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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters
Autoren: John Willow
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Zaunlatte lag. Das eine Ende war spitz zugeschnitten. Flammen züngelten um die Spitze herum, und das äußerste Ende war bereits verkohlt.
    Blitzschnell griff Jean zu, als er aus den Augenwinkeln sah, wie die linke Kralle des Untiers Manons Arm losließ und das andere Ende des Pfahls packen wollte.
    Jean war um den Bruchteil einer Sekunde schneller, wirbelte die Latte blitzschnell über dem Kopf herum und stieß mit aller Kraft zu.
    „Gut!“ rief die durchsichtige Gestalt über ihm. Plötzlich kam Jean zum Bewußtsein, daß er jetzt genau an der gleichen Stelle stand wie die Erscheinung.
    Aber er spürte nichts von ihr. Oder doch? Denn irgendwie bekam sein Stoß eine solche Gewalt, als würde ein Dutzend Männer zugleich mit ihm den Stoß auf das Herz des Untiers führen.
    Auch hatte er gar nicht genau gezielt, sondern mit fast geschlossenen Augen zugestoßen.
    Es gab einen unheimlichen, berstenden Laut. Und dann hörte Jean einen gurgelnden Schrei.
    Der glühende Pfahl hatte das Herz der Fledermaus durchbohrt. Sie machte einen Satz mit ausgebreiteten Schwingen, den Rachen weit geöffnet. Doch ehe sie wieder auf dem Boden aufprallte, stand sie in Flammen. Die Flammen waren von einem gleißenden Grün, fraßen sich lautlos und mit rasender Geschwindigkeit in das Untier hinein.
    Jean schlug geblendet beide Hände vor das Gesicht. Er wagte nur noch einen Blick durch die Ritzen zwischen seinen Fingern. Die Flammen schienen jetzt die ganze Kammer auszufüllen. Und in ihnen krümmte sich und verglühte ein Wesen in entsetzlichem Todeskampf.
    Während es sich im Feuer auflöste, ertönte ein Donnerschlag, und das ganze Haus erbebte.
    Dann wußte Jean nichts mehr. Er fiel und fiel, bis er in ein dunkles Wasser eintauchte, das die Glut um ihn her löschte.
     

     
    Kurz darauf fand ihn Inspektor Jolliet. Er lag bewußtlos in der Dachstube vor dem Kamin, in dem noch ein paar Holzscheite glühten. Er hatte die Arme ausgebreitet. Seine rechte Hand lag auf Manons Brust. Trotz ihrer Ohnmacht schien das Mädchen etwas Schönes zu träumen. Es lächelte mit geschlossenen Augen.
    Man trug die beiden hinunter in die Halle. Dr. Hugo, den Inspektor Jolliet sofort mit seinem Dienstwagen holen ließ, untersuchte die beiden. „Wahrscheinlich nur ein kleiner Schock“, meinte er. „Nichts Ernstes. In spätestens einer Stunde sind sie wieder wohlauf.“
    Er packte sein Stethoskop wieder in seine Arzttasche und blickte Inspektor Jolliet scharf an. „Haben Sie sonst vielleicht noch was für mich heute abend?“ fragte er mißmutig. „Eine Leiche im Speicher oder im Keller?“
    „Da ist Ihnen leider ein anderer zuvorgekommen“, erwiderte Inspektor Jolliet und stopfte sich eine frische Pfeife. „Denn den Mörder hat eben der Teufel geholt, ohne die geringste Spur zu hinterlassen.“
    „Soso“, murmelte Dr. Hugo und nahm seinen Hut und seinen Mantel vom Sofa. „Ich empfehle Ihnen in diesem Fall Dr. Monet, einen Kollegen vom Hospital Beaujon. Er wird Sie sehr gründlich auf Ihren Geisteszustand untersuchen, Monsieur Jolliet. Gute Nacht!“
    Und damit stürmte er zur Tür hinaus.
     

     

Als Paris am nächsten Morgen erwachte, berichteten die Morgenzeitungen von zwei merkwürdigen Ereignissen, die noch lange Gesprächsstoff für abergläubische Leute und okkulte Kreise abgeben sollten.
    Als der Zellenwärter morgens dem Untersuchungshäftling Alain Monod sein Frühstück bringen wollte, fand er nur noch einen Smoking und Unterwäsche vor. Der Häftling selbst schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
    Als der Wärter mit schreckensbleichem Gesicht Inspektor Jolliet davon unterrichtete, nahm dieser es mit einem „ich weiß, ich weiß“ zur Kenntnis, als wäre nur ein alter Besen aus der Reinigungskammer verschwunden.
    Zornig reagierte er allerdings, als die Wärterin vom Frauenblock ihm meldete, daß sich Madame Odile Robin mit ihrer langen, doppelten Perlenkette am Zellenfenster erhängt habe.
    „Das hätten Sie verhindern müssen“, fuhr er die Wärterin an, obwohl er sich nicht ganz sicher war, ob irgendein Mensch den Selbstmord dieser „liebenswürdigen“ alten Dame wirklich hätte verhindern können.
    Dann bekam er einen Anruf von der Polizeiinspektion von Suresnes. Der Inspektor vom Dienst teilte ihm mit, daß in der Nacht der Turm der Zitadelle, der nach der Verhaftung Alain Monods von der Polizei versiegelt worden war, durch eine Explosion zerstört worden war.
    „Wahrscheinlich ein undichtes Gasrohr“, meinte der
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