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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters
Autoren: John Willow
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nahmen Monod in die Mitte. Jolliet sah jetzt gar nicht mehr gemütlich aus. Schweigend ging es einen langen Gang hinunter, in dem Wasser von der Decke tropfte. Dann stiegen sie eine steile, halb verfallene Treppe hinunter, bis der Experte vom Ministerium vor einer schweren, mit Eisenbändern beschlagenen Tür Halt machte und auf seinen Plan blickte.
    „Hier ist es, Monsieur Jolliet“, sagte er. „Wir stehen jetzt vor dem ältesten Fundament der Festung. Hier unten waren im Mittelalter die politischen Gefangenen des Königs eingesperrt, die man ohne Prozeß für immer verschwinden ließ.“
    „Schön“, sagte Jolliet, „dann sperren Sie mal auf.“
    Als die schwere Eichentür auf ihren verrosteten Angeln in das düstere Gewölbe hineinschwang, machte Jolliet eine einladende Handbewegung. „Nach Ihnen, Monsieur Monod“, sagte er höflich. „Sie sind hier zu Hause und kennen sich besser aus.“
     

     

Die Beamten drängten sich schweigend in das Gewölbe und schalteten ihre Blendlaternen ein. Ein uniformierter Polizist, der die Fackeln unter dem Arm trug, setzte sie in Brand und schob sie in die verrosteten eisernen Ringe, die an den fünf Ecken des Gewölbes angebracht waren.
    Jolliet drehte sich langsam um und ließ den Strahl seiner Blendlaterne über die dunklen, aus grob behauenen Felssteinen bestehenden Wände gleiten.
    Links neben der Tür streifte der Strahl der Blendlaterne kleine gemauerte Rechtecke, nicht größer als eine Hundehütte. Die Türen, die früher diese winzigen Kerker verschlossen hatten, waren längst verwittert oder entfernt worden. Aber man konnte noch deutlich die Stellen erkennen, wo die Ketten und Fußringe in der Mauer und im Boden befestigt gewesen waren. Aus einer dieser winzigen Verliese grinste sie ein Totenschädel an, das Kinn auf ein verwittertes Brustbein gepreßt.
    Der Lichtstrahl aus Jolliets Blendlaterne bewegte sich weiter nach rechts zur zweiten Wand. Dort sah er größere Zellen, etwas geräumiger, in denen ein kleiner Mensch sogar aufrecht stehen konnte. Auch dort kauerte noch das Skelett eines Gefangenen, den man nach seinem Tod vergessen hatte.
    Je weiter der Blendstrahl nach rechts glitt, um so „humaner“ wurde die Unterkunft der Gefangenen. Hier gab es eine Zelle, die sogar ein Bett und einen Tisch enthalten haben mußte. Das konnte man an den eisernen Pfosten sehen, die von dem Bett noch übriggeblieben waren.
    Dann hörten die Zellen auf. An der vierten Wand hingen alte, verstaubte Kränze mit vermoderten, verblichenen Schleifen. In den Boden, der aus gestampftem Lehm bestand, waren kleine rechteckige Steine eingelassen, die eine Nummer und ein Datum trugen.
    „Hier hat man während der Belagerung von Paris 1870/71 die in der Zitadelle von Paris gefallenen oder verhungerten Soldaten eingegraben“, sagte der Vertreter des Ministeriums. „Sie wurden nach der Kapitulation von Paris von den Deutschen in einen Soldatenfriedhof umgebettet.“
    Jolliet nickte und wandte sich jetzt der fünften Wand zu. Sie war leer. Jolliet holte eine Skizze aus der Tasche, faltete sie auseinander und winkte den uniformierten Beamten zu sich heran, der den Befehl über die Einsatzwagen hatte. Er flüsterte dem Mann etwas zu. Dieser nickte und verschwand.
    „Was haben Sie vor?“ fragte Alain Monod, der die Hände in den Hosentaschen vergraben hatte und gelassen eine Zigarette rauchte.
    „Das werden Sie gleich sehen“, erwiderte Jolliet gelassen. „Es soll ja eine kleine Überraschung für Sie werden.“
    Im gleichen Augenblick kam ein Zug Polizisten in Drillichkleidung in das Verlies. Die Männer stellten sich vor der fünften Wand auf, stützten sich auf den Spaten oder die Spitzhacke, die sie mitgebracht hatten, und blickten Inspektor Jolliet erwartungsvoll an.
    Dieser holte ein Messer aus der Tasche, betrachtete die Skizze und bückte sich. Schweigend zeichnete er drei längliche Ovale in den gestampften Lehm. Dann trat er wieder zurück.
    „Anfangen“, befahl er.
    Die Polizisten gruben dort, wo der Inspektor den Boden markiert hatte, den gestampften Lehm auf.
     

     
    Jolliets Miene wurde immer düsterer, je tiefer die Polizisten gruben. Alles, was sie bisher gefunden hatten, war Lehm und noch mehr Lehm, der sich an der Wand zu großen Haufen türmte. Man fand nur ein paar Steine.
    Alain Monod stand immer noch in der Mitte des Raumes. „Wenn Sie hier vielleicht einen Schatz suchen“, meinte er spöttisch, „kann ich Ihnen leider nicht helfen. Ich bin kein
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