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0915 - Murcons Vermächtnis

Titel: 0915 - Murcons Vermächtnis
Autoren: Unbekannt
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unbeeinflußbar gehalten. Hier aber waren Mächte am Werk, die in gewisser Beziehung selbst dem Bewußtsein eines Loowers überlegen waren.
    Mit leiser Stimme, um den humpelnden Tantha nicht zu wecken, sagte er: „Ich habe das Zeichen empfangen. Ich weiß, wohin ich mich zu wenden habe. Du magst den Bann getrost entfernen."
    Er bekam keine Antwort.
    „Du könntet dir viel Mühe sparen und in der Zwischenzeit wesentlich erfreulicheren Beschäftigungen nachgehen", fuhr der Quellmeister fort, „wenn du zur Kenntnis nehmen wolltest, daß ich mich von dir nicht narren lasse. Du bist ein Meister der Suggestion. Aber wir Loower, die schon lange vor euch Freibeutern da waren, verstehen, unseren Verstand zu gebrauchen."
    Da hörte er einen Laut, ein hauchendes Seufzen, und wußte, daß der Geist seine Worte verstand. Einen Atemzug lang kämpfte er gegen die Versuchung, Mitleid mit dem körperlosen Wesen zu empfinden. Er widerstand ihr ohne große Mühe. Er wußte, daß er hier eine Aufgabe zu erfüllen hatte, die seine gesamte Aufmerksamkeit verlangte. An den Belangen der entkörperten Bewohner des innersten Burgkerns Anteil zu nehmen, vertrug sich nicht mit dem Gebot der höchsten Konzentration. Pankha-Skrin glaubte, das grausame Spiel zu durchschauen, das Murcon mit den Anführern seiner treulosen Gäste seit unvorstellbar langer Zeit spielte. Für seine Aufgabe jedoch war es unerheblich zu wissen, ob Murcon sich damit ins Unrecht setzte. Der Quellmeister weigerte sich, die Schuldfrage zu stellen. Die Antwort, so redete er sich ein, wäre für ihn ohne Bedeutung.
    „Ich höre dich", sagte er mit ebenso leiser Stimme wie zuvor. „Ich trage kein Begehren, dein Feind zu sein.
    Wenn wir in der Vergangenheit aneinandergeraten sind, dann nur deswegen, weil ich es für meine Pflicht hielt, unschuldiges Leben zu schützen. Auch mit deiner jetzigen Aktion nützest du mir eher, als daß du mir Schaden zufügst. Also geh mir aus dem Weg und laß mich in Frieden meines Weges ziehen!"
    Da ließ sich der Seufzer ein zweites Mal hören, nur lauter diesmal und mit demselben Effekt, den der Quellmeister zuvor schon zweimal wahrgenommen hatte: Der Geist schien sich in aller Eile zu entfernen. Das Geräusch verschwand in der Ferne.
    Im selben Augenblick erschien die Gabelung wieder in Pankha-Skrins Blickfeld. Er hatte recht gehabt: Es war der rechte Zweig, den der Geist durch suggestive Beeinflussung hatte verschwinden lassen. Der Quellmeister und sein Begleiter hatten in den linken Zweig gelockt werden sollen.
    Pankha-Skrin beugte sich nieder und rüttelte den humpelnden Tantha an der Schulter.
    „Wie ... wa ... was ...?° ächzte der Zaphoorer und stemmte sich mühselig in die Höhe.
    „Es geht weiter!" sagte der Quellmeister.
    „Du hast das Zeichen erhalten?" fragte Tantha verwirrt.
    „Mit ausreichender Deutlichkeit", antwortete Pankha-Skrin gemessen.
     
    8.
     
    MURCON: Revolte und Strafe In der Halle des blauen Leuchtens schien das Schicksal Arqualovs und seiner Freunde besiegelt. Sie waren körperlos. Eine Kraft, die sie nicht kannten und die nur denen zur Verfügung stand, die sich die Mächtigen nannten, hatte sie ihrer materiellen Substanz beraubt und nur die Bewußtseine übriggelassen, die in der blauen Halle schwebten.
    In ihrer körperlosen Daseinsform empfanden die Freibeuter weder Schmerz noch Müdigkeit, weder Hunger noch Durst. Als sie die Nachwirkungen des anfänglichen Schocks überwunden hatten und sich in der neuen Lage zurechtzufinden versuchten, stellten sie fest, daß sie sich miteinander unterhalten konnten. Obwohl sie keine Münder besaßen, verstanden sie zu sprechen; und obwohl mit dem Körper auch die Ohren verschwunden waren, konnten sie hören.
    Sie merkten allerdings bald, daß Murcons Drohung, er werde sein Vergnügen an ihnen haben, nicht nur leere Worte gewesen waren. Der Herr der Burg machte es sich zur Gewohnheit, mitten in ihre vertrautesten Gespräche hineinzuplatzen und sie wissen zu lassen, daß er jeden ihrer Gedanken hören konnte.
    Für die im blauen Leuchten gefangenen Freibeuter wurde die Welt zur Hölle. Es blieb ihnen als -einzige geistige Betätigung nur noch der Gedankenaustausch miteinander. Die Vorstellung, daß ausgerechnet der, dem sie diese Lage verdankten, an jedem ihrer Gedanken teilhatte, war eine Quelle unsäglicher Pein.
    Sie wären nicht Freibeuter gewesen, wenn sie nicht schließlich aufzubegehren begonnen hätten. Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als müßten sie
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