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0907 - Imperium der Zeit

0907 - Imperium der Zeit

Titel: 0907 - Imperium der Zeit
Autoren: Simon Borner
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nur ein Kostümfundus und ein Verbrechen. Nach der Nummer in Worms wäre Scheuerer durchaus zuzutrauen, dass er einfach auf einer Welle mitreiten will…
    Als sie die Kasse am Eingang passierten und die zahlreichen Urlauber sahen, die sich mit Faltplan und Fotoapparat bewaffnet auf die Spuren der Gründerväter der über 2000 Jahre alten Ortschaft machen wollten, fiel Zamorra abermals auf, wie idiotensicher der Plan war, den er und Nicole sich ausgedacht hatten: Sie würden sich als Touristen ausgeben, die sich ein wenig im Amphitheater umsahen, und dabei einen Blick auf die Theatergruppe werfen. Denn sie vermuteten, dass sich diese ohnehin gerade in den Proben für die heutige Abendvorstellung befand und daher anwesend war.
    Allem Anschein nach waren die Dämonenjäger nicht die Einzigen, die darauf bauten. Kaum waren sie im Inneren des großen Theaterrunds, fielen ihnen schon die beiden Polizisten auf, die sich inmitten der Menschen, Requisiten und Lichtbauten auf der Bühne bewegten.
    Zamorra sah, dass die Probe schon im vollen Gange war. Zahlreiche Schauspieler in Roben und Tüchern standen auf einem künstlich erzeugten Podest in der Mitte des Theaterrunds, welches an beiden Seiten von griechisch anmutenden Säulen aus Pappe begrenzt wurde, an die jemand künstlichen Efeu und andere Kletterpflanzen getackert hatte. Inmitten dieses eher bescheidenen Bühnenbilds wirkten die beiden Uniformierten wie ein Stilbruch reinster Güte.
    »… Sie gestern Nacht gegen zwei Uhr, Herr Paschulke?«, hörte er einen der Beamten fragen. Der Mann unterhielt sich gerade mit, wenn Zamorra seine Erinnerung an das Stück nicht trog, Marcus Antonius. Dem Freund Cäsars, der dessen Ermordung alles andere als wohlwollend aufnimmt. In einem später spielenden Stück verliert Antonius dann seinen rationalen Verstand an die Reize Cleopatras, doch dieser Schauspieler dort oben sah nicht gerade so aus, als würden ihm die Frauen lange nachsehen. Eher im Gegenteil. Paschulke wirkte unbeholfen, überfordert - und viel zu vergeistigt, um sich allein die Schuhe zubinden zu können. Geschweige denn, um einen Mord zu begehen.
    Minutenlang wanderten Nicole und der Professor durch die Anlage und sperrten Augen und Ohren auf. Dann, nachdem sie genug Eindrücke gesammelt hatten, stand ihr Entschluss fest: Diese Spur war keine.
    »Auch wenn die Polizisten das noch nicht ganz einsehen wollen«, sagte Nicole seufzend und nickte in Richtung der noch immer in ihr Verhör vertieften Beamten, »ist wahrscheinlich keiner von diesen Künstlertypen hier unser Mörder. Das sagt mir meine Menschenkenntnis.«
    Zamorra nickte bestätigend. »Sehe ich genauso. Dieser Paschulke und seine Truppe sind zu sehr ihrem Elfenbeinturm verpflichtet. Die kämen gar nicht auf die Idee, Gewalt auszuüben.«
    »Und was machen wir jetzt?«, fragte Nicole gequält. »Wir gehen doch nicht etwa zu Scheuerer?«
    »Na ja, uns bleibt immer noch der Tatort, bevor wir zu solchen Verzweiflungstaten schreiten.«
    ***
    Es war… hart unter ihm. Das war sein erster Gedanke. Hart und unbequem.
    Langsam öffnete Johann Bechtel die Augen. Und sah Gras.
    Er hatte Gras im Gesicht, Gras und kleine Steinchen, die sich hartnäckig gegen seine rechte Wange drückten. Sein Rücken schmerzte höllisch, und ein kalter Wind blies von unten in seine Hosenbeine, als wolle er ihn aufwecken. Vögel zwitscherten in der Ferne, und das Licht der Sonne blendete ihn. Ein dünner Speichelfaden floss aus seinem geöffneten Mund.
    Was zum Teufel… , dachte Johann zögernd und versuchte, die absurde Situation zu erfassen, in der er sich wiederfand. Das konnte doch nicht sein! Oder?
    Er lag bäuchlings auf dem Boden, irgendwo im Staub eines Feldweges, wenn er das richtig sah. Und, was noch schlimmer war: Er hatte keine Ahnung, wo! Seine steif gewordenen Gelenke knackten wütend, als Johann die Arme anwinkelte und sich aufstützte. Langsam und vorsichtig, um seine Bandscheiben nicht noch weiter zu verärgern, richtete er sich auf, bis er kniete und seinen Blick über die unmittelbare Umgebung schweifen lassen konnte.
    Sein Weinberg, das war es. Nur mühsam kehrte sein Bewusstsein zurück ins Hier und Jetzt und erlaubte dem Winzer, seinen Aufenthaltsort zu erkennen. Er befand sich auf seinem Weinberg. Unterhalb dieses schräg abfallenden Hügels, und jenseits der unzähligen Reihen dicht bewachsener, hoher Rebstöcke, konnte er die Mosel sehen, die majestätisch glitzernd gen Osten floss. Dahinter lag Trier.
    Was tat
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