche es eben noch formuliert? »Es war nie unsere Aufgabe, das kommende Übel zu verhindern, Herr Struttenkötter. Vielleicht auf dem Papier und in den Gedanken unserer Ordensgründer. Aber wir wussten eigentlich stets, dass uns dies nicht möglich sein würde. Wie wehrt man sich gegen etwas, von dem man weder weiß, wann es geschehen wird, noch wie genau es aussehen wird? Nein, wir setzten darauf, die Arche zu bauen, wie man uns aufgetragen hatte. Und mit ein wenig mehr Zeit…« Bei diesen Worten war Benedikt leiser geworden, als schäme er sich für das, was aus den hehren Zielen seiner Vereinigung letzten Endes hervorgegangen war. »Mit ein wenig mehr Zeit wäre es uns vielleicht auch gelungen, mehr als nur diese paar Menschen hier vor der Macht des Gegners zu bewahren.«
    Eusebius schüttelte den Kopf. Eine gottverdammte Zeitblase. Ich sitze tatsächlich in einer Zeitblase - und drehe Däumchen, während da draußen die menschliche Zivilisation vor die Hunde geht! Ich frage mich, was Zamorra und die reizende Nicole Duval in diesem Augenblick wohl machen. Wenn es sie noch gibt, werden sie mit Sicherheit nicht einfach abwarten und nichts tun. Abenteurer warten nicht, sondern handeln. Und überhaupt: Worauf soll man hier noch warten? Auf das Ende der Welt? Check…
    Schließlich erhob er sich und ging zurück zu den Mönchen, die in einer anderen Ecke des vom Licht der magischen Energiekuppel erhellen Raumes standen und die Köpfe zusammengesteckt hatten. Als der Geologe näher trat, drehte Bruder Rufus den Kopf und sah ihn missmutig an. Ja doch , dachte Eusebius trotzig, ich mag den Gedanken auch nicht, mit jemandem wie dir die Ewigkeit verbringen zu müssen, okay?
    »Herr Struttenkötter.« Benedikt hatte sich umgewandt. »Wie geht es Ihnen?«
    Small Talk im Angesicht des Armageddons. Ist ja super. »Um ehrlich zu sein, komme ich mir ein wenig… unnütz vor. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin Ihnen allen sehr dankbar dafür, dass Sie mich gerettet und in ihre Enklave aufgenommen haben« - das war eine Lüge, aber manchmal musste man eben strategisch vorgehen - »aber denken Sie nicht, dass wir diese Chance nicht auch noch anderen Menschen gewähren könnten?«
    Benedikt blickte zu Boden, als habe der Geologe einen wunden Punkt getroffen. Rufus'
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